Fußball-EM:Behörden weisen Vorwürfe nach Gewalt in Marseille zurück

Russische Hooligans

Beim EM-Spiel zwischen England und Russland gerieten russische und englische Fans aneinander.

(Foto: dpa)
  • Der europäische Fußballverband Uefa hat nach den Randalen rund um das Spiel zwischen England und Russland Ermittlungen aufgenommen.
  • Russische Randalierer hatten einen Block der Engländer gestürmt und auf sie eingeprügelt. In Nizza gerieten Jugendliche und nordirische Fans aneinander.
  • Insgesamt wurden mindestens 35 Menschen verletzt, mehrere Engländer liegen im Krankenhaus.

Die Disziplinarkommission der Uefa hat nach den Ausschreitungen beim EM-Spiel zwischen England und Russland Ermittlungen aufgenommen. Der europäische Fußball-Verband verurteilte die Krawalle "scharf". Die Gewalt gehe von Leuten aus, die "nichts beim Fußball zu suchen" hätten, sagte ein Sprecher.

Gleichzeitig wies das französische Innenministerium den Vorwurf mangelnder Vorbereitung auf Gewalt von Hooligans zurück. Sprecher Henry-Pierre Brandet betonte, dass die Behörden zahlreiche vorbeugende Maßnahmen ergriffen hätten. So habe die britische Regierung vor der EM 3000 Hooligans ihre Pässe abgenommen, Frankreich habe Einreiseverbote gegen 3000 Menschen verhängt.

"Wenn es ein Scheitern gibt, ist es ein Scheitern des Fußballs, der ganz klar zeigt, dass er noch an einem Teil seiner Fans krankt", sagte Brandet dem Sender BFMTV. "Leider sind alle internationalen Turniere seit fast 30 Jahren von Zusammenstößen zwischen Fans besudelt - das war auch bei der EM 2012 der Fall." Brandet geht davon aus, dass es weitere Festnahmen geben werde, wenn die Videoaufnahmen der Polizei ausgewertet seien.

Englische Fans flüchteten über Zäune

Nach mehrtägigen Krawallen war es am Vorabend kurz vor Ende der Partie beim Spiel zwischen England und Russland im Stade Vélodrome zu Auseinandersetzungen gekommen. Augenscheinlich gingen russische Anhänger auf englische Fans los, die in benachbarten Blöcken saßen, und prügelten wild auf diese ein. Dabei flüchteten die Attackierten sogar über Zäune bis in den Innenraum der Arena. Die herbeigeeilten Ordner wurden regelrecht überrannt. Über genaue Inhalte der Ermittlungen machte die Uefa vorerst keine Angaben.

Mark Whittle, Sprecher des englischen Fußball-Verbandes (FA), appellierte in einer nach dem Spiel verlesenen Erklärung an die englischen Fans, ihre Mannschaft respektvoll zu begleiten. "Die FA ist sehr enttäuscht über die Szenen heute. Nun liegt es in den Händen der Behörden", sagte Whittle. Der frühere englische Stürmerstar Gary Lineker kommentierte: "Eine absolute Blamage für das Land."

Mindestens 35 Menschen verletzt

Schon vor dem Spiel war es zu heftigen Zusammenstößen zwischen Fangruppen gekommen. Insgesamt seien bei den Randalen rund um das Spiel zwischen England und Russland mindestens 35 Menschen verletzt worden. "Mehrere Engländer liegen im Krankenhaus", bestätigte der englische Botschafter Julian King, einer von ihnen schwebe noch immer in Lebensgefahr. Sein Stab stehe in engem Austausch mit den französischen Behörden, ergänzte der Diplomat. Ein britischer Fußball-Fan schwebt nach Angaben von Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve in Lebensgefahr.

An den gewalttätigen Auseinandersetzungen vor dem Spiel rund um den alten Hafen von Marseille waren neben englischen und russischen auch französische Randalierer beteiligt gewesen. Sechs Krawallmacher wurden festgenommen. Drei Polizisten wurden bei den Einsätzen leicht verletzt, wie der Polizeipräfekt von Marseille, Laurent Nuñez, dem Sender BFMTV sagte.

Die Polizei hatte bei den Krawallen am alten Hafen wie auch an den beiden Vortagen immer wieder Tränengas eingesetzt, um die Hooligans auseinanderzutreiben. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Anhänger beider Teams mit großer Brutalität mit Stühlen, Metallstangen und anderen Gegenständen aufeinander losgingen.

Auch nach der Partie Ausschreitungen

Auch nach der Partie zwischen England und Russland kam es in Marseille zu Ausschreitungen. Die französische Regionalzeitung "Nice Matin" berichtete außerdem von Auseinandersetzungen zwischen nordirischen Fans und Einheimischen in Nizza, die von der Polizei beendet wurden. Dabei gab es nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP sieben Verletzte.

Randale englischer Fans hatte es in Marseille schon während der Weltmeisterschaft 1998 gegeben. Damals lieferten sich zumeist betrunkene Anhänger der "Three Lions" über zwei Tage hinweg heftige Auseinandersetzungen mit einheimischen Jugendlichen und tunesischen Fans. Dutzende Menschen wurden verletzt.

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