Fußball in Italien:Feuern als Hobby

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"Man mochte ja gar nicht mehr hinschauen": Maurizio Zamparini hatte auch vom Stil seines neuesten Trainers schnell genug - genauer: nach nur 32 Tagen.

(Foto: imago/Gribaudi)

Maurizio Zamparini, Präsident des Erstligisten US Palermo, hat in Walter Novellino den achten Coach in einer Saison entlassen - und steigt wohl trotzdem ab.

Von Birgit Schönau

Sage niemand, im italienischen Fußball gebe es keine Rekorde mehr. Acht Trainer in einer Saison zu feuern, das macht Maurizio Zamparini so schnell keiner nach. Und darunter zwei nach einem Sieg! Aber Zamparini, Präsident des Noch-Erstligisten Unione Sportiva Palermo und mit einer Gesamtleistung von 58 Trainerentlassungen (davon 33 auf Sizilien), ist ohnehin ein Mann, für den weder Konventionen gelten noch Logik. "Wenn wir absteigen, ist das kein Weltuntergang", verkündete Zamparini, nachdem sich seine Elf Lazio Rom ergeben hatte. 0:3 verlor Palermo, zwei Tore schoss Miroslav Klose. Und wieder musste ein Trainer gehen.

Die zweite Liga - die Sizilianer stehen in der Serie A auf Platz 18 von 20 - wird immer wahrscheinlicher. "Uns fehlt die Kämpfermentalität, um uns dagegen aufzulehnen", hat der Präsident erkannt, "schließlich sind wir auch schon mit Paulo Dybala in der Mannschaft abgestiegen." Den Argentinier hatte Zamparini zu Saisonbeginn für 32 Millionen Euro an Juventus Turin verscherbelt. Jetzt will er den ganzen Klub verkaufen, angeblich an eine anglo-japanische Investorengruppe.

Vorher aber noch schnell einen Trainer entlassen, diesmal traf es Walter Novellino. "Zu altmodisch", befand Zamparini, "man mochte ja gar nicht mehr hinschauen." Also weg mit Novellino, nach 32 Tagen. Vorgänger Giuseppe Iachini hatte es auf nur 23 Tage gebracht und dann selber gekündigt. Andererseits hat Iachini, mit dem Palermo 2014 aufgestiegen war, die größte Ausdauer auf einer Trainerbank bei Zamparini bewiesen. Gut zwei Jahre schaffte er, bis er nach sieben Spieltagen in dieser Saison erstmals gehen musste. Auch Novellinos Nachfolger Davide Ballardini ist ein Rückkehrer. Im Herbst hatte er Iachinis Posten eingenommen, sieben Wochen später war er schon wieder weg.

Es ist verwirrend. Nicht nur, weil Ballardini nicht weiß, ob er in Frieden absteigen darf oder doch erstklassig bleiben soll. Wirklich rätselhaft ist doch, wieso überhaupt noch jemand am Hofe eines Fußball-Feudalherren anheuert, den die italienische Presse mit dem Adjektiv "vulkanisch" beschönigt. Am Geld kann es nicht liegen, der 74 Jahre alte Patron ist für seinen Geiz berüchtigt. Früher einmal gehörte Zamparini der Fußballklub in Venedig. Nachdem er sich dort einen soliden Ruf als Trainerfresser erarbeitet hatte, kaufte er den Traditionsklub auf Sizilien. Und machte dort fröhlich weiter. Im Dickicht des Trainer-Unterholzes finden sich immer neue Gewächse, die verzweifelt nach oben streben, zum Licht empor. Zamparini garantiert wenigstens kurzzeitiges Rampenlicht in der Opferrolle. Denn eines ist klar: Wer bei ihm als Trainer fliegt, hat vor nichts Angst und an nichts Schuld.

Zamparini, der mit Supermärkten reich wurde - und steinreich, als er seine Kette an die Franzosen verkaufte -, wütet nicht nur gegen Angestellte. 2011 leitete der Verband Ermittlungen gegen ihn ein, weil er sich zu antisemitischen Äußerungen verstiegen hatte. Das Verfahren verlief im Sande. "Was geht es den Fußballverband an, wenn ich über Lobbys rede?" hatte sich der Presidente gewundert.

Er redet eben gerne über Interessenverbände, da kennt er sich aus. "Die Mafia? Manchmal denke ich, die wurde erfunden, um all unseren Antimafiakämpfern das Gehalt zu sichern." Das sagte er vor Studenten der Universität Palermo. Für Zamparini ist die Welt eine Bühne und Italien absurdes Theater. Wenn er wirklich aus dem Fußball aussteigt, dann erwartet den vulkanischen Chefzyniker schon die Politik.

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