Fußball-Bundesliga, 6. Spieltag:Ende der Ordnung

Trotz deutlicher Dominanz gegen den 1. FC Nürnberg dürfen sich die Münchner Bayern wegen einiger Abwehrschwächen ob des knappen 2:1-Sieges glücklich schätzen.

Dominik Prantl

Was ist das nicht immer für ein Brimborium in München, wenn Bayern-Heimspiel und Oktoberfest-Auftakt zusammenfallen, geschweige denn, wenn es auch noch zu einem so gerne als "Bayern-Derby" apostrophierten Duell gegen Nürnberg kommt. Doch als Uli Hoeneß zum Mikrofon grifft, ging es ihm nicht etwa um die bayerisch-fränkische Rivalität. Es ging ihm auch nicht um die gute Wiesn-Bilanz der Bayern, die 90 Minuten später mit einem 2:1 gegen Nürnberg auf 48 Siege aus 74 Spielen ausgebaut werden sollte, oder gar den erneut nicht in der Startaufstellung berücksichtigen Ballkünstler namens Franck Ribéry.

Nein, einen Moment bewies der im Millionengeschäft Bundesliga als notorischer Polterer gefürchtete Bayern-Manager jene Herzenswärme und jenes Verantwortungsgefühl, das ihm von Insidern immer wieder bescheinigt wird. Er sprach von dem Münchner Dominik Brunner, der zu jenem Zeitpunkt zu Tode geprügelt wurde, als die Bayern vergangene Woche gerade das Spiel in Dortmund drehten. Hoeneß wollte damit die Wertigkeiten zurechtrücken. Was bedeutet da noch so ein 5:1, wenn in der Heimatstadt etwas so "Unbegreifliches" und "Schockierendes" passiert? "Wir verneigen und vor einem Menschen, der seine Leben gegeben hat, um andere Menschen, in diesem Fall Kinder zu schützen", sagt Hoeneß nachdenklich, und in diesem Moment war der Fußball in der riesigen Arena ganz weit weg.

Aber eine Schweigeminute später war der Fußball wieder zurück, die Show muss ja weitergehen - wenn es zunächst auch so wirkte, als habe Hoeneß' Rede selbst bei den Aktiven Eindruck hinterlassen. Es dauerte 17 Minuten, ehe Nürnbergs Marcel Risse auf der rechten Seite ziemlich alleingelassen in den Strafraum stürmte und dort Hans-Jörg Butt prüfte. Damit war nicht nur der Münchner Torhüter, sondern auch dessen Mannschaftskollegen wach, die fortan das Geschehen bestimmten.

Beeindruckend war, dass Mario Gomez mit nur neun Ballkontakten dabei des öfteren im Mittelpunkt stand. Der Millionenstürmer kam bei einer Flanke Schweinsteigers zu spät (25.) und knallte jene von Müller direkt an die Latte, von wo der Ball auf die Linie tropfte (31.). Es war seine letzte nennenswerte Aktion. Ribéry ersetzte ihn, da Bayern bis auf einige Distanzschüsse von Oberkanonier Bastian Schweinsteiger kaum Gefahr fürs Nürnberger Tor erzeugte.

Nun war also Ribéry wieder da und mit ihm die Frage, ob Nürnberg ähnlich eingehen würde wie Dortmund eine Woche zuvor. Nur zehn weitere Minuten erwiesen sich die Nürnberger der Vorschusslorbeeren als würdig, die Louis van Gaal an Gegner Nürnberg verteilt hatte: "Die haben zuletzt sehr gut gespielt. Die Mannschaft hat sehr viel Ordnung, ist sehr kampf- und laufbereit. Gegen so kompakte Mannschaften ist es immer schwer."

Es war weder Ribéry noch sein Flügelzangenpendant Robben, sondern Thomas Müller, der Nürnbergs Ordnung mit einem einzigen präzisen Pass auf den Kollegen Ivica Olic zerstörte . Olic traf zum 1:0 (55.). Lässig bis fahrlässig kombinierten die Bayern fortan vorm gegnerischen Strafraum, Nürnberg hingegen verlegte sich im seltenen Fall des Ballbesitz auf die Maßnahme eines Eishockey-Teams, das in Unterzahl agiert: Raus mit dem Spielgerät, auf das es vielleicht einen Mitspieler erreiche. Derweil bediente sich van Gaal weiter an seiner klasse besetzten Ersatzbank, wobei er mit dem selbstlosen Miroslav Klose sogar für den selbstlosen Olic einen entsprechenden Reservisten bereitstellen konnte.

Nur: Für die Abwehr steht dem Bayern-Trainer ein solcher Pool an hoch- und beinahe gleichwertigen Spielern bei weitem nicht zur Verfügung. Beispielhaft demonstrierte dieses Münchner Mannschaftsgefälle der Nürnberger Ilkay Gündogan, als er einen dieser Eishockey-Unterzahl-Angriffe mit einem feinen Zuspiel auf Erik Maxim Choupo-Moting garnierte (73.). Letzterer genoss auf der rechten Seite (mal wieder jener von Danijel Pranjic) so viel Freiraum, dass es wahrscheinlich schon einen sehr ausgiebigen Wiesnbesuch gebraucht hätte, um nicht das 1:1 zu erzielen.

Doch während die Bayern-Verteidiger ihre eigentlichen Aufgaben in der eigenen Hälfte manchmal etwas zurückhaltend angehen, mischen sie sich immerhin vorne gewinnbringend ein. Wie schon beim Champions-League-Sieg Mittwoch gegen Haifa war es Daniel van Buyten, der die Volksfeststimmung herstellte (82.). Dieses Mal köpfte er eine Flanke von Arjen Robben zum 2:1-Endstand ein und kam damit zumindest fürs Erste van Gaals Forderung nach: "Wir müssen dafür sorgen, dass wir während des Oktoberfestes unbesiegt bleiben."

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