Fußball im Fernsehen:Sportschau steht zur Diskussion

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Die ARD könnte bei der Vergabe der TV-Rechte der große Verlierer sein. (Foto: A3390 Kay Nietfeld/dpa)
  • Der Chef der deutschen Fußball Liga will die Fernsehrechte an der Bundesliga für bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr verkaufen.
  • Sowohl Sky als auch Amazon sollen an den TV-Rechten interessiert sein.
  • Es könnte dabei einen großen Verlierer geben: den Zuschauer

Von Caspar Busse

Lange funktionierte Fernsehen wie das sprichwörtlich gewordene Lagerfeuer: Die Familie versammelte sich am Abend vor dem Gerät, um sich gemeinsam am TV-Programm zu wärmen. Doch spätestens seit dem Erfolg von Youtube, Netflix und den vielen anderen Online-Streamingdiensten sind diese Zeiten vorbei. Heute kann man fernsehen, unabhängig vom Wann, Was und Wo. Große TV- Ereignisse mit hohen Einschaltquoten sind fast verschwunden, mit wenigen Ausnahmen: Eventshows wie das Dschungelcamp vielleicht, der Tatort - und Fußball.

Die Ware Bundesliga gehört also zu den begehrtesten im deutschen Fernsehen - und zu den teuersten. Bis zu 1,5 Milliarden Euro will Christian Seifert, 46, pro Jahr erlösen, inklusive internationaler Rechte, derzeit sind es gut 800 Millionen Euro. Ein ehrgeiziges Ziel, das sich der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) gesetzt hat.

Die heiße Phase hat gerade begonnen. In den kommenden Wochen soll die Ausschreibung der Fernsehrechte von der Saison 2017/18 an offiziell beginnen. Spätestens vor dem Start der Fußball-Europameisterschaft Anfang Juni soll alles unter Dach und Fach sein. Der Zeitplan ist eng.

Ein Drittel der Klub-Einnahmen stammen aus den Fernsehrechten

"Wir vergeben eines der zehn wertvollsten Medienrechte der Welt", sagt Seifert selbstbewusst. Auch für die Bundesligavereine geht es um viel: Etwa ein Drittel ihrer gesamten Einnahmen stammen aus dem Verkauf der Fernsehrechte. Karl-Heinz Rummenigge hatte sich auch schon eingeschaltet. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München sprach in geheimer Mission beim Bundeskartellamt vor.

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Von Caspar Busse

"Es wurde diskutiert, was für den FC Bayern möglich ist", hieß es danach. Die Wettbewerbsbehörde hat ein gewichtiges Wort mitzureden. Denn die DFL vergibt die Rechte aller Spiele im Auftrag der Vereine gemeinsam, diese Zentralvermarktung (die Einnahmen werden nach einem bestimmten Schlüssel unter den Vereinen verteilt) ist ein klassisches Kartell. Dem muss das Amt zustimmen, und es kann Auflagen erteilen. Die Gespräche sind in der Endphase.

Das Kartellamt wird dem Vernehmen nach unter anderem darauf drängen, dass die Rechte für das Bezahlfernsehen an mindestens zwei Interessenten vergeben werden müssen. An diese sogenannte No-Single-Buyer-Regel muss sich die DFL dann in ihrer Ausschreibung halten, ob sie will oder nicht. Eigentlich war die DFL gegen eine solche Klausel.

Als großes Vorbild gilt Großbritannien. Die Premier League hat im vergangenen Jahr einen Rekordabschluss geschafft und nimmt mehr als 2,3 Milliarden Euro ein. Auf der Insel haben sich zwei Anbieter - der Abokanal Sky und der Telefonkonzern BT - gegenseitig hochgeboten.

Davon ist Deutschland zwar weit entfernt, aber es gibt eine ganze Reihe von Interessenten: Neben den öffentlich-rechtlichen Sendern und dem Bezahlkanal Sky beispielsweise Telekommunikationsfirmen wie Telekom und Vodafone, Kirch-Erbe Dieter Hahn mit Constantin Medien und dem Spartensender Sport 1 oder der US-Investor John Malone (Discovery). Auch der Onlinehändler Amazon, der sein Musik- und Fernsehgeschäft massiv ausbaut, könnte dabei sein. "Unmöglich wäre das nicht", sagte Gründer Jeff Bezos Ende Dezember.

Sportschau steht zur Diskussion

Die Jagd nach dem großen Geld kann für die deutschen Zuschauer erhebliche Konsequenzen haben. Der Spieltag wird zwar nicht weiter aufgesplittet, zusätzliche Spieltermine soll es vereinzelt nur am Sonntagmittag und am Montagabend geben. Im frei empfangbaren Fernsehen steht aber der Klassiker, die ARD- Sportschau, in der jetzigen Form zur Diskussion.

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Die deutschen Fußballklubs streiten, wie die Einnahmen aus den TV-Rechten künftig verteilt werden sollen. Vor allem der FC Bayern drängt - denn er könnte extrem profitieren.

Von Johannes Aumüller

RTL hat Insidern zufolge großes Interesse an der Bundesliga. Der Kölner Privatsender, der zum Bertelsmann-Konzern gehört und dringend auf der Suche nach Quotenhits ist, hat Gefallen am Fußball gefunden. RTL zeigte zuletzt die EM-Qualifikationsspiele der deutschen Mannschaft und verbuchtes enormes Zuschauerinteresse. Bis zu zwölf Millionen schalteten ein, die Marktanteile waren hoch. Fußball wirkte für den etwas angestaubten Privatsender wie Doping. Es wäre das erste Mal seit Langem, dass RTL wieder Bundesliga zeigt. Ob RTL allerdings die ARD überbieten kann und wird, ist offen.

Sky kann kaum riskieren die Rechte zu verlieren

Komplizierter noch ist es bei den Rechten für das Bezahlfernsehen, die deutlich teurer als die Free-TV-Rechte sind. Derzeit zeigt Sky Deutschland alle Spiele, die Zahl der Abonnenten steigt kontinuierlich auf inzwischen etwa 4,3 Millionen. Die gegenseitige Abhängigkeit ist hoch. "Wenn Sky stark ist, ist die Bundesliga stark. Und wenn die Bundesliga stark ist, ist auch Sky stark", sagte zuletzt der neue Sky-Deutschland-Chef Carsten Schmidt.

Einige, etwa Bayern-Boss Rummenigge, kritisierten zuletzt die starke Abhängigkeit von Sky, prangerten ein Monopol an und wollten mehr Wettbewerb, damit die Einnahmen steigen. Sky jedoch ist sehr vom Fußball abhängig. Jeremy Darroch, der Chef der gesamten Sky-Gruppe in London, sagte im vergangenen Jahr der SZ: "Wir werden unser Bestes geben und hoffentlich wieder zum Zuge kommen."

Ob das so sein wird, ist offen. Weil das Kartellamt hier auf einen zweiten Interessenten drängt, um mehr Wettbewerb zu garantieren, wird Sky wohl nicht mehr wie bisher alle Rechte kaufen können. Bislang wirbt der Sender, der im Besitz des Medienunternehmers Rupert Murdoch ist, mit dem Slogan "Alle Spiele, alle Tore". Das wird sich künftig ändern.

So könnte es beispielsweise sein, dass die Live-Partien am Freitag oder am Montag von einem anderen Bezahlsender oder auf bezahlpflichtigen Internetplattformen zu sehen sein werden. Fußballfans, die alle Spiele sehen wollen, brauchen dann möglicherweise zwei Abos und gegebenenfalls auch zwei Decoder. Das würde die Angelegenheit teurer und komplizierter machen. "Wenn man nach Konkurrenz, also einem zweiten Anbieter, schreit, kann das dazu führen, dass man künftig mit einem Abo nicht mehr alle Spiele sieht", sagte Seifert am Mittwoch.

Steigt die Telekom wieder ein?

Wer gemeinsam mit Sky zum Zug kommen könnte, ist offen. Als Favorit wird vor allem John Malone gehandelt, dem über seine Discovery-Gruppe neuerdings auch der Spartensender Eurosport gehört. Discovery hat sich bereits die Fernsehrechte an den Olympischen Spielen 2018 bis 2024 gesichert. Zudem gehört Malone das Kabelunternehmen Unity Media, das in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg aktiv ist.

Interessiert sein könnte auch Vodafone, die Briten haben gerade Kabel Deutschland gekauft, mit rund neun Millionen Kabelhaushalten in Deutschland. Die Deutsche Telekom hatte bereits vor einigen Jahren die Rechte gekauft ("Liga total") und sich wieder zurückgezogen.

Der große Poker ist also schon im Gange. DFL-Mann Seifert, seit zehn Jahren im Amt, kennt das Geschäft. Auf ihn ist Verlass: Er hat schon bei den vergangenen vier Malen den Preis hochgetrieben.

© SZ vom 29.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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