Fußball-Bundesliga:Streich-Fußball lässt die Bayern zittern

Football Soccer - SC Freiburg v FC Bayern Munich - German Bundesliga

In Bedrängnis: Thomas Müller (links) vom FC Bayern gegen Freiburgs Marc Torrejon.

(Foto: REUTERS)
  • Der SC Freiburg unterliegt zwar 1:2 gegen den FC Bayern - doch das Team von Christian Streich bereitet den Bayern große Probleme.
  • Der Aufsteiger demonstriert mit aller Macht, dass er zurecht auf Platz acht der Bundesliga steht.
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Von Jonas Beckenkamp, Freiburg

Sie haben wirklich nichts unversucht gelassen, die Freiburger. Sie haben ihr Badener Lied gesungen, laut und herzerwärmend. Sie haben ihr Team nach vorne gebrüllt gegen die mit den Lederhosen aus München. Es gab, wie das im Fachsprech heißt, "ordentlich Gift in den Zweikämpfen" und Temperaturen, die ein normales Fußballspiel eigentlich unmöglich machen. Zutaten waren genug vorhanden, um im Breisgau mal wieder ein Fest zu feiern gegen den FC Bayern. Und doch fuhr dann um 23.23 Uhr draußen vor dem Schwarzwaldstadion der rote Bus der Gäste davon - im Gepäck drei gerade so herausgequetschte Punkte zum Rückrunden-Beginn.

Als SC Freiburg 1:2 (1:1) gegen eine Millionen-Mannschaft zu verlieren, ist wahrlich kein Grund für Trübsal, und so wollten sie sich auf Freiburger Seite auch nichts madig reden lassen. Aber irgendwie wurmte es sie doch gewaltig, dass es ausgerechnet so passieren musste. 91. Minute. Lewandowski. Ein Schuss Genialität zerstörte ihren mühsam inszenierten Zwergenaufstand. Dabei hatte der Aufsteiger mit aller Macht demonstriert, dass er zurecht auf Platz acht der Bundesliga steht. Trainer Christian Streich schaute, wie er oft schaut: ein wenig müde, aber voller Stolz.

"Ich finde, dass wir nicht so viel falsch gemacht haben. Es war nicht so, dass Bayern 15 Torchancen in einer Halbzeit hatte", lautete sein Fazit. "Ein Spiel gegen Bayern ist ein Feiertag, aber jetzt ist Schluss mit Feiertag. Wir müssen das Gute mitnehmen und wieder in den Alltag kommen. Wir nehmen Selbstbewusstsein mit, aber man muss das richtig einordnen." Einzuordnen gab es tatsächlich einiges in dieser klirrend kalten Januar-Nacht im Südwesten. Etwa die Frage: War der SC so stark oder die Bayern so schlecht, dass es ein derartiges Ringen wurde?

Die Antwort ist: Freiburg hat zumindest so gut gespielt, dass ein 1:1 überaus gerecht gewesen wäre - und das bedeutet, dass wiederum die Bayern mit diesen disziplinierten, taktisch bestens justierten Freiburgern gehörige Probleme hatten. "Es ist natürlich superbitter, so zu verlieren", sagte Janik Haberer. Freiburgs Torschütze zum 1:0 ist ein treu dreinschauender Bursche aus dem Allgäu, den Streich entdeckt hat. Dieser Haberer kurvte in der 5. Minute nach einem Doppelpass mit Vincenzo Grifo in den Strafraum, vorbei an allerlei Prominenz. Vorbei an Alaba und Hummels, dann ein Schuss zum 1:0 vorbei an Manuel Neuer. Es war der Auftakt einer Freiburger Demonstration unter dem Motto "Nimm dein Schicksal selbst in die Hand".

Freiburgs Überfall-Kommando hält nicht 90 Minuten durch

Streich-Fußball fußt nicht auf Ergebenheit oder Abwarten. Was der Sportclub gegen die Bayern beinahe eine halbe Stunde vorführte (und auch zum Ende der Partie), war ein mutiger, spielerischer Ansatz. "Wir haben versucht, fußballerisch dagegen zu halten. Das ist uns größtenteils gelungen," beschrieb es Torschütze Haberer. In der Tat entfachte der Freiburger Schwarzwaldexpress über wenige Stationen eine solche Wucht, dass bei den Bayern der Laden hinten ganz schön wackelte. "Sie haben gut gegen den Ball verteidigt", meinte Philipp Lahm, "hinzu kamen die Bedingungen mit dem Rasen und der Kälte, da haben wir uns schwer getan."

Überhaupt, das Geläuf: Bei den Münchnern verursachte die aufgeweichte, "hoppelige" (Joshua Kimmich) Wiese große Schwierigkeiten, Kombinationen endeten meist nach wenigen Versuchen - auf Freiburger Seite weckte das Lust auf mehr. "Wir sind voll ins Risiko gegangen, haben viel angegriffen", erzählte der eingewechselte Nils Petersen, der sogar einen kleinen "Rausch" feststellte, in den sich seine Kollegen gespielt hatten.

Bayern lässt es rumpeln - aber in Maßen

Und trotzdem: Über 90 Minuten konnten die Freiburger ihr Überfall-Kommando nicht durchziehen. Immer wieder offenbarten sich Phasen Münchner Überlegenheit. In Zahlen: 75 Prozent Ballbesitz, 11:1 Ecken, zwei grundlegend verschiedene Treffer von Robert Lewandowski. Beim ersten durfte der Pole in eine Ecke von Douglas Costa frei hineinrauschen, was die Bayern offenbar so geplant hatten. "Wir haben im Trainingslager schon auch ein bisschen Standards geübt", erklärte Lewandowski, dem es besonders die "schnellen" (sprich: scharfen) Eckbälle von Costa angetan haben.

Am Ende brachte dieser eisige Kampf aber doch zwei hadernde Kontrahenten zutage: Die Freiburger, weil sie am Limit Fußball spielten und doch keine Punkte erhielten. Und die Münchner, weil sie es über die Maße rumpeln ließen. "Das Spiel war schwierig, weil wir einen starken, aggressiven Gegner hatten. Wir haben es vor allem in der ersten Halbzeit nicht gut gespielt", fand Carlo Ancelotti, "was mir aber gefallen hat, ist der Wille und der Charakter den die Mannschaft gezeigt hat." Im Fachsprech nennt man sowas dann wohl "Arbeitssieg". Durch ihn sind die Bayern nun etwas verspätet: Herbstmeister.

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