Fußball: Real-Pleite gegen Gijon:"Und morgen ist Sonntag"

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Real Madrids Trainer José Mourinho nimmt seine erste Heimniederlage seit neun Jahren und 150 Pflichtspielen vorgeblich locker. Dabei kreist um das peinliche 0:1 gegen Sporting Gijon eine pikante Vorgeschichte.

Javier Cáceres

Man durfte sehr gespannt sein, was der Portugiese José Mourinho, Trainer von Real Madrid, am Samstagabend wohl sagen würde nach dem 0:1 gegen Sporting Gijón. Denn es war nicht irgendeine Niederlage, die Mourinho gegen die Asturier hinnehmen musste. Sondern nach 182 Heimspielen - 45 mit dem FC Porto, 75 mit dem FC Chelsea, 44 mit Inter Mailand und 18 mit Real - die erst zweite Pflichtspiel-Heimniederlage als Trainer überhaupt.

Handshake mit "The Special One": Schiedsrichter Jose Luis Gonzalez Gonzalez und Real-Trainer Mourinho nach dem 0:1 der "Königlichen" gegen Gijon. (Foto: dpa)

Und die erste Heimniederlage nach neun Jahren, einem Monat und zehn Tagen, beziehungsweise anders gerechnet: nach einer auf diesem Niveau beispiellosen Serie von 150 Spielen. Letztmals hatte ein Mourinho-Team am 23. Februar 2002 vor eigenem Publikum verloren: Porto gegen den SC Beira-Mar. 2:3 heißt es in den Annalen.

Und nun? Lehnte sich Mourinho, den Krawattenknoten gekonnt gelockert, auf dem Stuhl im Presseraum des Estadio Santiago Bernabéu zurück und sagte Sachen wie: "Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man." - "Der Gegner hatte nur eine Chance und Glück, wir hatten Pech." - "Der Fußball ist so, und morgen ist Sonntag."

In seinen Gesten war Mourinho nach Spielschluss überraschender gewesen: Er hatte klar erkennbar Größe zeigen wollen. Statt wie sonst bei Spielschluss oder gar ein paar Minuten zuvor in die Kabine zu flüchten, schritt er nach Abpfiff auf den Rasen und drückte jedem seiner Spieler die Hand. Erst als auch der letzte Weiße im Gang verschwunden war, lief auch er hinein, während Spieler und Betreuer von Gijon auf dem Rasen tanzten.

Was dann geschah, schilderte Manolo Preciado, der nun nach António Sousa der zweite Trainer ist, der Mourinho als Gästecoach besiegt hat, im Pressesaal, in von diversen Jubelduschen völlig nassen Kleidern: Mourinho sei in die Gästekabine gelaufen, habe allen Spielern von Sporting und ihm selbst zu diesem Sieg gratuliert. "Das ehrt ihn, und das Mindeste, was ich machen kann, ist, das hier zu erwähnen", sagte Preciado. Er blockte die Versuche der Journalisten ab, ihn dazu zu verleiten, den Triumph auszukosten - als seinen poetischen Sieg. Denn das 1:0 hatte eine turbulente Vorgeschichte, seit der Hinserie.

Damals hatten Mourinho und sein medialer Chor Preciado zerfleischen wollen. Hintergrund war die Visite von Gijón in Barcelona am vierten Spieltag, bei der Preciado auf Stammspieler verzichtet und dann doch bloß 0:1 verloren hatte (Real verlor später mit Gala-Elf an gleicher Stelle 0:5). Mourinho zieh Preciado der Wettbewerbsverzerrung, Preciado nannte ihn eine "Kanaille". Als Real später Gijón besuchte, flogen nach Schlusspfiff zwischen Preciado und Madrids Torwarttrainer Faría fast die Fäuste.

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Das alles, sagte nun also Preciado, sei nicht mehr wichtig: "Wichtig ist, dass wir nun 35 Punkte haben", Sporting damit die Abstiegssorgen fast los ist. Mourinho wiederum musste seine schon zuvor bloß theoretischen Titelträume begraben. Ob die Meisterschaft nun verloren sei? "Solange die Mathematik etwas anderes sagt, nein", sagte Mourinho, "aber wenn man es objektiv und pragmatisch betrachtet, ist es fast unmöglich, wenn der FC Barcelona die Distanz von fünf auf acht Punkte vergrößern sollte."

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Das geschah dann auch am Samstag kurz vor Mitternacht, als Barça in Villarreal durch einen Treffer von Gerard Piqué, bei dem die Hand im Spiel war, 1:0 siegte. Noch nie sind in Spaniens Liga-Geschichte bei acht verbleibenden Spielen acht Punkte aufgeholt worden. Zudem ist nun mathematisch klar, dass weder Valencia noch Villarreal noch Meister oder Zweiter werden können. Um den spanischen Supercup spielen damit im August Barcelona und Real Madrid.

Mit Ronaldo gegen Tottenham?

Seinen eigenen Beitrag zur Niederlage redete Mourinho bemerkenswert klein, obwohl er seltsame Wechsel vornahm. Einerseits klagte er, dass er wegen verletzungsbedingter Absenzen auf kreative Spieler verzichten musste; einen der wenigen eingebungsreichen Spieler, Esteban Granero, nahm Mourinho zehn Minuten vor dem 1:0 von de las Cuevas (78.) vom Platz.

Er habe in Gonzalo Higuaín einen zweiten Stürmer bringen wollen, erklärte Mourinho, mit der Brechstange hätte es auch fast noch geklappt: Es reihte sich Chance an Chance, besonderes Pech hatte der deutsche Nationalspieler Sami Khedira. "Wenn ich ein Unentschieden gewollt hätte, hätte ich das auch geholt", tönte Mourinho, "aber heute wäre das ein schlechtes Resultat gewesen."

In der Champions League am Dienstag könne es gegen Tottenham anders aussehen: "Wenn wir Unentschieden spielen, wäre das kein Drama, weil wir noch das Rückspiel haben." Ob er Cristiano Ronaldo gegen die Engländer einsetzt, sei offen, sagte Mourinho. Die Ärzte raten ab, "aber vielleicht nehmen Cristiano und ich das Risiko auf uns und setzen uns über die medizinische Abteilung hinweg." Das würde in die Tradition von Real passen: Seit 1998 ließen sie zwei Mal die Liga links liegen - und gewannen die Champions League.

© SZ vom 04.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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