Fußball-Bundesliga: die Vorschau:Grüße von "Uli Lehmann"

Stuttgarts Torwart beginnt die Psychospielchen im Titelkampf, Bayern und Hoffenheim erinnern an den "neuen deutschen Fußball", Hertha entfacht ungeahnte Euphorie. Die Bundesliga-Vorschau.

9 Bilder

-

Quelle: SZ

1 / 9

Borussia Dortmund - Arminia Bielefeld (Samstag, 15.30 Uhr)

Man könnte meinen, Westfalen werde am Wochenende Zeuge eines Spiels von religiösem Ausmaß. Da wäre zum einen der Mann im schwarz-gelben Büßergewand mit Namen Kevin-Prince Boateng. Der darf nach seinem mit der roten Karte bewerteten Kung-Fu-Tritt gegen Wolfsburgs Hasebe gegen die Bielefelder zwar überhaupt nicht mitspielen, bestimmt aber trotzdem die Themen der lokalen Medien.

Der Westfälischen Rundschau erklärte er seinen ganz persönlichen Gang nach Canossa: "Ich habe mir selbst gesagt, wie dumm ich bin, da so hinzugehen" zeigte sich der 22-Jährige reuig und fügte, was einen neuen Vertrag betrifft, hinzu: "Jetzt kann ich nur noch im Training was beweisen. Ich hoffe, dass die rote Karte nicht ausschlaggebend für eine Weiterbeschäftigung ist." Ob die BVB-Verantwortlichen sich tatsächlich gnädig zeigen und den von Tottenham ausgeliehenen Boateng fest verpflichten werden, erscheint indes mehr als fraglich.

Nicht weniger spirituell ist die Stimmung in Bielefeld. Die Neue Westfälische stilisierte das Spiel aus Sicht des Tabellen-16. prompt zur "Glaubensfrage" hoch. Nur Arminen-Trainer Michael Frontzeck wollte der religiösen Bedeutung dieses Spiels nicht zustimmen und erklärte ganz und gar irdisch: "Ich fahre doch nicht nach Dortmund, um mir in die Hose zu machen." (Neue Westfälische)

mes/Foto: AP

-

Quelle: SZ

2 / 9

Bayer Leverkusen - Borussia Mönchengladbach (Samstag, 15.30 Uhr)

Wenn, wonach es derzeit aussieht, Mönchengladbach doch noch den Klassenerhalt schafft, muss sich Borussen-Trainer Hans Meyer bei etlichen Menschen bedanken. Bei den Cottbusern, weil die am vergangenen Spieltag etliche Chancen ausgelassen haben und bei seinem Abwehrspieler Dante, weil der in allerletzter Minute noch das 1:0 erzielte. Bei den Schalkern, weil die am vorvergangenen Spieltag etliche Chancen ausgelassen haben und bei seinem Angreifer Colautti, weil der in allerletzter Minute noch das 1:0 erzielte. Und wahrscheinlich auch bei den Verantwortlichen von Bayer Leverkusen, die entschieden, ausgerechnet in der Rückserie der Saison 2008/09 ihr Stadion umzubauen und deswegen für die Heimspiele nach Düsseldorf auszuweichen.

2:4, 1:2, 1:1, 1:1, 1:1, 0:1, 2:2, so lautet die Heimbilanz - na, sollte man sagen Heimbilanz, oder nicht viel eher Stadionbilanz? - von Bayer Leverkusen nach dem Umzug nach Düsseldorf. Klingt Minusrekord-verdächtig und eröffnet andererseits Mönchengladbach alle Möglichkeiten, am Wochenende zu punkten oder gar zu siegen - und damit einen ganz wichtigen Schritt im Kampf um den Klassenerhalt zu machen. Denn auf die Konkurrenz aus Cottbus und Bielefeld warten Auswärtsspiele bei Mannschaften, die nicht in ein anderes Stadion umgezogen sind.

Foto: Getty

-

Quelle: SZ

3 / 9

VfL Bochum - Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr)

Ein Teil der Stadionbesucher des VfL Bochum und von Eintracht Frankfurt geben sich in diesen Tagen hasserfüllter Personenkritik hin. Beim Gastspiel in Hamburg hatte eine Gruppe der Bochumer Stehtribünen-Besucher ihren Kapitän Marcel Maltritz (Bild, rechts) ganz oben auf der Buh-Skala. Maltritz soll derart angegriffen gewesen sein, dass er in der Halbzeit am liebsten in der Kabine geblieben wäre. In Frankfurt hetzte die Ultra-Gruppe mal wieder gegen Trainer Friedhelm Funkel. "Meine Gefühlslage behalte ich für mich", antwortete der 55-Jährige.

