Fußball in Italien:Kampf um Rom

Zwischen amerikanischen und arabischen Investoren: Der italienische Spitzenklub AS Rom will verkauft werden, die Eigner verhandeln kühl.

Birgit Schönau

Es hat schon bessere Tage gegeben für den AS Rom. Das Abenteuer Champions League ist beendet und die Meisterschaft scheint so gut wie perdu zu sein - trotz eines 4:1 gegen den AC Turin liegt die Roma immer noch sechs Punkte hinter Tabellenführer und Titelverteidiger Inter Mailand. Kapitän Francesco Totti, von dem die Mannschaft auch in dieser Saison so abhängig erscheint wie eh und je, hat sich eine schwere Knieverletzung zugezogen und muss mindestens bis September pausieren. Und doch erscheint die Roma ohne Titel und ohne Kapitän so begehrenswert wie noch nie.

Fußball in Italien: Weht über der Roma bald die amerikanische Flagge?

Weht über der Roma bald die amerikanische Flagge?

(Foto: Foto: AP)

Um den Hauptstadtklub ist eine Übernahmeschlacht entbrannt, wie es sie im italienischen Fußball noch nicht gegeben hat. Bisher hat sich noch kein ausländischer Investor an einem Serie-A-Klub beteiligt. Jetzt aber stehen gleich drei Kaufinteressenten aus dem Ausland bei der Roma-Managerin Rosella Sensi auf der Matte, während die Tifosi schon von einem neuen, schwerreichen Klubpatron träumen, der ihnen auf dem Transfermarkt jeden Wunsch erfüllt.

Kleine Kostprobe aus der Leserbriefseite der Tageszeitung Il Romanista: "Rosella, räume das Feld! Wir brauchen jemanden, der uns Klassespieler kaufen kann!" - "Ich bin es Leid, belogen zu werden. Ich bin es Leid, eine Familie zu ertragen, die unserer Roma eine große Zukunft verbaut." - "Liebe Rosella, wir bitten dich: Verkaufe endlich. Diese Stadt verdient einen Klub der Weltklasse." Zu sehen war das im Heimspiel gegen Turin. Auf den Tribünen wurden die ersten Stars-&-Stripes-Fahnen geschwenkt.

Rosella Sensi, die Tochter des greisen Klubpatrons Franco Sensi, schweigt eisern. Nach Monaten der Spekulation erließ sie nur ein dürres Kommuniqué, in dem erstmals die Existenz eines "am Kauf interessierten Subjekts" eingeräumt wurde. Bei dem Subjekt handelt es sich um den in den USA tätigen Börsenguru George Soros, 78, den bekanntesten und erfolgreichsten Spekulanten der Welt. Soros ist außerdem als Philantrop berühmt, das hat ihm in Rom einen riesigen Vertrauensvorschuss verschafft, weil die Römer denken: Wenn einer derart versessen darauf ist, wohltätig zu sein - wie viele tolle Spieler wird er uns wohl kaufen? Damit es uns endlich, endlich besser geht und wir uns nicht länger von diesen Provinzkickern aus Manchester vorführen lassen müssen?

Soros hatte Ende letzter Woche zwei Unterhändler nach Rom geschickt, die ähnlich unverrichteter Dinge abzogen wie vor vier Jahren die Kuriere der Ölbarone von Nafta Moskwa. Dabei hatte zunächst alles so ausgesehen, als sei der Handel in trockenen Tüchern. Soros bot die nicht unwesentliche Summe von 250 Millionen Euro, offerierte außerdem der tüchtigen Rosella Sensi einen Vorstandsposten - eine kluge Entscheidung, denn die diplomatische und taktisch agierende Römerin kennt die Geschäftspraktiken in der Serie A aus jahrelanger Erfahrung.

