England besiegt Schweden bei der Fußball-EM:Drehung, Hacke, Tor

Ein schlechtes Spiel kann so unterhaltsam sein: England schießt Schweden mit einem 3:2 aus dem Turnier. Der junge Stürmer Danny Welbeck entscheidet die Partie mit dem bisher schönsten Tor der EM - dabei hatten die Skandinavier schon geführt.

Claudio Catuogno

Diese Nachricht vorweg: Auch in der ukrainischen Hauptstadt hat es am Freitagabend geregnet. Das war gar nicht mal schlecht. Ein kurzer, heftiger Schauer ergoss sich über 20 000 Schweden und gut 10 000 Engländer, die vom Prachtboulevard Chreschtschatyk zum Stadion zogen, dazu über eine ungezählte Menge ukrainischer Fans, die auf den Leinwänden das Wetterdrama von Donezk verfolgten.

Welbeck England EM Fußball-EM Schweden Europameisterschaft

Der entscheidende Moment: Der Engländer Danny Welbeck erzielt mit der Hacke das 3:2 gegen Schweden.

(Foto: AFP)

Schweden, Engländer, Ukrainer - Kiew brodelte am Freitag wie noch nie bei dieser EM, die Behörden hatten 7000 Polizisten zusammengezogen. Nun wurden die Gemüter ein bisschen abgekühlt. Kurz vor dem Anpfiff schaltete sich dann im Stadion noch mal die Rasensprinkleranlage an.

Ob nass, ob trocken, die Leidensfähigkeit der schwedischen wie der englischen Fans ist beträchtlich, und die brauchten sie auch. Das Spiel wogte hin und her, zunächst sahen die Engländer wie die sicheren Sieger aus: Andy Carroll vom FC Liverpool erzielte die Führung (23.); Teammanager Roy Hodgson hatte ihn anstelle von Alex Oxlade-Chamberlain in die Startelf beordert. Dann wiederum schien das Turnier fast beendet zu sein für Hodgsons Elf: Olof Mellberg glich zunächst aus (49.) und erzielte dann sogar die Führung für die Skandinavier (59.).

Doch die Engländer kamen zurück: Der eingewechselte Theo Walcott (64.) sowie Danny Welbeck (78.) trafen für die Three Lions. Endstand: 3:2. Schweden ist durch die zweite Niederlage (nach dem 1:2 gegen die Ukraine) nun bereits ausgeschieden, England dagegen reicht kommenden Dienstag in Donezk ein Unentschieden gegen den Co-Gastgeber Ukraine, um das Viertelfinale zu erreichen.

Die Partie begann auf niedrigem Niveau, die Akteure beider Teams wussten sich oft nur mit Fouls zu helfen, so kugelte und rutschte man wild durcheinander. In der Offensive schienen zunächst harmlose Weitschüsse das Mittel zu sein: Ein Versuch von Scott Parker (7.) landete in den Armen des schwedischen Torwarts Andreas Isaksson. Auf der Gegenseite war ein Versuch von Sebastian Larsson kein Problem für Joe Hart (11.).

Dann fiel auch schon der erste Treffer. Andy Carroll stieg gegen Mellberg und Granqvist zum Kopfball hoch - und wie er den Ball mit voller Wucht ins Tor beförderte, das war schon bemerkenswert: eine Sehenswürdigkeit aus Kraft, Körperspannung und Präzision. Wenn in zwei Wochen die Highlights dieser EM zusammengeschnitten werden, wird dieser Treffer nicht fehlen dürfen. Es sollte nicht der einzige des Abends bleiben.

Ibrahimovics Sonderrolle

Doch auf der Tribüne wunderte man sich zu dem Zeitpunkt erst mal über Zlatan Ibrahimovic. Dass der Kapitän der Schweden eine Sonderrolle für sich beansprucht, das hatten schon die Tage nach der Ukraine-Partie deutlich gemacht, als er seinen Trainer Erik Hamrén mehr oder weniger öffentlich aufgefordert hatte, die Startelf zu verändern. Auf den Noch-Bremer Rosenberg hatte Ibrahimovic keine Lust mehr.

Und tatsächlich spielte nun Elmander als Sturmspitze, auch Svensson und Jonas Olsson rückten neu ins Team. Ibrahimovic dankte es seinem Coach aber nur bedingt: Wie unbeteiligt er bei englischem Ballbesitz über den Platz schlenderte, hatte fast schon mannschaftszersetzende Züge. Lange deutete nichts darauf hin, dass die Schweden in dieses Spiel zurückfinden würden.

Nach und nach ging dann allerdings den Engländern die Übersicht in der Defensive verloren. Ibrahimovic schoss einen Freistoß in die Mauer, den Abpraller schickte er per Drop-Kick zu Mellberg - der vollendete mit einer ordentlichen Portion Glück und der Hilfe des Engländers Johnson. 1:1. Kurz darauf brachte Mellberg dann auch noch einen Kopfball im Tor unter - nun war England praktisch auf dem Nach-Hause-Weg. Doch ein weiteres Mal drehte die Partie.

Theo Walcott zog in der 64. Minute einfach mal vor dem ukrainischen Strafraum ab - der abgefälschte Ball klatschte neben Isaksson ins Netz. Schwedens Torwart hatte ihn zu spät gesehen. 2:2. Und schließlich noch ein Treffer, der das Zeug dazu hat, Carrolls Kopfballtor aus der ersten Halbzeit in den EM-Rückblicken die Show zu stehlen: Walcott flankte, Danny Welbeck drehte sich um die eigene Achse und traf per Hacke ins Tor.

Wenig spielerisches Niveau - aber beachtliche Tore. Und am Ende das Glück auf der Seite der Engländer. Manchmal kann ein schlechtes Fußballspiel sehr unterhaltsam sein.

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