Fußball:Mehr Glamour mit Zinédine Zidane

  • Real Madrid trennt sich von Trainer Rafael Benítez.
  • Der Spanier galt bei den Königlichen schon von Anfang an als Fehlbesetzung.
  • Der neue Trainer Zinédine Zidane wirkt bei seinem Amtsantritt etwas nervös.

Von Oliver Meiler

Zu normal, zu durchschnittlich, zu irgendwie. Real Madrid, der reichste und wahrscheinlich glamouröseste Fußballverein der Welt, trennt sich von seinem Trainer, von Rafael Benítez. Dem Spanier fehlte es ganz dramatisch am nötigen Glamour. Und offensichtlich auch an guten Ideen für das Spiel seines Starensembles.

Als Nachfolger präsentierte der Verein am Montagabend einen Mann, dem es weder an Glanz, noch an einem klangvollen Namen mangelt, der auch keiner längeren Vorstellung bedarf: Zinédine Zidane, eine Ikone des Klubs, mit dem er 2002 die Champions League sowie den Weltpokal holte, mittlerweile 43 Jahre alt, so fit wie eh und je, übernimmt ab sofort das Training.

Der Franzose war Real nach dem Karriereende treu geblieben. Er erwarb den Trainerschein, stand zunächst als Assistent an der Seite von Carlo Ancelotti, bevor er sich als Chefcoach beim drittklassigen Nachwuchsteam Real Madrid Castilla auf eine größere Verantwortung vorbereitete.

Zidane erinnert ein wenig an Guardiola

"Zizou", wie Zidane von den Fans liebevoll genannt wird, soll recht ungeduldig gewesen sein, seit einiger Zeit schon. "Ich bin nervöser als damals vor meiner Unterschrift als Spieler", sagte er mit leiser Stimme auf der offiziellen Pressekonferenz am Montagabend und fügte hinzu: "Ich danke dem Klub, dass er mir diese Chance gibt."

Allerdings fragt man sich in Madrid bereits, ob er auch das Zeug zum Sprung habe, ob er nicht besser ein bisschen kleiner begonnen hätte. Die Aufmerksamkeit der Medien dürfte ihm also gewiss sein. Zumindest sein modischer Auftritt mit blauem Sakko und weißem Hemd erinnerte an Pep Guardiola, den Coach des FC Bayern.

Ein "Danke!" kam nur von den Fans des FC Valencia

Für Benítez ist es ein besonders bitterer Abgang. Er hatte, paradoxerweise, mit einer Hommage begonnen. Als er am Sonntagabend nach mehr als elf Jahren mal wieder an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrte, ins Stadion Mestalla von Valencia, wo er 2002 und 2004 mit dem örtlichen FC spanischer Meister geworden war, empfing ihn ein langes, romantisches Spruchband: "Rafa", stand darauf, "du hast uns die schönsten Jahre unseres Lebens geschenkt. Danke." Des Lebens!

Dazu intonierten die valencianischen Fans einen Chor, den der Besungene auch an seinem Arbeitsplatz in Madrid gerne mal gehört hätte, wenigstens einmal: "Ra-fa Be-ní-tez, Ra-fa Be-ní-tez." Er winkte in die Ränge, kurz und verlegen, und bangte dann wieder um seine berufliche Zukunft.

Ein abenteuerliches Spiel gegen Valencia rettete Benítez nicht

Die Partie gegen den Tabellenzehnten war als Schicksalsspiel angekündigt worden, als möglicher Wendepunkt in einer Geschichte voller Missverständnisse. Oder als Schlusspunkt für Benítez. Ein Sieg sollte es werden, ein überzeugender.

Es entwickelte sich ein unterhaltsames, für spanische Verhältnisse erstaunlich fehlerhaftes und abenteuerliches Spiel, in dem sich Verteidiger elementare Verstöße gegen Grundregeln leisteten und in dem wild gegrätscht wurde. "Duelo macho", schrieb die Zeitung El País - eine virile Angelegenheit. Es gab auch schöne Tore, vor allem das erste war eine leichtfüßige Nummer, wie man sie aus der Welt der Galaktischen viel häufiger erwartet: Gareth Bale mit der Hacke zu Cristiano Ronaldo, der gleich weiter mit einem No-look-Pass zu Karim Benzema, der den Ball flach in die linke Torecke schob - 1:0. Eine Aktion wie aus dem Training, unverkrampft und unvermittelt. Real kämpfte herzhaft, spielte phasenweise sogar geordnet. Eine runde Leistung war es aber wieder nicht.

Benítez galt von Anfang an nur als zweite Wahl

Am Ende stand es 2:2. Zu wenig für eine Wende. Zu wenig für das Selbstverständnis des großen Vereins. Zu wenig auch, um zum FC Barcelona und zu Atlético Madrid aufzuschließen, den beiden Führenden der Liga. Als Dritter fühlt sich Real nun vom Vierten bedrängt, vom stürmischen Villarreal, das nur noch einen Punkt zurückliegt und fortan davon träumen wird, die Madrilenen zu überholen. Den Atem der Provinz im Nacken - für die Königlichen aus der Hauptstadt eine Schmach.

Das Missverständnis mit Rafael Benítez begann schon vor dessen Präsentation. In Madrid war man gemeinhin der Meinung, dass nur ein Coach aus dem kleinen Kreis der wirklich Besten den Ansprüchen Reals genügen würde, ein ganz großer Name. Benítez galt als zweite Wahl, höchstens. Obwohl er ja viele Jahre im Verein verbracht hatte, vor allem als Übungsleiter in der Jugendabteilung. Und obwohl er den Valencianern ja die besten Jahre ihres Lebens beschert und danach in England und Italien ansprechend gecoacht hatte.

Die Presse zeriss Benítez täglich

Aber Real Madrid, nach Carlo Ancelotti? Der Italiener, der in der nächsten Saison den FC Bayern leiten wird, musste gehen, obwohl ihn die Spieler und ein stattlicher Teil der Fans gerne behalten hätten. Vereinspräsident Florentino Pérez wagte mit Benítez den Affront gegen alle - und gilt nun als der eigentliche Verlierer. Benítez dankte es ihm im letzten Sommer mit einem tränenreichen Antritt. Als wäre es auch ihm selber so vorgekommen, als habe er die Promotion nicht verdient. Die Demut ehrte ihn. Sie passte aber nicht zu Reals stolzem Gestus.

Benítez trug den Ruf, eine Fehlbesetzung zu sein, schier schicksalhaft mit sich herum. Die Sportpresse fütterte den Ruf täglich mit neuen Verrissen. Die Starspieler, so hörte man, belächelten seine technischen Ratschläge, weil er selber nie erstklassigen Fußball gespielt hatte. Bei Ancelotti war das anders gewesen: Der war nicht nur selber ein Star gewesen - er verstand sich auch immer als kollegialer, fast väterlicher Coach, der seine Spieler nicht belehrte.

Mit José Mourinho war es ebenfalls anders: In guten Zeiten konnte der Portugiese die Mannschaft zur Gemeinschaft schweißen, zum bissigen Kollektiv. In weniger guten Zeiten war Mourinho mit seinen Sprüchen wenigstens ein Spektakel jenseits des Spielerischen. Bei Benítez hatte es immer den Anschein, als passiere alles ohne ihn, als erreiche er niemanden.

Siege gelangen den Königlichen nur wegen ihrer individuellen Klasse

Viele Hauptakteure spielten in der laufenden Saison bisher weit unter ihrem Niveau. Toni Kroos etwa, der im ersten Jahr bei Real als Stabilisator gefeiert wurde, wirkt nun oft konzeptlos, verunsichert. Er spielt meist nur kurze Pässe, nicht selten auf Luka Modric, seinen Kollegen im Mittelfeld, auf dass dem hoffentlich etwas einfalle. Der Regie fehlte ein Drehbuch.

Seine Siege unter Benítez verdankte Real fast immer der individuellen Klasse seiner Protagonisten im Sturm, der BBC. Wenn sie denn mal aufblitzte. Doch auch Cristiano schwächelte, das C neben Bale und Benzema. Auch er wurde in den letzten Wochen immer wieder ausgepfiffen von den eigenen Fans, allen Toren zum Trotz. Die meisten schoss er ja gegen schwache Gegner, meist im Multipack. Den Torstatistiken sieht man das nicht an, doch die Madridistas täuscht man nicht so leicht. Real war mit Benítez immer recht klein gegen die Großen, selbst gegen die Halbgroßen. Groß war man nur gegen die Kleinen. Das reicht nicht bei Real Madrid.

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