Fußball in Italien:Nur Juve ist stärker als das Gesetz

Wegen seiner Beteiligung im Wettskandal wurde Juventus-Coach Antonio Conte mit einer Sperre belegt. Doch nutzt der Klub die Chance, zu beweisen, dass er aus der unrühmlichen Vergangenheit gelernt hat? Nein, Juventus stärkt Conte den Rücken. Und zeigt damit, wie in Turin über sportliche Fairness gedacht wird.

Birgit Schönau, Rom

Nur gleiche Regeln für alle erlauben sportlichen Wettbewerb. Ein Sport ohne Regeln ist nicht vorstellbar. Wer gegen die Regeln verstößt, wird deshalb bestraft. Er darf nicht mehr mitspielen, er wird disqualifiziert.

Juventus head coach Antonio Conte

Erhält trotz Verurteilung Rückendeckung von seinem Verein: Juventus-Trainer Antonio Conte.

(Foto: dpa)

In Italien widerfährt dies gerade Antonio Conte, dem Meistertrainer von Juventus Turin. In einem Wettskandal, dessen Umfang und Konsequenzen wegen der notorischen Langsamkeit der italienischen Justiz und Sportgerichtsbarkeit über ein Jahr nach den ersten Anzeichen nicht abzusehen sind, wurde Conte nun auch in zweiter Instanz zu einer zehnmonatigen Sperre verurteilt.

Wer als Trainer von Schiebereien erfährt und das für sich behält, wie es Conte in seiner Zeit beim AC Siena vorgeworfen wird, riskiert eine Strafe. Conte wusste das natürlich. Auch sein neuer Klub Juventus Turin kennt die Regeln des Fußballbetriebs. Was es heißt, dagegen zu verstoßen, hat Juve am eigenen Leib erfahren. Wegen Spielmanipulationen durch das damalige Klubmanagement wurde der Rekordmeister 2006 erstmals in die zweite Liga relegiert, zwei Meistertitel wurden aberkannt. Nach Jahren in der Bedeutungslosigkeit gewann Juve nun wieder eine Meisterschaft - mit Conte. Da scheint es fatal, dass ausgerechnet dieser Hoffnungsträger in der kommenden Saison nicht auf der Bank sitzen soll.

Und doch bot sich Juventus in dem Fall Conte eine einzigartige Chance: Die Möglichkeit, zu beweisen, dass der Klub aus der unrühmlichen jüngsten Vergangenheit gelernt hat. Die Botschaft wäre klar gewesen: Auch wenn es hart für uns ist, akzeptieren wir den Spruch der Sportrichter. Denn die Regeln gelten für alle, auch für uns. Wenn unser Trainer unschuldig ist, hat er alle Zeit, das zu beweisen. Bis dahin ist Conte suspendiert.

Aber Juventus tat nichts dergleichen. Statt einem Bekenntnis zu den geltenden Regeln gab es nur pathetische Treueschwüre für Conte. Präsident Andrea Agnelli ging sogar noch weiter. Er will auch den Richterspruch von 2006 rückgängig machen und fordert die aberkannten Meistertitel zurück. Bei der Feier zum Titel 2012 standen beide Jahrgänge schon wieder auf den Juve-Trikots.

Diese Botschaft ist klar: Juventus Turin wähnt sich immer noch stärker als das Gesetz. Wenn der Klub und seine Mitarbeiter unter Verdacht geraten, wird Zeter und Mordio geschrien und anschließend öffentlich die Arbeit der Sportrichter herabgewürdigt. In dieser Hinsicht ergänzen sich Klub und Trainer. Er habe wohl Vertrauen in die Richter, hat Antonio Conte gesagt, nicht aber in das System: "Die geltenden Regeln verteidigen nicht unsere Interessen." Ob er die Interessen des Fußballs meinte oder die eigenen, diese Frage ließ Trainer Conte offen. Sie ist sowieso überflüssig.

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