Fußball-Bundesliga:Hannover ist Tabellenführer

Hannover 96 v Hamburger SV - Bundesliga

Bejubelte seinen Treffer: Hannovers Martin Harnik.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Carsten Scheele, Hannover

Wer vor der Saison darauf gewettet hatte, dass der Tabellenführer am vierten Spieltag Hannover 96 heißt, ist nun eine reiche Frau oder ein reicher Mann. Tatsächlich gab es am Freitagabend am Maschsee nicht nur ein Nordderby, sondern nominell auch ein Spitzenspiel zu bestaunen: Der Aufsteiger 96 und der notorische Relegationsplatz-Favorit Hamburger SV duellierten sich um den ersten Platz - welch unwirklich anmutendes Spektakel.

Am Ende genügten dem Aufsteiger zwei Treffer von Martin Harnik (49.) und Ihlas Bebou (82.), um mit dem 2:0 (0:0) den guten Saisonstart (drei Siege, ein Unentschieden) endgültig perfekt zu machen. Hannover auf dem ersten Tabellenrang, zum ersten Mal seit 48 Jahren, "das ist eine Riesen-Momentaufnahme für uns", jubilierte Torwart Philipp Tschauner: "Es gab so viele Jahre, in denen der Verein nicht Erster war." Sowohl Dortmund als auch Hoffenheim können die Hannoveraner am Sonntag allerdings von der Spitze schubsen.

HSV-Fans jubeln irrtümlich im Nebel

Fußballerisch war zunächst deutlich, dass es sich nicht um ein echtes Spitzenspiel handelte, eher um zwei Mannschaften, die ein bisschen zufällig oben in der Tabelle stehen. Hamburg war ersatzgeschwächt angereist, neben Aaron Hunt, Nicolai Müller, Bjarne Thoelke, Filip Kostic und Rick van Drongelen fehlte kurzfristig auch Stürmer Bobby Wood - ihn ersetzte Sven Schipplock. Schon in der vierten Minute merkten die HSV-Fans, wie misslich es sein kann, Feuerwerke im Stadion abzubrennen. Der Block im Oberrang war in dichten, weißen Neben gehüllt, als Lewis Holtby einen Freistoß neben das Tor setzte. Die HSV-Anhänger sahen im Dunst nur das wackelnde Netz und jubelten lautstark einige Sekunden lang, ehe sie ihren Fauxpas bemerkten.

Hannover zeigte sich unbeeindruckt. Weder vom frühen Verlust von Verteidiger Felipe, der nach unsanftem Kontakt mit Schipplock vom Feld getragen werden musste, noch von den ätzenden "Kind muss weg"-Gesängen der Ultras gegen den eigenen Vereinspräsidenten, die von einem anderen Teil der Anhängerschaft mit "Ultras raus"-Rufen quittiert wurden. Die Mannschaft hat offenbar einen Weg gefunden, den Kleinkrieg auf den Rängen auszublenden; der Aufsteiger war klar besser, Marvin Bakalorz (19.) schlenzte seinen Ball nur knapp am Kreuzeck vorbei, Harnik geriet der Winkel bei seinem ersten Schuss etwas zu spitz (24.).

Zu Beginn der zweiten Halbzeit trat Hannover den Beweis an, dass auch unvollendeter Fußball zur Tabellenführung in der Bundesliga reichen kann. Da flankte der frühere Hamburger Matthias Ostrzolek in den HSV-Strafraum, Niklas Füllkrug durfte Gedeon Jung anköpfen, ehe Harnik das Spielgerät aus der Nahdistanz ins Tor stocherte (49.). "Spitzenreiter"-Rufe hallten nun durchs Stadion (wenn auch gleich gefolgt von "Kind muss weg").

In der Not brachte HSV-Trainer Markus Gisdol den gerade erst verpflichteten und zuvor vereinslosen Sejad Salihovic ins Spiel, gefährlicher blieb jedoch Hannover. Fast jede Flanke in den Strafraum geriet zur brenzlichen Situation, und als HSV-Torwart Christian Mathenia einen Klaus-Freistoß nur abklatschen ließ, traf der eingewechselte Bebou zum 2:0 (82.). Am Ende jubelten tatsächlich alle Hannoveraner gemeinsam: die Kind-Hasser, die Kind-Sympathisanten und vermutlich sogar der Vereinspräsident selbst.

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