Viele Gerüchte um die Araber

Auch ein Konzept für ein neues Stadion legten die Soros-Gesandten vor, sogar über den Namen soll schon gesprochen worden sein. Doch nach zwei Tagen winkte Rosella Sensi ab. Sie habe eine höhere Offerte erhalten. "Von Arabern." Mehr verriet sie offenbar nicht. Der Preis sickerte trotzdem durch: 350 Millionen Euro. So viel, dass die Familie Sensi, Petrolunternehmer und Immobilienbesitzer, mit einem Schlag ihre Schulden loswären. Die Soros-Unterhändler fühlten sich vor den Kopf gestoßen und packten umgehend die Koffer.

Prompt gingen in der Stadt die wildesten Gerüchte um. Rosella habe alles nur erfunden, um den Preis hochzutreiben, meinten die einen. Schwer vorstellbar allerdings - die Roma ist eine Aktiengesellschaft und die Sensis müssen über jeden Schritt der Börsenaufsichtsbehörde Consob Rechenschaft ablegen. Die Verkaufsgerüchte haben den Aktienkurs übrigens ordentlich hochgetrieben.

Kampf um Rom

Andere verstiegen sich zu dem Verdacht, die angeblichen "Araber" seien Partner des künftigen Ministerpräsidenten und Milan-Patrons Silvio Berlusconi. Dessen Vikar beim AC Mailand, Adriano Galliani, soll Rosella Sensi dringend vom Verkauf an Soros abgeraten und ihr für den Verzicht sogar die derzeitige Nummer eins der Torschützenliste, Marco Borriello vom FC Genua, angeboten haben. Borriello gehört zur Hälfte Milan. Galliani, so die Verschwörungstheoretiker weiter, sei kein Preis zu hoch, um die Roma als echte Konkurrenz auf dem Transfermarkt zu verhindern.

Inzwischen ließen die von Rosella Sensi zitierten "Araber" jedoch von sich hören. Es handelt sich um die Herrscherfamilie von Dubai. "Meine Familie möchte den AS Rom kaufen", erklärte Scheich Saeed Al Maktoum dem Corriere dello Sport am Rande eines internationalen Schießturniers in Peking. Der Scheich versicherte auch, ihn persönlich interessiere das Tontaubenschießen mehr als der Fußball. "Der Fußballverrückte bei uns ist mein Neffe Mohamed." Das reicht, um die Scheichs von Dubai zu Sponsoren von Arsenal London zu machen.

Symbol der Ewigen Stadt

Die Römer trauen dem Braten trotzdem nicht. Im Romanista heißt es klipp und klar: "Diese Geschichte mit den Arabern ist totaler Quatsch! Die Araber würden nie einen Klub kaufen, der das Zentrum der Christenheit repräsentiert!" Andererseits steht in Rom die größte Moschee Europas. Und im Wappen der Roma prangt durchaus kein christliches Symbol, sondern die etruskische Wölfin.

Genau das macht den AS Rom so attraktiv. Mehr noch als der ältere Lokalrivale Lazio symbolisiert der Klub die Ewige Stadt, eine der schönsten und aufregendsten Metropolen der Welt. Die Roma heißt wie ihre Stadt und trägt die Farben Roms - Rot und Gelb. Ein Produkt, das besser zur weltweiten Vermarktung taugt, kann man sich kaum ausdenken. Im Fußballverband ist man skeptisch. "Wir haben nichts gegen ausländische Investoren", sagte Präsident Giancarlo Abete. "Aber sie müssen unsere Geschichte respektieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein ausländischer Käufer die Familienstruktur unserer Klubs ändern möchte."

Wie der Kampf um Rom ausgehen wird, ist noch ungewiss, entscheiden will sich die Familie Sensi aber noch in dieser Woche. George Soros hat sein Angebot mittlerweile auf 270 Millionen Euro aufgestockt, ein weiteres Treffen ist terminiert. Günstig für die Roma dürfte dabei der Umstand sein, dass es noch einen dritten Interessenten gibt, einen Familienbetrieb - allerdings einen mit internationalen Aktivitäten. Wie viel der Textilunternehmer John J. Fisher aus Kalifornien bietet, weiß man nicht genau. Doch es scheint ausgemacht zu sein, dass der AS Rom den Besitzer wechselt, bevor Kapitän Totti wieder einen Fuß ins Olympiastadion setzt.

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