Fußball: Nationalelf:Löws einziges Problem

Wie schafft es Bundestrainer Joachim Löw, den Überblick über all die Hochbegabten zu behalten? Das Fußballjahr 2010 war ein erfolgreiches - doch das Jahr 2011 könnte für Löws Gesamtwerk entscheidend werden.

Christof Kneer

Joachim Löw hat ein neues Lieblingswort. Im Moment ist ihm die "Verknüpfung" wichtig, inzwischen mindestens so sehr wie die "Spielauslösung" und das "aktive Freilaufen". Wenn man das richtig verstanden hat, bedeutet Verknüpfung, dass 18-jährige Fußballer nicht mehr vier Jahre warten müssen, bis sie in der Bundesliga eingesetzt werden. Diese Zeit hat Löw gerade als "die verlorenen Jahre" im Leben eines Talents bezeichnet; wer sich in dieser Zeit nicht entwickeln darf, entwickelt sich nimmermehr und endet irgendwann als altes Talent.

Deutschland Nationalmannschaft - Training

Die "Verknüpfung" stimmt: Joachim Löw muss dennoch den Überblick über all die Hochbegabten im deutschen Team behalten.

(Foto: dpa)

Die Verknüpfung ist im deutschen Fußball so gut wie nie zuvor. Die Liga hat den Wert junger Spieler erkannt, und für Löw ist es ein Erfolg, dass er Testspiele wie jenes gegen Schweden der Öffentlichkeit nicht mehr erklären muss. Vor ein paar Jahren hätte so eine Mannschaftsaufstellung eine muffige Debatte über den Wert des Nationaltrikots heraufbeschworen - und darüber, ob Berufungen für 18-Jährige überhaupt vom DFB-Regelwerk gedeckt sind.

Am Ende des Jahres 2010 hat Löw höchstens noch das Problem, den Überblick über all seine Naturbegabungen zu behalten. So gut stand der deutsche Fußball am Ende eines Jahres höchstens 1990 da, als Franz Beckenbauer den fatalen Satz prägte, man sei "auf Jahre hinaus unschlagbar". Ein historisches Detail, das Löw wachsam bleiben lässt - er kennt die Fallhöhe, welche die jüngsten Erfolge ihm und seiner Auswahl beschert haben.

Das Jahr 2011 könnte fürs Gesamtwerk von Löw ein entscheidendes werden: Er wird bestimmen müssen, wie er mit Michael Ballack umgeht, der auf seiner Position nicht nur Schweinsteiger und Khedira gegen sich hat, sondern auch Kroos und Träsch, den Rückkehrer Rolfes und die frühreifen Bender-Zwillinge. Er wird zudem einen hochgradigen Konkurrenzkampf moderieren müssen, dem Trochowskis und Tascis zum Opfer fallen könnten und der längst auch Westermänner, vielleicht sogar Podolskis bedroht.

Vor allem aber wird Löw das Jahr 2011 nutzen müssen, um Stilsicherheit, Mentalität und Wettbewerbshärte seiner Elf zu schärfen. Seit dem Confed-Cup in Deutschland müssen die Fanmeilen ja damit leben, dass der Spaß immer im entscheidenden Moment jäh endet - im Halbfinale (2005, 2006, 2010) oder Finale (2008).

Das Problem ist erkannt: Löw hat sich für 2011 Italien, Uruguay und Brasilien zum Testen ausgesucht - Gegner, die, wenn es gut geht, die Verknüpfung des deutschen Potentials mit einem Turniersieg gewährleisten sollen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: