Fußball-Bundesliga:Peinliches Szenario für Vizekusen

Bayer Leverkusen - FSV Mainz 05

Wie lange darf er noch bleiben? Leverkusens Trainer Roger Schmidt.

(Foto: dpa)

Mit einer hochtalentierten Mannschaft droht Trainer Roger Schmidt den Europapokal zu verpassen. Es könnte seine letzte Saison in Leverkusen sein.

Kommentar von Sebastian Fischer

Im Rheinland, vor gar nicht allzu langer Zeit, war eine Mannschaft sehr bekannt, von der sprach alles weit und breit: Es klingt in diesen Tagen ein wenig nach Kinderlied oder Märchen, wenn man daran erinnern möchte, welche Bedeutung Bayer 04 Leverkusen doch eigentlich für den deutschen Fußball hat. Das große, kleine Vizekusen, der ewige Zweite in der Bundesliga, Champions-League-Finalist 2002, Heimat großartiger brasilianischer Fußballer, Widersacher des FC Bayern. Dieser Verein ist an diesem Wochenende mal wieder ziemlich untergegangen, mit 2:6 bei Borussia Dortmund. Und danach haben alle Beteiligten auch noch behauptet, ganz gut gewesen zu sein.

Nun ist es noch nicht so weit, dass aus Bayer 04 eine Es-war-einmal-Geschichte wird. Es hat Entwicklungen wie die nun unter Trainer Roger Schmidt in der jüngeren Vereinsgeschichte der Leverkusener schon zweimal gegeben. Nach der Ära um Michael Ballack und Zé Roberto, als es so großartige Spieler wie Zinédine Zidane von Real Madrid oder Markus Oberleitner von der SpVgg Unterhaching brauchte, um Leverkusen im letzten Moment Champions-League-Sieg und Meisterschaft zu verwehren, wäre der Klub 2003 fast abgestiegen. Und von 2007 bis 2009 lief noch mal vieles schief, damals provozierte Bruno Labbadia seinen Rauswurf. Ja, der war mal Trainer in Leverkusen. Und ja: So lange, acht Jahre, ist es schon her, dass Bayer 04 zuletzt den Europapokal verpasst hat.

Der Kader ist so gut besetzt wie in Dortmund oder Leipzig

Dass dieses Szenario in dieser Saison wieder droht, erst zum vierten Mal in 20 Jahren, das deutet sich zwar schon seit Wochen an - aber das macht es nicht weniger peinlich. Beim Tabellenletzten Darmstadt merken sie in diesen Tagen, dass es einfach nicht zwei Jahre lang funktioniert, viel weniger Geld zur Verfügung zu haben als der Rest, und einfach ein kultiges Stadion zu haben und eine störrische Anti-Fußball-Spielweise zu praktizieren. In Leverkusen allerdings merken sie in diesen Tagen, dass es auch dann nicht mit dem Erreichen der Ziele funktioniert, wenn man keinen Leistungsträger abgibt, für mehr als 40 Millionen Euro neue verpflichtet, und der Trainer sagt, es könne die beste Saison unter seiner Regie werden. Es wird jetzt die schlechteste. Vielleicht wird es auch seine letzte.

Bayer 04, das ist eine Ansammlung hochtalentierter Fußballer, denen die Zukunft gehören könnte und eigentlich auch schon ein bisschen die Gegenwart. Die Mannschaft voller Nationalspieler ist eigentlich nicht schlechter als die in Dortmund oder Leipzig, sicherlich nicht 13 und 19 Punkte schlechter. Die Mannschaft ist das wandelnde Beispiel dafür, dass es riskant ist, stur an einem Konzept festzuhalten. Schmidt liebt das Spiel mit hohem Druck nach vorne, doch es sieht längst nicht mehr so schön aus wie zu Beginn seiner Zeit, es führt nicht mehr zum Ziel und es ist anfällig für Gegentore. Leverkusen hat nun, in der Saison, die die beste seit Jahren werden sollte, mehr Tore kassiert als geschossen. Das ist deshalb so schade, weil die Liga viel spannender sein könnte, würde diese Mannschaft mit all ihren Chicharitos, Bellarabis und Brandts ihr Potenzial tatsächlich ausschöpfen.

Fehlenden Erfolg haben sie in der Vergangenheit in Leverkusen mit großer Leidenschaft schöngeredet. Gerade aber gibt es kaum eine Möglichkeit, darauf zu verweisen, dass andere Vereine mehr Möglichkeiten haben. Sportdirektor Rudi Völler könnte höchstens erklären, dass andere Klubs, der FC Schalke zum Beispiel, noch schlechter dastehen. Aber das würde natürlich niemandem helfen. Und es wäre auch für den Fußball in Deutschland eigentlich viel schöner, wenn die Leverkusener sich jetzt aber wirklich mal etwas einfallen lassen, wie sie in Zukunft wieder zum Vizekusen von einst werden könnten.

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