Wutauslöser ist in beiden Klubs die sportliche Lage. Bochum blickt auf fünf Niederlagen in Folge zurück, außerdem auf vier Heimniederlagen in Folge. In Frankfurt schockierte das 0:5 gegen Bremen. Der Verlierer des direkten Aufeinandertreffens darf sich auf die nächsten Schimpftiraden einstellen. Auch gerne mit hundertfacher Stimme gegen Einzel-Personen. Das war in der Menschheitsgeschichte immer schon die liebste Form der Kritik.

hum/Foto: AP

-

Quelle: SZ

4 / 9

VfB Stuttgart - Energie Cottbus (Samstag, 15.30 Uhr)

Wenn sich die Bundesliga ihren entscheidenden Phasen nähert, kommt es nicht nur darauf an, besonders gute Einzelspieler in seinem Kader zu haben, besonders guten Fußball zu spielen usw., sondern auch auf eine ganz andere Fähigkeit: die Gabe, im Psycho-Spielchen-Kampf bestehen zu können.

Der bekannteste Psycho-Spielchen-Beherrscher ist Bayern-Manager Uli Hoeneß, und der einzige Meisterschaftskonkurrent, der einen Akteur mit Hoeneß'scher Psycho-Spielchen-Fähigkeit besitzt, ist der VfB Stuttgart. Dessen Torhüter Jens (oder besser: Uli) Lehmann freute sich nach dem 2:1 gegen Schalke und vor dem vermeintlich leichten Heimspiel gegen Cottbus nicht über die weiterhin gute Ausgangsposition seiner Stuttgarter, sondern schimpfte stattdessen über die Schiedsrichter: "Unsere Konkurrenten profitieren von Schiedsrichter-Entscheidungen. Die Bayern bekommen so manche Entscheidung zu ihren Gunsten ausgelegt, die gegen uns gepfiffen wird. Bei normalen Entscheidungen wären wir schon Meister. Wir könnten sechs Punkte mehr haben. Dabei sagt man ja eigentlich immer, dass sich alles in einer Saison ausgleicht." Ob das die Herren Weiner (pfeift Hoffenheim gegen Bayern) und/oder Aytekin (pfeift Stuttgart gegen Cottbus) beeindruckt?

aum/Foto: Getty

-

Quelle: SZ

5 / 9

Hamburger SV - 1. FC Köln (Samstag, 15.30 Uhr)

Apropos Schiedsrichterattacken, apropos Psycho-Spielchen; bei diesen Stichworten darf natürlich auch Kölns Trainer Christoph Daum (zur Erinnerung: Sportstudio 1989, Daum vs. Hoeneß/Heynckes) nicht fehlen. Der zeigte sich nach dem 1:2 gegen Hertha am Dienstag auch wieder als kritischer Beobachter der Schiedsrichter. "Da tauchte plötzlich ein überzähliger Torhüter auf", kommentierte er die Szene, als Herthas Abwehrspieler Simunic den Ball mit der Hand berührte. Das war an dem Tag, als noch nicht klar, wie am nächsten Tag Bielefeld und Cottbus spielen würden und Köln noch nicht endgültig gesichert war.

Nun ist zu 101 Prozent klar, dass die Kölner nicht absteigen, sondern sich am Ende auf einem Platz zwischen elf und 13 einpendeln werden. Von daher kann Daum die letzten Spiele ganz relaxed angehen, mögen da im Strafraum der Hamburger (33. Spieltag) oder der Bochumer (34. Spieltag) ein, zwei oder drei überzählige Torhüter auftauchen.

Ganz anders sieht die Situation für seinen Gegenüber Martin Jol aus. Denn dessen Mannschaft muss unbedingt siegen - ansonsten droht ihr, dass sie den Uefa-Pokal-Platz an den Verfolger aus Dortmund zu verliert.

aum/Foto: AP

-

Quelle: SZ

6 / 9

Hannover 96 - VfL Wolfsburg (Samstag, 15.30 Uhr)

Uli Hoeneß sendet schon mal nette Grüße: "Ich gehe davon aus, dass sich Hannover im Lokalderby und auch Werder am letzten Spieltag sehr bemühen werden." Der Bayern-Manager versucht, den Ehrgeiz der Wolfsburger Gegner ein bisschen zu stimulieren. Was im Falle Hannover 96 aber nicht nötig ist.

Bei 96 wären sie nicht unbedingt erfreut, wenn 90 Kilometer weiter das VW-Autokorso mit Meisterschale an Bord gefeiert wird. Vor allem Jacek Krzynowek würde das zu gerne verhindern. Der Pole war erst in der Winterpause vom VfL nach Hannover gewechselt, weil der dortige Trainer Felix Magath ihn nicht mehr berücksichtigte. Und Christian Schulz prophezeit den Wolfsburgern: "Wir werden uns richtig reinknien. Das wird unheimlich schwer für den VfL." Und verweist darauf, dass Hannover erst ein Heimspiel verloren hat: in der Hinrunde gegen Hoffenheim (2:5)

Nun muss Schulz (Grippe) passen - und hinterlässt ein Loch, denn zuletzt war er als Aushilfs-Innenverteidiger am Werk. Nun wird sich also ein anderer mit dem Wolfsburger 46-Tore-Angriff Edin Dzeko und Grafite auseinandersetzen müssen. Bei erfolgreicher Berufsausübung ruft anschließend vielleicht Uli Hoeneß an.

hum/Foto: Getty

-

Quelle: SZ

7 / 9

TSG Hoffenheim - FC Bayern München (Samstag, 15.30 Uhr)

Ralf Rangnick ist ein Trainer, der eher nach vorne blickt als zurück. In diesen Tagen ist er mal wieder eifrig damit beschäftigt, seinen Kader für die kommende Saison zu komponieren, aber vielleicht sollte er in einem ruhigen Moment doch mal nach hinten schauen, in jene Zeit Anfang Dezember, als die Zeitungen voll waren mit Lobeshymnen über seine Hoffenheimer.

