Fußball-Bundesliga:Hamburg rückt vor - Hannover steckt fest

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Haderte mit sich, dem Wetter und dem Spiel seiner Elf: Hannovers Stürmer Mame Diouf.  (Foto: dpa)

Hannover 96 und Eintracht Frankfurt passen sich den Wetterverhältnissen an und verzichten auf große Abenteuer. Dem Hamburger SV gelingt ein wichtiges 1:0 gegen Stuttgart - dank eines Volley-Hammers von Artjoms Rudnevs.

Auf den ersten Blick war es einfach nur ein Bundesliga-Spiel, eines, wie es jedes Jahr zweimal vorkommt: Hannover gegen Frankfurt. Auf den zweiten Blick offenbarte diese Partie aber eine Menge Potenzial. Nicht nur, dass es für beide Teams darum ging, nach einigen Enttäuschungen wieder eine Trendumkehr zu schaffen; nicht nur, dass die seit vier Spielen sieglose Eintracht brennend daran interessiert war, endlich die Negativserie von 415 torlosen Minuten zu beenden. Vor allem aber war in dieser Partie alles angerichtet, um die innenpolitischen Debatten in beiden Klubs - je nach Ergebnis - zu beruhigen oder zu befeuern.

In Hannover wird wieder aufgeregt das Nicht-Verhältnis der Entscheidungsträger Slomka (Trainer) und Schmadtke (Manager) diskutiert; in Frankfurt dreht sich alles um die Zukunft von Trainer Veh, der die Kluboberen in bewährter Veh-Manier unter Druck gesetzt hat. Eine Liste mit fünf Wunschspielern hat er nach oben durchgereicht, den ersten (Freiburgs Rosenthal) hat er schon bewilligt bekommen. Unterschwellige Drohung: Sonst geh' ich halt nach Schalke.

Wie es aussieht, bleibt nach diesem Spiel genug Diskussionsstoff für beide übrig. Das 0:0 in einer umkämpften, selten hochklassigen Partie entsprach am Ende dem Spielverlauf. Die Eintracht rutscht damit zum ersten Mal seit dem 16. Spieltag aus den Champions-League-Rängen.

Die Rückkehr des Winters hatte den Rasen schwer bespielbar gemacht, aber die technisch besseren Frankfurter gaben sich Mühe, diesen Nachteil zu ignorieren. Sie spielten zwar nicht wie einst im August, aber doch so, als habe es all die Debatten zuletzt nicht gegeben. Souverän lief der Ball von A nach B, auch in jenem immer noch ungewohnten System, das Armin Veh in Ermangelung eines formstarken Angreifers erneut gewählt hatte. Er ließ die Flügelspieler Aigner und Matmour eine Art Doppelspitze bilden, hinter der eine gute, alte Mittelfeldraute ihren Dienst aufnahm; den gesperrten Rode ersetzte Veh durch Celozzi.

Rodes Fehlen machte sich bei der Eintracht zunächst weniger bemerkbar als die Absenz von Huszti bei Hannover; die Gastgeber fanden zunächst keinen Zugang zu diesem Spiel, so dass auch der wiedergenese Stürmer Mame Diouf kaum stattfand. Man hätte sich den Senegalesen in diesen Minuten gern auf der anderen Seite vorgestellt: Die Frankfurter kombinierten hübsch, vor allem über den Japaner Inui, aber vorne fehlte ein zentraler Stürmer.

Man kann nur ahnen, welche Debatten in Hannovers Kabine geführt wurden, aber es dürfte einige engagierte Fachgespräche gegeben haben. Es war jedenfalls unverkennbar, dass die Gastgeber in der zweiten Hälfte mit einer anderen Körperspannung auftraten. Das bis dahin wintertrübe Spiel wurde vorübergehend richtig farbig. Binnen zwei Minuten fielen zwei Tore, die beide nicht galten. Zwar riss Hannovers Ya Konan nach einem Strafraumgetümmel die Arme nach oben, aber Schiedsrichter Dankert gab den Treffer nicht, Frankfurts Schwegler hatten den Ball wohl noch auf der Linie geklärt - nicht hinter der Linie, wie die Gastgeber gehofft hatten.

Stimmen zum Spieltag
:"Ich weiß selbst nicht mehr, was Elfmeter ist"

Thomas Tuchel und Manuel Friedrich suchen eine Erklärung für den Handelfmeter, Jürgen Klopp beschreibt den Zustand seiner Mannschaft in der Kabine und Jérôme Boateng widmet sein spätes Tor seinem Vater.

Die Stimmen zum Spieltag

Schwegler war sich "während des Spiels sicher, dass der Ball auf jeden Fall drin war. Ich habe fest mit Tor gerechnet". Nach Studium der Bilder wusste er "nicht mehr, was die richtige Entscheidung gewesen wäre", so ging es auch anderen: "Keine Ahnung, das ist nicht zu erkennen", sagte Hannovers Trainer Slomka achselzuckend. Er ist ein bekennender Verfechter des TV-Beweises, "aber in dieser Szene", sagte Slomka, "hätte der auch nicht weitergeholfen". Ebenso knapp die nächste Entscheidung: Stand Frankfurts Meier nach Inuis Pass (61.) beim Torschuss wirklich haarscharf im Abseits? Eher nicht.

Beide Teams waren nun bestrebt, die Debatten in ihren Klubs möglichst mit drei Punkten zu beenden, aber die Abwehrreihen gerieten selten so unter Druck, dass sie Fehler machten. Hannover war dem 1:0 nun näher, aber am Ende blieb bei beiden Teams die Null stehen.

Der Hamburger SV hat sich dank eines ansehnlichen Volley-Hammers von Artjoms Rudnevs wieder auf einen Europa-League-Platz vorgekämpft. Durch das verdiente 1:0 (0:0) beim weiterhin schwächelnden VfB Stuttgart verbesserten sich die Norddeutschen auf Rang sechs der Bundesliga. Der Lette Rudnevs sorgte am Sonntagabend mit seiner sehenswerten Direktabnahme in der 49. Minute für den HSV-Sieg. Die Schwaben bleiben mit nur vier Punkten die schwächste Rückrunden-Mannschaft.

Ein Lette, der den HSV voranbringt: Torschütze Artjoms Rudnevs.  (Foto: Bongarts/Getty Images)

Vor 47.100 Zuschauern genügte den Hanseaten im 50. Spiel von Thorsten Fink als HSV-Trainer eine allenfalls durchschnittliche Leistung zum Sieg, durch den Platz vier und die Qualifikationsspiele zur Champions League nur noch einen Punkt entfernt sind. Der VfB ist als Tabellen-14. vom internationalen Geschäft weit weg. Zudem reist das Team des ehemaligen HSV-Trainers Bruno Labbadia am Donnerstag ohne Rückenwind zum Rückspiel im Europa-League-Achtelfinale bei Lazio Rom. Immerhin beträgt der Abstand zum Bundesliga-Relegationsplatz noch beruhigende acht Punkte.

Bei den Gastgebern kehrte der zuletzt gesperrte Torjäger Vedad Ibisevic ins Team zurück, insgesamt gab es im Vergleich zum 0:2 in der Europa League gegen Lazio vier Änderungen in der VfB-Startelf. Die Hanseaten stellten ihr Team nach dem enttäuschenden 1:1 gegen Greuther Fürth auf drei Positionen um und stärkten mit den zwei "Sechsern" Tomas Rincon und Milan Badelj die Defensive, Rudnevs war nominell die einzige Spitze.

Der Lette vergab frei stehend die erste hochkarätige Chance dieses Spiels in der 13. Minute fast schon kläglich, nachdem der HSV in der Anfangsphase das Spiel an sich gezogen hatte. Wenig später setzte Raphael Holzhause einen leicht abgefälschten Freistoß aus zentraler Position ans rechte Lattenkreuz, Rene Adler hatte den Ball noch entscheidend ans Aluminium gelenkt. Die Gäste kontrollierten weitgehend das Geschehen, der große Zug nach vorn fehlte aber noch. Der VfB-Offensive fehlte trotz Ibisevic die Schlagkraft.

Nach diesen zwei Chancen verflachte die Partie wieder, nach vorne ging - bis auf Martin Harniks Konterchance rechts neben das HSV-Tor - bei beiden Teams in den ersten 45 Minuten fast nichts. Mit der Hereingabe von Shinji Okazaki für Holzhauser wollte Labbadia für frischen Wind sorgen - Kapitän Serdar Tasci köpfte kurz nach Wiederanpfiff in die Arme von Adler. Doch auch der HSV kam mit mehr Elan aus der Kabine. Rudnevs schoss eine Flanke von Dennis Diekmeier per sehenswerter Direktabnahme unter die Latte ins Tor, VfB-Schlussmann Sven Ulreich war chancenlos. Wenig später hätte Per Skjelbred schon für die Vorentscheidung sorgen können.

Die Norddeutschen waren vor allem im Mittelfeld stärker. Zwar hatte Ibisevic (69.) noch eine Chance, ansonsten war aber von dem bosnischen Torjäger nichts zu sehen. Beim VfB fehlten erneut Überraschungen, Durchschlagskraft, flüssige Kombinationen. Die Mannschaft wirkte müde und uninspiriert. Ibisevic und Georg Niedermeier behinderten sich bei der letzten VfB-Chance in der Nachspielzeit gegenseitig.

© SZ vom 11.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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