Fußball:Hertha schasst Huub Stevens

Der Trainer von Hertha BSC Berlin ist entlassen worden. Ausschlaggebend für die Entscheidung war die 1:6-Schlappe im DFB-Pokal gegen Werder Bremen. Interimscoach beim abstiegsgefährdeten Klub wird Amateurtrainer Andreas Thom.

Einen Tag nach dem Debakel in Bremen gab Manager Dieter Hoeneß, der trotz der rasanten sportlichen Talfahrt wochenlang an seinem Wunschtrainer festgehalten hatte, das vorzeitige Ende der Amtszeit von Stevens nach 522 Tagen bekannt.

Huub Stevens

Niedergeschlagen: Huub Stevens nach dem Schlusspfiff in Bremen.

(Foto: Foto: dpa)

Der ehemalige Nationalspieler Andreas Thom wird am Samstag im Punktspiel bei Borussia Dortmund als Interimstrainer auf der Bank Platz nehmen und soll bis zur Winterpause die Verantwortung übernehmen.

"Wir haben uns darauf geeinigt, die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung zu beenden. Aufgrund der sportlichen Situation waren wir zu diesem Schritt gezwungen. Wir haben keine andere Lösung mehr gesehen", sagte Hoeneß. Beim Tabellenvorletzten war vor der Saison noch die Qualifikation für die Champions League ausgegeben worden.

Andreas Thom hatte bereits im Februar 2002 gemeinsam mit Falko Götz nach der Entlassung von Jürgen Röber bei der Hertha als Interimslösung in der Verantwortung gestanden. "Die Situation ist nicht einfach, aber ich stelle mich der Aufgabe", meinte Ex-Profi Thom, der insgesamt 212 Bundesligaspiele für Hertha und Bayer Leverkusen bestritt.

13 Gegentreffer in drei Spielen

Die Trennung von Stevens setzt für Manager Hoeneß den schmerzlichen Schlusspunkt eines langen Kampfes, in dem er immer wieder seine schützende Hand über den Niederländer gehalten hatte. "Wenn man eine Entscheidung trifft und die dann revidieren muss, dann muss man zugestehen, dass diese Entscheidung nicht richtig war", sagte Hoeneß, der aber seine Überzeugung betonte, dass es mit Stevens "sehr sowohl auch positiv hätte ausgehen können."

Für beide Seiten aber sei die Entlassung nach den Bremen-Spiel und 13 Gegentreffern in den vergangenen drei Spielen die "logische Konsequenz gewesen". Stevens wollte nicht als Belastung für den Verein wirken und erklärte sich einvernehmlich mit der Entscheidung.

Bereits nach dem peinlichen Erstrunden-Aus im Uefa-Pokal gegen den polnischen Vizemeister Groclin Grodzisk und der 1:4-Heimpleite gegen Bayer Leverkusen nahm der Druck seitens der Fans und Medien derart zu, dass der Manager ein in der Bundesliga einmaliges "Zwei-Spiele-Ultimatum" aussprach.

Der Coach meisterte mit zwei Siegen binnen vier Tagen bei Hansa Rostock die ungewöhnliche Hürde. Doch nach drei weiteren Niederlagen aus vier Punktspielen und dem Offenbarungseid an der Weser blieb dem Manager keine andere Wahl, als das Missverständnis zwischen Stevens und Hertha zu beenden. Mit seinem beharrlichen Festhalten am Niederländer hat der Klubchef einen großen persönlichen Imageschaden in Kauf genommen, der jetzt in kleinen Schritten wieder repariert werden muss. Zumindest bleibt Hoeneß mit der Winterpause vor Augen bei der Trainersuche etwas Zeit.

Allerdings darf sich der Manager keinen Fehlgriff erlauben. Ansonsten wird auch seine Person verstärkt in Frage gestellt. Einen Rückzug aus eigenem Antrieb schloss der 50-Jährige kategorisch aus.

Vertrag von Stevens lief bis zum Saisonende

Nach dem glücklichen Einzug in den Uefa-Pokal in der Vorsaison scheiterte der Niederländer, der zum ersten Mal in seiner Trainerlaufbahn aus einem laufenden Vertrag entlassen wurde, im Jahr zwei seiner Amtszeit auf ganzer Linie. Er schaffte es nicht, die hochkarätigen Neuzugänge Fredi Bobic, Artur Wichniarek und Niko Kovac ins Mannschaftsgefüge zu integrieren. Vor allem das Verhältnis zu Angreifer Fredi Bobic war zum Schluss äußerst abgekühlt. Der Zwist gipfelte in der Nicht-Berücksichtigung des Angreifers beim Pokalspiel in Bremen.

"Das Alibi 'Trainer' gilt jetzt aber nicht mehr", nahm Hoeneß die Profis in die Pflicht. Die Spieler hätten ihm gegenüber eingestanden, dass es "nicht nur eine Niederlage für Stevens sondern auch für die Mannschaft" gewesen sei. Personelle Verstärkungen in der Winterpause schloss der Manager nicht aus.

Der Vertrag von Stevens lief bis zum Saisonende. Der Verein hätte bis März kommenden Jahres eine Option auf die Weiterbeschäftigung ziehen können. Über die Höhe der Abfindung vereinbarten beide Seiten Stillschweigen.

Die Entlassung von Stevens ist der 273. vorzeitige Trainerwechsel seit Bundesliga-Gründung 1963 und der fünfte in der laufenden Saison. Vor Stevens waren in dieser Spielzeit Ewald Lienen (Borussia Mönchengladbach), Kurt Jara (Hamburger SV) und Friedhelm Funkel (1. FC Köln) entlassen worden. Armin Veh hatte bei Hansa Rostock freiwillig das Handtuch geworfen.

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