Fußball-Historie:Orkane, Traumtore und Galaktische

Die Rivalität zwischen deutschen und spanischen Fußballern resultiert weniger aus Länderspielklassikern. In Erinnerung sind vor allem legendäre Vereinsduelle geblieben.

Bernd Oswald

Mit allen europäischen Fußball-Großmächten hat die deutsche Nationalmannschaft eine gemeinsame Geschichte von Tragödien und Legenden. Mit England das WM-Endspiel in Wembley 1966 - und hier speziell das 3:2. Mit Italien das Jahrhundertspiel im WM-Halbfinale von Mexiko 1970, mit Frankreich das harte Halbfinale 1982, das das erste Elfmeterschießen der WM-Geschichte sah, bei dem natürlich die Deutschen gewannen. Mit den Niederlanden des WM-Finale 1974, als die spielerisch besseren Holländer dennoch 1:2 unterlagen.

Fußball-Historie: Lothar Emmerich (links) im Vorrundenspiel gegen Spanien 1966.

Lothar Emmerich (links) im Vorrundenspiel gegen Spanien 1966.

(Foto: Foto: Imago)

Nur mit Spanien gibt es keine Matches, von denen man noch in Generationen erzählen wird. Zwar sind zwei EM- und drei WM-Spiele überliefert, von denen aber vier in der Vorrunde und eines in der Zwischenrunde stattfanden. Am ehesten ist noch die Vorrundenbegegnung 1984 in Erinnerung, als der schlaksige spanische Verteidiger Antonio Maceda Deutschland in letzter Minute aus dem Turnier köpfte. Und den Älteren das Traumtor von Lothar Emmerich in der Vorrunde 1966.

Zum Klassiker werden nur Duelle, bei denen es um etwas geht, mit umstrittenen Entscheidungen, Außenseitersiegen oder kuriosen Umständen. Nachdem die spanischen Fußballer bei den großen Turnieren selten weit gekommen sind, fehlt diese Komponente. Dennoch haben Deutschland und Spanien ein gemeinsame Fußball-Geschichte: Sie speist sich aus dem Vereinsfußball.

Im Zentrum steht dabei der erfolgreichste Klub des 20. Jahrhunderts: Real Madrid. 1960 schaffte es Eintracht Frankfurt als erste deutsche Mannschaft ins Endspiel um den Europapokal der Landesmeister, erzielte gegen die als vierfacher Seriensieger angereisten Madrilenen sogar drei Treffer. Das reichte allerdings nicht gegen die geballte Sturmkraft Reals, das in Person von Ferenc Puskas (vier Tore) und Alfredo di Stefano (drei) den Frankfurter Torwart Loy sieben Mal überwand.

Am häufigsten kreuzte Real mit dem FC Bayern München die Klingen, zumeist in der Champions League. Am spektakulärsten war dabei die Saison 1999/2000, als die beiden Klubs gleich vier Mal aufeinander trafen: In der Vorrunde gewannen die Bayern beide Duelle, darunter der kolossale 4:2-Triumph in Madrid. Im Halbfinale war es deutlich enger, jedes Team gewann sein Heimspiel, am Ende hatte Real mehr Tore geschossen - und holte am Ende die Champions League.

Bayers 1:2 und Karlsruhes 7:0

Real Madrid ist der Klub, der die meisten deutschen Fußballstars anheuerte: Günther Netzer, Paul Breitner, Uli Stielike, Bernd Schuster, der inzwischen gar Real-Trainer geworden ist und aktuell Christoph Metzelder coacht. Real war auch der Gegner des letzten deutschen Klubs, der das Champions League-Finale erreichte: Bayer Leverkusen verlor 2002 mit 1:2, nachdem Raul und Zidane für die damals als "Galaktischen" firmierende Weltstar-Truppe (in der auch Luis Figo und Roberto Carlos mitwirkten) getroffen hatten.

Leverkusen zementierte mit dieser Niederlage sein Verlierer-Image, nachdem man schon in Meisterschaft und Pokal Zweiter geworden war. Gleichzeitig strahlte der Stern Reals so hell wie seit den Zeiten von di Stefano und Puskas nicht mehr. Der Sieg gegen Leverkusen war der neunte (!) Triumph bei den Landesmeistern.

Auch in den Niederungen des Uefa-Cups gibt es eine denkwürdige deutsch-spanische Begegnung: Am 3. November 1993 musste der Karlsruher SC eine 1:3-Niederlage aus dem Zweitrundenspiel beim FC Valencia wettmachen. Die Badener fegten wie ein Orkan über die Spanier hinweg und schickten Valencia mit einem schmerzvollen 7:0 nach Hause. Die deutschen Fans wären im Finale am Sonntag wohl schon mit einem 1:0 zufrieden.

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