Fußball-Bundesliga:Zurück im Fahrstuhl

Der Karlsruher SC plant für die zweite Liga - mit Trainer Ede Becker, Manager Rolf Dohmen und wenig Geld. Ein sofortiger Wiederaufstieg scheint kaum möglich.

Tobias Schächter

Natürlich hat auch Edmund Becker die Rufe gehört, die aus dem Dunkel der Karlsruher Nacht hoch in den kleinen Presseraum des Wildparkstadions schallten. Unten, vor der Haupttribüne, hatten sich rund 250 KSC-Anhänger versammelt, die aggressiv "Becker raus" riefen. "Klar, das ist nicht schön", sagte Becker so gefasst, wie ein Trainer sein kann, der seit Wochen angepöbelt wird. Wieder einmal hat seine Mannschaft es Dienstagabend nicht geschafft, der Hoffnung auf den Klassenverbleib in Karlsruhe Nahrung zu geben.

Fußball-Bundesliga: So sieht ein Absteiger aus: KSC-Verteidiger Dino Drpic nach der 2:3-Heimniederlage gegen Hannover 96.

So sieht ein Absteiger aus: KSC-Verteidiger Dino Drpic nach der 2:3-Heimniederlage gegen Hannover 96.

(Foto: Foto: ddp)

Das 2:3 gegen Hannover 96 war die fünfte Heimpleite in der Rückrunde gegen eine Mannschaft, die vermeintlich auf Augenhöhe mit dem Schlusslicht der Fußball-Bundesliga konkurriert. Gegen Frankfurt, Bielefeld, Mönchengladbach und Cottbus gelang ihnen nicht einmal ein Tor, gegen Hannover machte ein Fangfehler von Torwart Markus Miller die schnelle 2:0-Führung durch Iaschwili (10.) und Stindl (32.) zunichte. Miller ließ den Ball nach einem Schuss von Pinto durchrutschen, als bewerbe er sich als Slapstickdarsteller beim Film (42.). Der Patzer verunsicherte die gesamte Mannschaft, die Tore von Forsell noch kurz vor der Pause und Balitsch (64.) waren so vorhersehbar wie der Jahreszeitenwechsel.

Es hat nicht gereicht für den vor zwei Jahren aufgestiegenen KSC, nur 23 erzielte Tore und nur 23 Punkte genügen nicht, um die erste Liga zu halten, auch wenn Dienstagnacht rein rechnerisch noch eine Minimalchance bestand. Der KSC ist wieder eine Fahrstuhlmannschaft, die er schon in den siebziger und achtziger Jahren war. Die großen Zeiten mit Europapokalteilnahmen unter Trainer Winfried Schäfer in den Neunzigern führten zu Größenwahn, der den Verein an den Rand des Ruins brachte. Sportlich ging es hinab bis in die dritte Liga, bevor Becker 2007 die Mannschaft wieder in die erste Liga führte. Becker, seit über 30 Jahren im Verein, sagt: "Wir haben schon schlimmere Zeiten erlebt."

Dennoch trifft der Abstieg den nach wie vor klammen Klub hart. Das ohnehin geringe Erstligabudget von 17,5 Millionen Euro wird in Liga zwei auf acht Millionen reduziert und die Mannschaft ein neues Gesicht bekommen. Manager Rolf Dohmen gibt sich keinen Illusionen hin, er sagt: "Wir werden keine Mannschaft haben, die gleich wieder den Aufstieg in Angriff nehmen kann."

Werben um Volksheld Franz

Junge Spieler sollen kommen, und mancher jener 13 Profis, die Verträge auch für die zweite Liga haben, soll gehen. Becker und Dohmen wollen ihre Verträge bis 2010 erfüllen. "Ich habe unheimlich Lust darauf, hier eine Mannschaft aufzubauen, die wieder eine andere Stimmung erzeugt", sagt Becker.

Die Leistungsträger werden den Verein wohl verlassen. Linksverteidiger Christian Eichner, der mit Hoffenheim in Verbindung gebracht wird, kann im Abstiegsfall ablösefrei wechseln. Der in der Winterpause verpflichtete Dino Drpic soll nach dem Ziehen einer Option (bislang ausgeliehen von Dinamo Zagreb) gewinnbringend verkauft werden. Torwart Markus Miller kann für eine festgeschriebene Ablöse von 1,2 Millionen Euro gehen und Kapitän Maik Franz für eine Summe, die im mittleren sechsstelligen Bereich liegen soll.

Volksheld Franz signalisierte, unter Umständen auch in der zweiten Liga das KSC-Trikot anzuziehen, doch wird es für die Badener aus finanziellen Gründen schwer werden, ihren Anführer zu halten. Hannover, das vor dieser Saison schon Franz' Verteidigerkollegen Mario Eggimann mit einer lukrativen Offerte angelockt hatte, soll Interesse haben. "Eine Galionsfigur wie Franz zu halten, würde ein Zeichen setzen", sagt Becker, der die Realitäten des Bundesligageschäfts aber genau kennt.

Was wird aus dem geplanten Stadiobau?

Neue Aufbruchstimmung könnte der Klub, den finanzielle Altlasten quälen, gut gebrauchen. Mit dem Abstieg dürfte auch die seit Jahren anhaltende Diskussion mit der Stadt um den Bau eines neuen Stadions noch mehr ins Stocken geraten. Zudem machen Ultrafans des Klubs und Teile des Verwaltungsrats seit geraumer Zeit massiv Stimmung gegen Dohmen und Becker. Doch waren gegen Hannover nach "Becker raus"-Rufen auch "Ultras raus"- Rufe von der Gegentribüne zu hören. Der Vorstand bekräftigt immer wieder, mit Dohmen und Becker den schwierigen Neuaufbau in Angriff nehmen zu wollen. "Ich habe keine Lust, diesen Rufen unter der Gürtellinie nachzugeben. Da wird meine Kämpfernatur wachgerüttelt, da werde ich dazwischengrätschen wie früher als Verteidiger" sagt Becker.

Dass von den Zugängen des Winters (Federico, Engelhardt, Saglik und Drpic) nur der Kroate die Erwartungen erfüllte, kann man den Verantwortlichen anlasten. Aber bei diesem Karlsruher SC, unter diesen wirtschaftlichen Voraussetzungen, bleibt auch in diesem Fall wieder einmal nur zu sagen: Es war nicht mehr drin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: