Fußball in der Youth League:Die Red-Bull-Kaderschmiede floriert

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Trainer Thomas Letsch vom FC Liefering arbeitet mit reihenweise Talenten, die bald in die Bundesliga strömen könnten.

(Foto: imago/GEPA pictures)
  • Die Konzern-Strategie von Red Bull im Fußball geht auf: Mit Spielern seines Farmteams aus Liefering gewinnt RB Salzburg die "Uefa Youth League".
  • Die Erfolge im Jugend-Pendant der Champions League dürften auch helfen, dass RB Leipzig demnächst neue Talente bekommt.

Von Johannes Kirchmeier

Irgendwann musste es dann doch so kommen: Nach 62 Jahren europäischer Fußball-Klubwettbewerbe reckte am Montagabend erstmals eine österreichische Mannschaft einen Pokal in die Höhe: Die U19 des FC Red Bull Salzburg hat die Uefa Youth League gewonnen, durch ein 2:1 (0:1) im Finale gegen Benfica Lissabon: "Wir freuen uns für uns, wir freuen uns für Österreich. Das zeigt, dass hier gut gearbeitet wird", sagte der deutsche Trainer der RB-Talente, Marco Rose, ehemals Fußballer in Mainz. Österreichs Warten auf einen Titel hat also ein Ende. Dank Liefering.

Nein, Liefering klingt zwar wie ein Lieferservice (und ist es für RB in gewisser Weise auch) - Liefering ist aber ein Stadtteil von Salzburg, der Grenze zu Deutschland sehr nahe. Und in diesem Stadtteil steht die 100 000 Quadratmeter große Anlage, in der junge Red-Bull-Fußballer ausgebildet werden. Der Youth-League-Titel ist ein Triumph der Vereinsakademie.

Dort wird den Salzburger Jungbullen jenes Spielsystem eingeimpft, das alle Mannschaften praktizieren, die den Fußballstandorten von RB angehören. So jung und frisch, wie sich das Energydrink- Unternehmen darstellen will, sollen auch seine Fußballer kicken. Ralf Rangnick, inzwischen nur noch Sportdirektor in Leipzig, hatte seinen Spielstil ab 2012 auch in Salzburg gelehrt: den Gegner, der gerne mehr Ballbesitz haben darf, im permanenten Pressing hetzen, ihm den Ball abjagen und dann kontrolliert, aber so zügig wie möglich vors gegnerische Tor passen.

Rangnick verpflichtete für die Umsetzung dieser Fußball-DNA mehrere Deutsche: Ernst Tanner, der sich als Jugendleiter bei 1860 München einen Namen machte und später auch Manager in Hoffenheim war, ist Chef der Salzburger Nachwuchsakademie. Marco Rose trainiert die U18, ihm assistiert René Maric, der zuvor als freier Journalist die Youth-League-Spiele des Vereins analysierte. Seine Analysen fielen dem Verein offenbar auf.

Den Spielstil kopieren mittlerweile einige Klubs. Doch nirgendwo lernt man so wie beim Original. So lockt die Salzburger Akademie auch süddeutsche Talente an, in der Startelf standen gegen Lissabon auch zwei gebürtige Bayern, Mergim Berisha und Nico Gorzel. Zum Großteil bestand das Team jedoch aus Österreichern - wie dem zweimaligen Torvorlagengeber Hannes Wolf. Die Nachwuchsarbeit in Salzburg könnte langfristig auch die Nationalmannschaft in Österreich stärken.

Auf dem Weg ins Finale schaltete Salzburg mit seiner rasanten Spielweise die U19-Teams europäischer Spitzenvereine aus: Manchester City, Paris Saint-Germain, Atlético Madrid - und den FC Barcelona, an dem zuvor die beste deutsche Mannschaft, Borussia Dortmund, im Achtelfinale gescheitert war (1:4). Auch Benfica war mit der Salzburger Wucht überfordert. Das 2:1 fiel nach einem Spielzug, wie ihn Ralf Rangnick nicht besser auf eine Tafel zeichnen könnte: Nur wenige Sekunden dauerte der Angriff, bis Alexander Schmidt einen Steilpass zu Wolf in den Strafraum schickte, der wieder zurück zum mitgelaufenen Schmidt passte - Tor.

