Fußball-EM:Schweiz wirft ihre Torchancen in den Mülleimer

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Valon Behrami (l.): Gegen Rumänien klappte es nur mit einem Remis (Foto: AFP)
  • Das Team von Vladimir Petkovic kommt gegen Rumänien nur zu einem 1:1, kann aber für das Achtelfinale planen.
  • Unter anderem ein Bundesliga-Profi vergibt beste Gelegenheiten.
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Von Javier Cáceres, Paris

Auch die Schweizer sind ein den Traditionen verpflichtetes Volk. Insofern standen die Chancen, dass sie in ihrem zweiten Spiel der Gruppe A einen Sieg gegen Rumänien landen würden, vorab nicht sonderlich gut. Zwar sind die Rumänen den Schweizern seit der WM 1994 in bester Erinnerung. Damals siegten sie in Detroit 4:1, die Schweizer Medien wurden in den vergangenen Tagen nicht müde, den Glanzauftritt von einst zu beschwören.

Allerdings hatten die Schweizer am Samstag bereits einen Sieg erzielt, sie bezwangen Albanien 1:0. Böses Omen? Böses Omen: Noch nie haben die Schweizer zwei EM-Siege hintereinander erzielt. Dabei blieb es auch nach der Partie vom Mittwochabend. Die Schweizer erwirtschafteten gegen Rumänien ein 1:1 (0:1), das ihnen immerhin erlaubt, für das Achtelfinale zu planen.

"Wie wir ins Spiel gekommen sind, wie wir es beendet haben, vom Auftritt, von den Chancen, von der mentalen Stärke her", sagte ihr Trainer Vladimir Petkovic später, "da muss ich meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen. Wir haben 90 Minuten lang einen Gegner kontrolliert, der uns nichts geschenkt hat."

Augenscheinlich waren die Schweizer mit größerer Spielkultur ausgestattet, die Partie geriet für sie zunächst dennoch zum Problem. Sie leisteten sich vor allem in der ersten Stunde in beiden Strafräumen weitgehend unverzeihliche Nachlässigkeiten. Auf der anderen Seite ordnete Rumäniens Trainer Anghel Iordanescu an, neuerlich aus einer massiven Abwehr heraus zu operieren - obwohl sein Team nach der 1:2-Auftaktniederlage gegen Gastgeber Frankreich unter Zugzwang stand.

Dass die Strategie des Generals verfing, lag vor allem daran, dass Mittelstürmer Haris Seferovic, in der deutschen Bundesliga bei Eintracht Frankfurt aktiv, zwei großartige Einschussmöglichkeiten der Schweizer in den Mülleimer warf. Nach sechs Minuten zielte er aus 14 Metern am rumänischen Tor vorbei; zuvor hatte ihn Blerim Dzemaili glänzend freigespielt. Wenig später scheiterte er an Torwart Ciprian Tatarusanu, diesmal hatte ihn der frühere Bayern-Profi Xherdan Shaqiri (Stoke City) ebenfalls glänzend freigespielt.

Unmittelbar danach folgte dann ein fataler Fauxpas des Schweizer Kapitäns Stephan Lichtsteiner, der zum Führungstor der Rumänen führte. Der offensiv ausgerichtete Rechtsverteidiger von Juventus Turin verspürte den Drang, die Elastizität des Leibchens der Rumänen zu testen - und zupfte wiederholt am Trikot von Alexandru Chipciu. Das war ungeschickt, als er es erstens im Strafraum tat und zweitens vor den Augen des russischen Schiedsrichters Karasew, der sofort auf den Strafstoßpunkt zeigte. Bogdan Stancu, der schon gegen Frankreich vom Elfmeterpunkt erfolgreich gewesen war, setzte den Ball neben den linken Pfosten, ins Tor. Torwart Yann Sommer von Borussia Mönchengladbach war ohne Chance.

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"Wenn man jedes dieser Fouls pfeift, haben wir in jedem Spiel viele Strafstöße", zeterte Petkovic.

Nach dem Treffer änderte sich die defensive Einstellung der Rumänen erst recht nicht. Zwar mussten sie sich bei einem Fernschuss von Fabian Schär (20.) und zwei Kopfstößen von Dzemaili (39.) und Lichtsteiner (44.) den Schweiß von der Stirn wischen. Andererseits hätten sie die immer wieder aufblühende Verwundbarkeit der Schweizer fast zu einem zweiten Treffer genutzt, als Cristian Sapunaru nach einer desaströs verteidigten Ecke den Ball aus acht Metern an den Pfosten drückte.

Später nahmen sich die Rumänen ein Beispiel daran, sie ließen nach der Pause ebenfalls die Konzentration bei einem Eckball vermissen. Eine Hereingabe prallte eher zufällig vor die Füße des Leverkuseners Admir Mehmedi, der den Ball mit einem satten Volleyschuss aus halblinker Position quer in die rechte Ecke schoss (57.). Diesmal war es Tatarusanu, der vergeblich flog und bloß den Ball aus dem Netz holen durfte. Der Ausgleich ließ auch vergessen, dass Johan Djourou, Verteidiger in Diensten des Hamburger SV, nach einem Pass von Rumäniens Offensivkraft Gabriel Torje fast ein Eigentor fabriziert hatte.

In der 64. Minute kam unter den Schweizer Fans wieder Jubel auf. Trainer Petkovic hatte das Sturmtalent Breel Embolo aufs Spielfeld geschickt, für Seferovic. Embolo, der untern anderem von diversen Bundesliga-Klubs umschwärmte Stürmer des FC Basel, animierte die Schweizer Fans bei jedem Ballbesitz zu verheißungsvollem Geraune. Die gefährlichste Szene aber verantworteten die Rumänen, durch einen Freistoß von Torje aus 30 Metern, den Torwart Sommer souverän parierte. Danach arrangierten sich beide Teams mit dem Punkt. Er lässt auch den Rumänen die Option aufs Achtelfinale offen.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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