Fußball-Bundesliga, 24. Spieltag:Achtung: Bayrischer Atem!

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Beim 3:0 in Bochum entsinnt sich der FC Bayern seines früheren Erfolgsstils - und in Ermangelung von Stürmern auch eines bereits abgehakten Spielers.

Philipp Kreutzer, Bochum

Als auch der dritte Schlüssel nicht passte, änderte der junge Mann seinen Plan. Statt sofort den nächsten Versuch zu unternehmen, hielt er den Bund mit den Türöffnern in die Höhe und betrachtete jeden einzelnen sehr interessiert.

Bayerns Geheimwaffe José Sosa: Selbst den Reportern entwischte der 23-jährige Argentinier. (Foto: Foto: Getty)

Diese Inspektion nahm zwar noch einmal mehrere Sekunden in Anspruch, aber sie brachte schließlich den gewünschten Erfolg. Der Mitarbeiter in Diensten des VfL Bochum schloss endlich auf, und so wurde für Jürgen Klinsmann doch noch der Weg zur Pressekonferenz frei.

Die Verzögerung in den Räumlichkeiten, die in der Fußballsprache gern als Katakomben bezeichnet werden, hat der Bayern-Trainer gelassen lächelnd hingenommen - vielleicht auch deshalb, weil es seiner Mannschaft zuvor auf dem Platz besser gelungen war, den richtigen Schlüssel zu finden.

Der FC Bayern trat erstmals seit längerer Zeit wieder wie der FC Bayern auf: kontrolliert, unaufgeregt, effizient. Eben so, dass hinterher überall im Stadion vom vielzitierten "Arbeitssieg" die Rede war, mit dem der Tabellenzweite seinen Anspruch auf die Meisterschaft verdeutlicht habe.

Ein Spiel hitzfeldschen Charakters

Die Münchener haben sich zuletzt ja einige Mühe gegeben, nicht als sie selbst erkannt zu werden. Das Spektrum ihrer Darbietungen in diesem Jahr umfasste spektakuläre Tor-Festivals wie in der Champions League gegen Lissabon, aber auch überflüssige Niederlagen wie in Hamburg und Berlin.

Außerdem eine peinliche Pleite gegen Köln und ein Pokal-Aus bei Bayer Leverkusen, das zwischenzeitlich Züge einer Demütigung trug. Das hat Klinsmann auch mannschaftsintern Kritik eingebracht, es wurden zwischenzeitlich sogar Rufe nach Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld laut. Nach einer Partie typisch hitzfeldschen Charakters - erst das Ergebnis, dann das schöne Spiel - werden diese nun immer leiser.

Dass die Bayern offenbar wieder zu sich selbst gefunden haben, belegen auch ihre anschließenden Statements. "Wir müssen jetzt in vollster Konsequenz und Konzentration weitermachen", forderte Karl-Heinz Rummenigge und vollendete mit einer besonders perfiden Drohung: "Damit wir den Berlinern zeigen, dass der bayrische Atem immer näher kommt."

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Lukas Podolski trotz Fehlschuss Anteil am Sieg hatte und mit welchem Überraschungs-Stürmer die Bayern aufwarteten.

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Lukas Podolski meinte dasselbe wie der Vorstandsvorsitzende, als er ankündigte: "Wir werden die Hertha jagen, und gegen Karlsruhe muss jetzt der nächste Dreier kommen."

Werbung in eigener Sache

Der Stürmer, der aufgrund der Verletzungen von Luca Toni und Franck Ribéry in die Startformation gerutscht war, hätte nur allzu gern mit einem Treffer Werbung in eigener Sache betrieben. Doch Podolski vergab die große Chance zum 2:0, als er einen Strafstoß neben das Tor schoss (50.). Und doch hatte er seinen Anteil am Erfolg.

Podolskis Anspiel auf José Sosa nötigte Marc Pfertzel zu dem Foul, das nicht nur den umstrittenen Elfmeter, sondern auch eine rote Karte für den Bochumer nach sich zog. "Das war der Knackpunkt", analysierte VfL-Verteidiger Christian Fuchs später.

In Überzahl spielten die Bayern mit den ohnehin schwachen, weil ersatzgeschwächten Bochumern das lustige Hase-und-Igel-Spiel: Wo die Blauen hinliefen, wartete längst ein Roter. Die Treffer Nummer zwei durch Philipp Lahm (60.) und Nummer drei durch Martin Demichelis (90.) überraschten kaum noch, zu überlegen agierten die Bayern. Die Fans intonierten gleich mal "Oh, wie ist das schön."

Dass sich Abwehr- und Mittelfeldspieler als Torschützen hervortaten - den Führungstreffer erzielte Zé Roberto (32.) -, nahmen die Bayern mit Erleichterung zur Kenntnis. Schließlich ist ja, wie Klinsmann bestätigte, "die Decke mit drei Vollblutstürmern ein bisschen dünn".

Doch des Trainers Sorgen zerstreute sogleich Lukas Podolski: "Bei uns kann jeder Tore schießen", versicherte er, eine Flaute sei trotz des Fehlens von Ribéry und Toni, des Abgangs von Landon Donovan und des nun auch noch drohenden Ausfalls von Miroslav Klose, der umknickte und vom Feld humpelte (31.), nicht zu befürchten. Zumal plötzlich einer mitspielt, von dem vermutlich selbst einige Bayern-Fans gar nicht wussten, dass er zum Kader zählt.

"Spricht gut deutsch"

Manager Uli Hoeneß wurde nach der Partie nicht müde, den Spieler namens José Sosa vorzustellen. Als "Neuzugang" und "Wintertransfer" - obwohl der Argentinier dem Verein bereits seit Juli 2007 angehört. Doch erst jetzt, wusste Hoeneß zu berichten, "hat er begriffen, wie es geht. Er kann es, aber er hat seine Leistungsfähigkeit mangels Selbstvertrauen bis jetzt nicht gezeigt".

Der Klose-Ersatz überzeugte mit sicheren Pässen, Ballgewinnen und frechen Dribblings, und genauso schnell wie den Bochumern entwischte er später den wartenden Reportern. Mit einem Achselzucken reagierte er auf dem Weg zum Mannschaftsbus auf Fragen, sein brasilianischer Mitspieler Breno gab augenzwinkernd zu verstehen: "Spricht gut deutsch."

Das Reden übernahm stattdessen Klinsmann. "Ein unglaubliches Potenzial" attestierte er dem 23-jährigen Sosa, "das haben nur wenige andere in Europa." Über diese Einschätzung lässt sich womöglich streiten, nicht aber über die eigentliche Erkenntnis des unerwarteten Sosa-Auftritts von Bochum: Die Bayern haben nach wie vor die beste Bank der Liga, auch die Reservisten verfügen über hohe Qualität. Im Kampf um die Meisterschaft könnte sich das noch als Klinsmanns Schlüssel zum Erfolg erweisen.

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