Da war nach dem Spiel zwischen dem FC Bayern und der TSG Hoffenheim (2:1) unter anderen zu lesen: "Reif für die Champions League" (taz); "Folie für die Zukunft" (SZ); "Festgeldkonto gegen Moderne" (Financial Times Deutschland), wobei mit Moderne natürlich nicht die Mannschaft des damals noch tätigen Jürgen Klinsmann gemeint war. Selbst die grundlegendsten Weisheiten des Fußballs stellten die Beobachter auf den Kopf, wenn sie beispielsweise titelten: "1:2 gewonnen" (Frankfurter Rundschau). Und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung kommentierte zu diesem Spiel voller Entzücken: "Neuer deutscher Fußball."

Von Champions League, Zukunft, Moderne usw. ist in Hoffenheim nicht mehr viel geblieben, die Realität heißt Tabellenplatz sieben, und das mit dem neuen deutschen Fußball ist für dieses Spiel ja auch passé, weil zu diesem neuen deutschen Fußball auch Jürgen Klinsmann seinen Teil beitrug. Aber wahrscheinlich wird's ein ganz ansehnliches Spiel und für die Hoffenheimer am Saisonende eine ganz ansehnliche Platzierung - immer daran gemessen, dass dieser Verein im vergangenen Jahr noch in Liga zwei spielte.

aum/Foto: dpa

-

Quelle: SZ

8 / 9

Hertha BSC Berlin - FC Schalke 04 (Samstag, 15.30 Uhr)

Rechtzeitig zu zwei eventuell historischen Partien hat Hertha BSC sein Hertha-Museum eröffnet. Zwar vorerst nur virtuell im Internet, an der realen Ausstellung wird noch gearbeitet. Doch nun kann sich der Interessierte immerhin im Computer erinnern, wie das damals war, als Hertha BSC Deutscher Fußball-Meister wurde.

Dabei stößt man in den Jahren 1930 und 1931 auf bemerkenswerte Parallelen zum Jahr 2009. Die Berliner gewannen die Finals gegen Kiel und 1860 München jeweils mit einem späten Treffer und einem Tor Unterschied. Die neue Hertha scheint sich an diese glorreiche Zeit gut zu erinnern: Von 19 Siegen in dieser Saison fielen 14 nur mit einem Tor Unterschied aus.

Mit dieser Minimalserie hat die Mannschaft in der Hauptstadt eine völlig neue Hertha-Euphorie ausgelöst. Plötzlich glauben der Manager (Hoeneß: "Wir wollen mehr"), Spieler (Arne Friedrich: "Wir wollen Meister werden") und Fans (statt 30 Kiebitzen tummeln sich derzeit Hunderte auf dem Trainingsplatz, für das letzten Heimspiel der Saison hätten mehr als 150.000 Karten verkauft werden können) an die erste Meisterschaft seit 78 Jahren. 78 Jahre!

Als Trainer Lucien Favre übrigens gefragt wurde, wie er sich denn das so ausmale, mit dem offenen Wagen durchs Brandenburger Tor zu fahren, beendete er kurzerhand die Fragestunde. Das mit der Euphorie scheint noch nicht bis zu ihm durchgedrungen zu sein.

hum/Foto: AP

-

Quelle: SZ

9 / 9

Werder Bremen - Karlsruher SC (Samstag, 15.30 Uhr)

Dieses Spiel ist nach Informationen aus dem Umfeld beider Mannschaft keine Bundesliga-Partie, sondern etwas ganz anderes. Für Werder Bremen ist die Partie gegen den Tabellenletzten so etwas wie ein Abschlusstraining für das Uefa-Cup-Finale am kommenden Mittwoch, das unter dem Motto steht: "Bitte nicht noch mehr Ausfälle!" Deshalb schont Trainer Thomas Schaaf auch die angeschlagenen Naldo und Claudio Pizarro. "Ich will kein Risiko eingehen", sagt Schaaf. Diego (Foto) indes wird spielen, aber der ist ja beim Endspiel in Istanbul gesperrt.

In Karlsruhe dagegen geht es zwar theoretisch immer noch um den Klassenerhalt, doch haben sich die Spieler bereits mit dem Abstieg abgefunden. "Unsere Chancen sind gleich Null, wir sind ja keine Fantasten", sagte etwa Kapitän Maik Franz nach der Niederlage gegen Hannover 96. Deshalb geht es bei diesem Spiel für nicht wenige Spieler darum, sich für einen Vertrag zu empfehlen - ob nun beim KSC oder bei einem anderen Verein.

jüsc/Foto: AP

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: