Fußball-Gold-Cup in den USA:Alle Macht dem Klinsmann

Jürgen Klinsmann USA Nationaltrainer Fußball

Plötzlich wieder Erfolgscoach: Jürgen Klinsmann.

(Foto: dpa)

Wiederholt sich da was in der Karriere des Jürgen Klinsmann? Nach seiner Amtsübernahme als US-Nationaltrainer wurde er heftig kritisiert. Nun hat sein Team neun Spiele in Serie gewonnen - und strebt dem Sieg beim Gold Cup entgegen. Es ist fast wie damals beim DFB.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die fußballerische Laufbahn von Jürgen Klinsmann dauert - rechnet man die kurzen Phasen der Beschäftigungslosigkeit und Tätigkeiten als Berater und Kommentator mit ein - bereits 32 Jahre. Das ist eine lange Zeit, so dass es nicht verwunderlich wäre, wenn sich dieser Jürgen Klinsmann manchmal verwundert die Augen reibt und glaubt, alles schon einmal erlebt zu haben.

Klinsmann ist Trainer der amerikanischen Fußballnationalelf, sein Team hat gerade El Salvador vor mehr als 70.000 Zuschauern in Baltimore mit 5:1 besiegt und steht nun im Halbfinale des Gold Cups, der kontinentalen Meisterschaft in Nordamerika. Es war der neunte Sieg in Serie für das US-Team, in den Zeitungen werden gerade Lobeshymnen auf den Trainer angestimmt, nicht wenige Kommentatoren entschuldigen sich.

In der Los Angeles Times etwa ist zu lesen: "Wir müssen alle daran erinnert werden, dass wir niemals an ihm hätten zweifeln sollen."

Kommt einem bekannt vor?

Einige Parallelen zur Amtszeit als Trainer der deutschen Nationalelf sind tatsächlich nicht zu leugnen. Als Klinsmann die US-Elf am 29. Juli 2011 übernahm, da galt die Mannschaft als zu alt, zu langsam und keinesfalls in der Lage, mit den großen Fußballnationen mitzuhalten. Klinsmann kündigte zwar nicht das Auseinandernehmen des ganzen Ladens an, wohl aber weitreichende Veränderungen.

Er sorgte zunächst für Verwunderung mit der Aussage, dass sich der amerikanische Fußball an den europäischen Nationen orientieren solle - und berief deshalb vor allem Spieler, die als Kinder von US-Soldaten eine fußballerische Ausbildung in Europa durchlaufen hatten. Dann sorgte er für Zorn, denn seine Mannschaft verlor. Gegen Costa Rica. Gegen Belgien. Gegen Ecuador. Gegen Frankreich. Die Qualifikation für die WM 2014 war in Gefahr. Es gab sogar Gerüchte, dass Spieler aus der Mannschaft gegen ihn rebellieren würden.

"Ich bin nicht hier, um jeden glücklich zu machen", sagte Klinsmann im März, "dann hätte ich den falschen Job. Ich bin hier, um die Leute herauszufordern." Seine Mannschaft befinde sich in der Umstrukturierung: "Würden wir alles so machen wie bislang, dann würden wir uns nicht verbessern. Wenn Leute ein Problem haben, dann sollen sie zu mir kommen und es mir sagen - aber das lenkt mich nicht davon ab, weswegen ich hier bin. Wir Trainer wissen schon, warum Dinge nicht perfekt laufen."

Es sei wichtig, auch schwierige Zeiten durchzumachen: "So bin ich nun mal", erklärte Klinsmann den Amerikanern: "Ich bin bereit, Risiken einzugehen und auch mal schlechte Ergebnisse hinzunehmen - aber nur so können wir die nächste Stufe erreichen."

Zusammengefasst: Passt schon alles, vertraut mir - alles wird gut.

Sogar Donovan spielt stark

Es funktionierte: Seine Mannschaft gewann wichtige Partien in der Qualifikation, sie siegte in Freundschaftsspielen gegen prägende Fußballnationen wie Italien (1:0 im Februar 2012) und Deutschland (4:3 im Juni) und kann nun den Gold Cup gewinnen. Solche Erfolge sind wichtig, weil sich der amerikanische Fußball aufgrund der internationalen Bedeutungslosigkeit der heimischen Liga MLS extrem über die Nationalelf definiert. "Sie ist die Lokomotive", sagte Klinsmann kürzlich im Interview mit der SZ.

Er wirkt äußerst entspannt bei den öffentlichen Auftritten anlässlich des Gold Cups. Seine Mannschaft hat bislang jedes Spiel gewonnen und gilt auch beim Halbfinale gegen die Honduras am Donnerstagmorgen mitteleuropäischer Zeit als Favorit. Auch in der Qualifikation zur WM läuft es wunderbar, vier Spieltage vor Schluss beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz bereits sechs Punkte. Klinsmann sagt: "Man darf sich niemals zurücklehnen wegen dem, was man in der Vergangenheit erreicht hat. Wer über die Vergangenheit nachdenkt, der hat bereits einen Tag verloren."

Klinsmann hat einigen etablierten Spielern erlaubt, dem Gold Cup fernzubleiben. International unerfahrene Spieler sollen sich beweisen und sich für einen Platz im WM-Kader empfehlen, dazu erhalten in Ungnade gefallene Veteranen eine zweite Chance. Dazu gehört Landon Donovan, der sich zunächst selbst eine Nationalelfpause verordnet hatte und dann von Klinsmann nicht mehr nominiert wurde.

Ja, dieser Landon Donovan, einst einziger Zugang beim FC Bayern während der Amtszeit von Jürgen Klinsmann und eine der Symbolfiguren für das Scheitern Klinsmanns in München. Dieser Landon Donovan agiert nun beim Gold Cup herausragend, erzielte bereits vier Treffer. "Für uns Trainer ist es gerade wichtig zu sehen, welche Spieler den Unterschied machen können", sagte Klinsmann nach der Partie gegen El Salvador: "Wenn die Dinge ein bisschen falsch laufen, dann nehmen diese Akteure das Spiel in die Hand - Landon war heute einer dieser Spieler."

Also alles in Ordnung derzeit bei der US-Elf? Nein, natürlich nicht - und das führt wieder zurück zu den Parallelen. Einige amerikanische Reporter haben angemerkt, dass die Nationalelf schon lange nicht mehr gegen eine große Fußballnation gewonnen habe oder zumindest eine, die zu den besten 40 der aktuellen Weltrangliste gehört. Der Erfolg gegen Deutschland zähle nicht, weil Joachim Löw mit einer B- oder gar C-Elf angereist sei.

Bald hat Klinsmann die Chance dazu: Gewinnt sein Team das Halbfinale gegen Honduras, könnte es am Sonntag zum Finale gegen Intimfeind Mexiko kommen (aktueller Weltranglistenplatz 20). Dann hat Klinsmann endlich einen Gegner mit Format. Wie damals bei der WM 2006 mit Deutschland, im Viertelfinale gegen Argentinien. Die DFB-Elf siegte im Elfmeterschießen.

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