Fußball-Bundesliga: HSV - Bayer 04:Der alte Mann und die Abwehr

Der 36-jährige Sami Hyypiä ist bei Leverkusens 0:0 in Hamburg der Mann des Tages. Dem HSV gehen derweil die Spieler aus.

Michael König, Hamburg

Bruno Labbadia hat nach dem Spiel viele Interviews gegeben. So viele, dass Hamburgs Trainer nach dem 0:0 gegen Leverkusen nicht einmal in die Kabine gehen konnte, um sich nach der Gesundheit seines Stürmers Tolgay Arslan zu erkundigen.

Sami Hyypiä, dpa

Sami Hyypiä (rechts) mit Teamkollege Stefan Kießling.

(Foto: Foto: dpa)

In beinahe jedem der vielen Interviews - Labbadia sprach von einem "Medienmarathon" - sagte der ehemalige Trainer von Bayer Leverkusen, das Spiel gegen seinen alten Verein sei nichts besonderes gewesen. Nur als es um Sami Hyypiä ging, da verließ Labbadia seine politisch korrekte Linie.

Der finnische Verteidiger Hyypiä hatte 83 Prozent seiner Zweikämpfe gewonnen, und Labbadia wurde nun gefragt, ob er sich nicht bestätigt fühle, weil der Transfer des Finnen vom FC Liverpool nach Leverkusen noch während seiner Amtszeit getätigt wurde. Labbadia zögerte einen kleinen Moment, und sein Nachfolger als Trainer von Bayer Leverkusen, Jupp Heynckes, konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

"Haben von der Defensive gelebt"

"Ich fühle mich als Hamburger Trainer, alles andere ist Vergangenheit", sagte Labbadia, um dann doch ein Loblied auf Hyypiä anzustimmen: "Die unglaubliche Qualität seiner Pässe hat ihn heute ausgezeichnet. Es war die richtige Entscheidung, ihn damals zu holen. Da kann man Leverkusen nur gratulieren."

Heynckes stimmte mit ein: Eine "große Persönlichkeit" habe man da verpflichtet, einen "Vollprofi". Es sei "bewundernswert, wie physisch präsent" Hyypiä auf dem Feld gewesen sei.

Tatsächlich war der 1,93 Meter große Finne immer dann zur Stelle, wenn es für Leverkusen brenzlig wurde. Zu Beginn und zum Schluss der Partie hatte Hamburg massiv auf das 1:0 gedrängt, das wohl die Entscheidung bedeutet hätte. Seit Saisonbeginn hatte der HSV in jedem Bundesliga-Spiel ein Tor geschossen. Bayer beendete diese Serie. "Unsere Verteidigung war perfekt, nur im Spiel nach vorne hätten wir noch tapferer sein können", sagte Hyypiä. Und auch Heynckes attestierte: "Wir haben vor allem von unserer Kompaktheit in der Defensive gelebt."

Für diese Kompaktheit ist Hyypiä zuständig, das ist sein Spezialgebiet. Dass der Körper des blonden Hünen zehn Jahre der robusten Spielsweise der englischen Premier League standgehalten hat, ist sehr gut zu erkennen. Allein sein Körper nimmt den gegnerischen Stürmern schon einiges an Raum. Und weil Hyypiä auch ein hervorragender Dirigent seiner Nebenleute ist, hat Leverkusen in der laufenden Saison nur fünf Gegentore kassiert - Ligarekord.

Es scheint, als hätte Bayer mit der Verpflichtung von Hyypiä endlich die Schwachstelle beseitigt, die dem Verein jahrelang den Spitznamen "Vizekusen" einbrachte: Zwar waren viele junge Talente verpflichtet worden, der routinierte Leitwolf fehlte jedoch. Dass machte sich auf dem Spielfeld negativ bemerkbar.

Für diese Position ausgerechnet den Champions-League-Gewinner Hyypiä verpflichten zu wollen, schien wie eine Schnapsidee - doch der 103-fache Nationalspieler ließ sich gerne überzeugen, nach Deutschland zu wechseln. Weil sein Herz an Liverpool hängt, habe er keinem anderen englischen Klub seine Zusage geben können, sagt Hyypiä. Da kam ihm die Werkself aus Leverkusen gerade recht.

Für Bayer ist der Finne der vielleicht nachhaltigste Transfer der vergangenen Jahre. Für Labbadia aber ist diese Geschichte unglücklich gelaufen. Er verließ Leverkusen, bevor er von Hyypiäs Künsten hätte profitieren können. Und nun hat er in Hamburg wieder Kummer mit Jungspunden.

Zwar hat der HSV routinierte Kräfte im Kader: Der 35-jährige Zé Roberto lieferte am Samstag erneut eine souveräne Leistung ab, Torwart Frank Rost, 36, hielt mit zwei Glanzparaden das Unentschieden fest. Doch aufgrund einer Verletzungsmisere ist Labbadia im Angriff auf unerfahrene Talente angewiesen. Gegen Leverkusen verhalf er dem 19-Jährigen Tolgay Arslan zu dessen Bundesliga-Debüt.

Arslan wird beim HSV als Mittelfeldspieler geführt, nahm in der Startaufstellung aber einen Platz weit vorne ein. Dort, wo aufgrund der Verletzungen von Mladen Petric und Paolo Guerrero eine mächtige Lücke klafft und wo sich der schwedische Zugang Marcus Berg durchweg glücklos präsentiert, zeigte der ehemalige Dortmunder einige gute Aktionen. "Er hat großes Potential", lobte Labbadia. "Schade, dass er es nur so kurz zeigen konnte."

Hoffmann lehnt Nachkäufe ab

In der 39. Minute musste Arslan für den ebenfalls erst 19-jährigen Toray Torun ausgewechselt werden, nachdem er sich im Zweikampf mit Arturo Vidal am Knie verletzt hatte. Weil Knieverletzungen stets heikel sind, fürchtet man auf Hamburg, einen weiteren Stürmer für längere Zeit an das Lazarett verloren zu haben. Nachverpflichtungen schloss HSV-Boss Bernd Hoffmann abermals aus: "Wir vertrauen unserem Kader."

So müssen es die 19- und 20-Jährigen richten - und Labbadia muss darauf hoffen, dass Arslans Verletzung nicht gar so schlimm ist wie die von Petric (Sprunggelenks-OP) und Guerrero (Kreuzbandriss). Eine genaue Diagnose konnte Labbadia am Samstagabend noch nicht verkünden - er hatte es vor lauter Interviews nicht geschafft, Arslan in der Kabine zu besuchen.

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