Aber nicht nur wegen der Akademie profitiert RB von Liefering. Es gibt auch noch den FC Liefering, der früher als USK Anif am Spielbetrieb teilnahm, und seit 2012 Teil der RB-Fußballfamilie ist. Liefering darf als Farmteam von Salzburg in der zweiten österreichischen Liga antreten und ist dort aktuell Tabellenzweiter. Für Liefering - gecoacht von einem weiteren Deutschen, Thomas Letsch - haben die meisten der Finalteilnehmer vom Montag schon gespielt, zumal die österreichische Liga einen ständigen Spieleraustausch zwischen Salzburg und Liefering erlaubt. Viele der Montagssieger sind also eigentlich keine Jugendspieler mehr, die Startelf gegen Benfica hatte insgesamt 162 Zweitliga-Einsätze hinter sich. Das spiele eine entscheidende Rolle für den Europa-Titel, sagte kürzlich Thomas Letsch, denn: "Erwachsenen-Fußball ist etwas völlig anderes."

Alles bleibt in der Familie

Mehrere RB-Talente sind bereits den Dreistufenweg gegangen: über Liefering nach Salzburg und nach Leipzig. Auch unter Letsch wird jener kräftezehrende Spielstil gepflegt, für den vor allem junges und fittes Personal nötig ist. Mit einem inzwischen großen Talentreservoir folgt RB gerne der Devise: "Alles bleibt in der Familie." Wenn Rose davon spricht, dass seine Spieler "noch lange nicht am Ende ihrer Entwicklung" seien, dann meint er auch: noch lange nicht am Ende der Red-Bull-Verwertungskette. In Leipzig.

Barca, Chelsea, Salzburg: Die bisherigen Endspiele der Uefa Youth League

2013/14 FC Barcelona - Benfica Lissabon 3:0 (2:0)

2014/15 FC Chelsea - Schachtjor Donezk 3:2 (1:1)

2015/16 FC Chelsea - Paris Saint-Germain 2.1 (1:0)

2016/17 FC Salzburg - Benfica Lissabon 2:1 (0:1)

Die Uefa prüft diese Verflechtung und den Einfluss von Red Bull ja gerade im Hinblick auf eine parallele Europapokal-Teilnahme von Leipzig und Salzburg, die viele Sportrechtler bedenklich fänden - in Salzburg hat sich der Getränkekonzern offiziell auf die Rolle des Hauptsponsors reduziert. Für viele Talente funktioniert das Modell jedenfalls. Der im Finale verletzte Salzburger Kapitän Xaver Schlager, 19, der das Team als Spielmacher durch den Wettbewerb geführt hatte, könnte einer der nächsten sein, der in Leipzig ankommt, wie auch der gleich alte Konrad Laimer.

Marco Rose dagegen wird in der neuen Saison wieder mit neuen Jungkickern arbeiten. Ob er das in der Youth League tun kann, ist unsicher. Denn nur die Jugendmeister der stärksten Ligen (RB ist derzeit nur Zweiter) und die Jugendabteilungen der 32 Champions-League-Gruppenphaseteilnehmer haben einen Startplatz sicher, der Titelverteidiger in der Youth League hingegen nicht. So durfte der FC Chelsea, Sieger 2015 und 2016, diese Saison nicht teilnehmen.

Die Jugend muss also möglicherweise darauf hoffen, dass die Salzburger Profis im zehnten Anlauf endlich zum ersten Mal die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League überstehen - die Salzburger Geschichte dort ist ja bisher eine Geschichte des ewigen Scheiterns. Kurios daher, dass nun ausgerechnet Salzburg die Champions League der Jungkicker gewonnen hat.

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