Fußball-Bundesliga:Kampf der Klitschkos

In der Freitagspartie des 10. Spieltags zwischen Leverkusen und Dortmund treffen zum ersten Mal die Bender-Zwillinge aufeinander. Beide stehen in ihren Teams vor dem Durchbruch.

Christof Kneer

Die Förster-Brüder Bernd und Karlheinz haben diese Geschichte einmal voller Genuss erzählt. Die Geschichte beginnt damit, dass der eine Förster schon eine gelbe Karte gesehen hatte und sich anschließend ein weiteres Foul gestattete (Anmerkung für Spätgeborene: Bei den Försters handelt es sich um zwei Abwehrbrüder aus den Achtzigern, welche recht oft Gelb sahen und sich dennoch weitere Fouls gestatteten). Die Geschichte ging dann so weiter, dass der zweite Förster-Bruder das Problem des ersten schnell erkannte und sich listig vor den Schiedsrichter stellte, der dann dem zweiten Bruder Gelb zeigte anstatt dem ersten Bruder Rot. Der Schiedsrichter hatte die beiden schlicht verwechselt (worauf sie auf dem Feld blieben und sich weitere Fouls gestatteten).

An solchen Geschichten lässt sich erkennen, was für anständige Burschen die Bender-Zwillinge sind. Sie haben diese Geschichte andersherum erlebt: Bei einem U17-Spiel flog der mit Gelb vorbelastete Lars Bender nach dem zweiten Foul vom Feld - obwohl sein angebliches zweites Foul in Wahrheit das erste Foul des Zwillingsbruders Sven war. Lars verließ brav den Platz.

Keine Verwechslungen

An diesem Freitag werden Verwechslungen erstmals ausgeschlossen sein: Der eine Bender (Lars) wird das Trikot von Bayer Leverkusen tragen, während der andere (Sven) im Hemd von Borussia Dortmund steckt. Ein historisches Spiel dürfte das werden: Es ist das erste Mal in bisher 20 Jahren Leben, dass die beiden gegeneinander spielen. Bisher war der Lebenslauf der beiden nahezu identisch: dieselben Vereine (TSV Brannenburg, SpVgg Unterhaching, 1860 München), dieselbe Position (defensives Mittelfeld), 65 Zweitliga-Spiele der eine (Sven), 58 der andere (Lars). Der Einsatz von Sven Bender gilt am Freitag als sicher, der von Lars Bender als wahrscheinlich. Anders als die Klitschko-Brüder haben sie ja niemals ihrer Mama versprochen, nicht gegeneinander anzutreten - "trotzdem bin ich mal gespannt, ob sie sich aus Versehen gegenseitig den Ball zuspielen", sagt Manfred Schulte, der beide seit der Jugendzeit kennt und berät.

Es hat schon mehrere Zwillingspärchen in der Liga gegeben, die Kremers', die Schmälers, die Zeyers, die Altintops. Aber wohl nie zuvor waren Zwillinge auch fußballerisch dermaßen eineiig: Beide ordnen das defensive Mittelfeld mit einer lässigen Autorität, die einen leicht vergessen lässt, dass die Burschen erst 20 sind. "Viele sagen, dass Lars etwas besser sei", sagt Schulte, "aber das liegt daran, dass er etwas offensiver spielt. Sven ist der bessere Zweikämpfer und Balleroberer. Ich sage: Beide sind gleich gut."

Zwillings-Sechs im DFB-Team?

Nicht auszuschließen, dass Deutschland mittelfristig mit einer taktischen Revolution aufwarten kann: mit einer Zwillings-Sechs in der A-Nationalelf. Berater Schulte nennt es jedenfalls "einen Glücksfall", dass er die beiden so früh bei so ambitionierten Klubs untergebracht hat. Der Dank der Nation gilt dem TSV 1860, der es fertigbrachte, auch diese Talente aus der Stadt zu vertreiben. Durchaus amüsiert hat Schulte ja die Debatte bei 1860 verfolgt, wonach Lars angeblich nicht mehr so gut spiele, weil Zwillingsbruder Sven weg sei. Diese Argumentation ließ sich prächtig nutzen, um Lars in den Westen nachzuholen. Da wohnen sie jetzt wieder nahe beieinander, und zweimal die Woche treffen sie sich zum Golfen.

Wenn's nötig sei, hat Lars Bender gesagt, werde er seinen Bruder "am Freitag auch umhauen". Wenn das die Klitschkos hören.

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