Fußball:Der FC Bayern steckt in einem Dilemma

Robert Lewandowski beim Champions-League-Spiel FC Bayern gegen Real Madrid

Robert Lewandowski: Könnte im Sommer die Münchner verlassen

(Foto: AFP)

Um weiter mit Real Madrid mithalten zu können, muss der FC Bayern seine Phase des Umbruchs clever gestalten. Im Gegensatz zu den Spaniern wollen die Münchner aber nicht jeden Preis bezahlen.

Kommentar von Christof Kneer

Die Champions League verfügt über ein klares Reglement. So steht geschrieben, dass dieses Format aus einer Gruppenphase und anschließenden K.-o.-Runden besteht und dass sich am Ende zwei Teams zum Finale in einer Stadt treffen, die der Verband in einem bestimmt sehr transparenten Prozess ausbaldowert hat. Den Teilnahmebedingungen lässt sich außerdem entnehmen, dass kein Videoschiedsrichter zum Einsatz kommt, dafür zwei Torrichter, die aber (das steht jetzt nicht im Reglement) meistens nichts sehen. Wenn man nun ins sehr, sehr Kleingedruckte weiterblättern würde, fände man im Regelwerk wohl noch jene Passage, die vorschreibt, dass entweder Real Madrid oder Bayern München immer im Halbfinale stehen müssen, idealerweise beide gemeinsam.

Wenn man sich die Bilanzen dieses Champions-League-Jahrzehnts ansieht, darf man noch mal milde schmunzeln über die Forderung, die Bayerns Klubchef Karl-Heinz Rummenigge einst vortrug: jene, wonach es eine Setzliste geben sollte, die ein frühes Aus der Topklubs verhindert. Niemand hat so ein lustiges Papier zuletzt weniger gebraucht als Real und Rummenigges Bayern. In den vergangenen fünf Jahren haben es die Bayern viermal unter die besten Vier Europas geschafft, eine mustergültige Bilanz, die noch mustergültiger ausgefallen wäre, wenn nicht immer diese Spanier und dieses Real dazwischengekommen wären.

Die Bayern wollen schon gern ein Spielerverein bleiben

Wer aber einen Blick auf die beiden prägenden Teams dieses Jahrzehnts wirft, wird schnell feststellen, dass hier zwei Zyklen gerade an ihr Ende gelangen. Bei den Bayern haben Lahm und Schweinsteiger bereits aufgehört, Jupp Heynckes tut es jetzt, und Franck Ribéry und Arjen Robben werden maximal noch eine Saison in Altersteilzeit dribbeln oder von rechts außen nach innen ziehen; und auch in Madrid wissen sie, dass die Karrieren von Ramos, Marcelo, Benzema und selbst von Cristiano Ronaldo nicht unendlich sind.

Der Aufbruch in eine neue Zeit wird für die Bayern nicht leichter dadurch, dass sie die Reflexe von Real bereits kennen. Anders als in Barcelona sind in Madrid keine Philosophen, Schulenbegründer oder Spielstilfetischisten am Werk, sie werden dort einfach versuchen, vorhandene und auch nicht vorhandene Reichtümer in Neymar, Mo Salah oder Robert Lewandowski zu investieren.

Die Bayern könnten sich schwerer tun, ihren Umbruch zu moderieren. Im Grunde ihres Bauches sind die Bayern ja auch keine Philosophen, die Taktikbesessenheit Pep Guardiolas war ihnen immer irgendwie suspekt, und so stehen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge nun vor einem Dilemma: Einerseits würden sie schon gerne der gute alte Spielerverein bleiben, der einen Trainer vor allem braucht, weil alle anderen offenbar auch einen haben und weil es ja nicht schaden kann, wenn einer die Spieler mal rotieren lässt und auf die großen Spiele einstimmt. Andererseits wollen die Bayern für neue Spieler aber (vernünftigerweise) nicht jeden Preis bezahlen, den der irre neue Markt diktiert. Sie werden sich also nicht dieselbe Spielerqualität ins Haus holen können wie Real; für Süle, Goretzka und Gnabry aber bräuchten die Bayern dann wohl tatsächlich einen versierten, gerne auch taktikbesessenen Coach.

Vielleicht wäre so eine Setzliste, selbstverständlich nur bis zum Ende des Umbruchs, also doch keine so schlechte Idee.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: