Champions League:Holländische Exportkrise

Ronaldo celebrates with the trophy after winning the Dutch Cup final between Sparta Rotterdam and PS; ronaldo eindhoven

Der junge Ronaldo stürmte für die PSV, bevor er in Barcelona, Mailand und Madrid wirbelte und mit Brasilien Weltmeister wurde.

(Foto: imago/VI Images)

Bayern-Gegner PSV Eindhoven gilt als beste Mannschaft der Niederlande - aber was bedeutet das heute eigentlich noch?

Von Christopher Gerards

Manchmal reicht nur eine Zahl, um ein Problem zu erfassen, bei der PSV Eindhoven wissen sie das spätestens seit Samstag. 27 Mal schoss Eindhoven aufs Tor der Mannschaft von Heracles Almelo, am neunten Spieltag der Eredivisie. Luuk de Jong versuchte sich zum Beispiel mehrfach, auch Gastón Pereiro setzte ein paar Schüsse an. Der Ball flog mal mehr und mal weniger hoch, er flog mal nach links und mal nach rechts, aber am Ende ging nur ein Schuss rein, einer von 27. Almelo feierte seinerseits ebenfalls einen Treffer. Der Vollständigkeit halber: Aufs Tor schoss Almelo genau drei Mal.

Wenn die PSV Eindhoven an diesem Mittwoch beim FC Bayern antritt, dann kommt ein Team nach München, das sich zuletzt ein bisschen schwer tat mit dem Toreschießen und das deshalb nur noch Vierter ist in der Liga. Hinter Rotterdam, hinter Amsterdam, hinter Heerenveen. Andererseits gibt es Menschen, die nicht aus Eindhoven kommen, aber die PSV dennoch als "eigentlich beste Mannschaft der Niederlande" bezeichnen; einer dieser Menschen ist Peter Hyballa, 40.

Er ist der Trainer des NEC Nijmegen, und wenn es jemanden gibt, der Einhovens Stärken kennt, dann er. Hyballas Mannschaft verlor im September präzise 0:4 gegen die PSV, er kann deshalb auf empirischer Grundlage über Eindhovens Pressing schwärmen, über den Mittelfeldspieler Andres Guardado oder über den Angreifer de Jong.

Die Eredivisie als Ausbildungsliga

Andererseits: beste Mannschaft der Niederlande? Gute Frage, was das heute noch bedeutet.

Die jüngere Geschichte der PSV erzählt einiges über den niederländischen Fußball insgesamt. Es gab Zeiten, da galt die Eredivise als die europäische Ausbildungsliga. Sie war ein Betrieb, dessen eigentlicher Zweck es zu sein schien, Europas beste Talente zu entwickeln und dann über den Kontinent zu verteilen. Gemeinsam mit Ajax Amsterdam wandte Eindhoven das Geschäftsmodell am effektivsten an, sie bestückten den Markt mit Fußballern wie Ruud van Nistelrooy, Arjen Robben, Zlatan Ibrahimovic, dem brasilianischen Ronaldo oder Luis Suárez. Einen hübschen Exportüberschuss erzielten die niederländischen Klubs, und im Grunde ist es heute genauso. Aber es ist auch vollkommen anders.

Die Eredivisie geht noch immer als sogenannte Ausbildungsliga durch, vergangene Saison erst hat Eindhoven den Angreifer Memphis Depay an Manchester United verkauft, für 34 Millionen Euro. Aber wenn nicht alles täuscht, gilt das Gütesiegel "Made in Holland" nicht mehr als ultimativer Nachweis für Qualität. Depay hat zuletzt vor allem damit Schlagzeilen gemacht, dass er Manchester bald wieder verlassen könnte.

Portugal und Frankreich haben Holland überholt

Die Handelsroute in die Bundesliga ist auch schon frequentierter gewesen, in diesem Sommer überschritten sie lediglich drei Spieler, zum Beispiel Jeffrey Bruma (VfL Wolfsburg). Englische Vertreter decken ihren Bedarf zwar weiterhin über die Eredivisie, und Manchester City verteilt gern mal eine Handvoll Leih-Spieler übers Land. Aber wer das große Geschäft sucht, der fahndet jetzt lieber nach Talenten in Portugal oder Frankreich. Der verpflichtet lieber Menschen namens Dembélé oder Sanches aus Städten namens Rennes oder Lissabon.

Die niederländische Liga lässt sich so betrachtet nicht entkoppelt denken von der niederländischen Nationalelf, beide haben schon bessere Zeiten gesehen. Mit einem sogenannten Innovationsprogramm will der Verband nun zum Beispiel die Jugendausbildung verbessern.

"Ich bin der Letzte, der sagt: Alles ist schlecht"

Hyballa sagt: "Der niederländische Fußball ist gerade in einer Phase, wo man sich fragt: Wo geht der Zug jetzt hin? In die Mittelmäßigkeit, oder kommen wir doch wieder in Richtung der deutschen Klubs, der deutschen Nationalmannschaft?" Aber er fügt auch diesen Satz an: "Ich bin der Letzte, der sagt: Alles ist schlecht."

Es war schließlich Eindhoven, das vergangenes Jahr das Achtelfinale der Champions League erreichte. In den fünf Jahren zuvor war Ajax Amsterdam jedes Mal in der Vorrunde ausgeschieden. Die PSV unterlag letzte Saison erst nach Elfmeterschießen gegen Atlético Madrid. Und das war ein Gegner, gegen den man mal scheitern kann. Dem FC Bayern muss das keiner erzählen.

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