Fußball-Bundesliga:Der FC Bayern bietet keinen Abend für Ästheten

Hamburger SV v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Nicht schön: Bayern-Spieler Thomas Müller (links) und HSV-Profi Ivo Ilicevic wetteifern um den Ball

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Benedikt Warmbrunn, Hamburg

Direkt an den Trainerbänken im Hamburger Volksparkstadion steht jeweils das Werbeplakat eines Modehauses, und das war nun gleich die perfekte Bühne für die Abschiedstournee des Pep Guardiola durch die Fußball-Bundesliga. Auf dem Plakat lächelt ein Anzugträger neben Uwe Seeler (immerhin mit auffälliger grasgrüner Hose), hinzu kommt bei Heimspielen des Hamburger SV ja stets der Anzugträger Bruno Labbadia, und nun, an diesem ersten Abend seiner letzten Halbserie als Trainer des FC Bayern München, eben Guardiola, grauer Anzug, schwarze Oxford-Schuhe, schwarzer Schal, dazu eine schwarze Daunenjacke.

Modisch, das ist unbestritten, wird Pep Guardiola fehlen, wenn er im Sommer die Bundesliga verlässt.

Guardiola sieht sich selbst aber eher als Taktik-Designer, als einen, der am liebsten jede Woche ein neues Modell an Startelf auf den Rasen schickt. Natürlich hielt er das so auch am Freitagabend, an seinem ersten Auftritt, nachdem sein Abschied angekündigt wurde. Viel war vor dem Spiel darüber gesprochen worden, wie sehr das nahende Ende der Ära Guardiola seine Arbeit und die der Mannschaft beeinflussen würde. Ob er sich zumindest ein klitzekleines Bisschen weniger auf die Liga konzentrieren werde und dafür mehr auf die Champions League, auf diesen einen Titel, den er mit dem FC Bayern noch nicht gewonnen hat. Zumindest das Ergebnis vom Freitag dürfte das Gerede beenden, der FC Bayern startete mit einem 2:1 (1:0) beim HSV in die Rückrunde. Viel mehr als das Ergebnis stimmte aber auch nicht an diesem Abend.

Der FC Bayern mühte sich über weite Strecken in der Hamburger Eiseskälte gegen einen disziplinierten, robust verteidigenden Gastgeber. Der HSV attackierte leidenschaftlich, er fand immer wieder einen schnellen Weg zum Tor. Beim FC Bayern verließen sie sich lange darauf, dass ihnen schon noch diese eine entscheidende Idee kommen werde, um den lästigen Gegner auszuspielen. Sie warteten lange vergeblich. Dafür halfen ihnen zwei verhängnisvolle Aussetzer der Hamburger Defensive.

Der Trainer Labbadia jedenfalls konnte sich gar nicht mehr beruhigen, als er später auf die Siegtreffer der Bayern angesprochen wurde, er nannte sie abwechselnd "Dreckstore", "total doof", "billige Tore", "Duseltore" und "zum Kotzen für uns". Guardiola würde so natürlich nie daherschimpfen.

Der Bayern-Coach hatte seine Mannschaft in eine schnittige Startelf gesteckt. In der Abwehr begann Holger Badstuber anstelle von Javier Martínez, und die Abwehr, das war keine ganz neue Idee mehr, die Abwehr war eine Dreierkette, keine Viererkette. Links verteidigte David Alaba, in der Mitte Badstuber, rechts Jérôme Boateng. Philipp Lahm rückte dafür ins zentrale Mittelfeld neben Xabi Alonso, hatte der HSV den Ball, zog sich Lahm jedoch wieder auf seine Rechtsverteidigerposition zurück, auch Alonso ließ sich oft zurückfallen. Aus der Abwehr, die keine Viererkette war, wurde dann eine Fünferkette.

Adler bringt Müller ungestüm zu Fall

Diese Abwehr sollte das Spiel weit hinten eröffnen, den HSV weit vom eigenen Tor weg locken, und dann sollte sich der FC Bayern schnell nach vorne spielen; neben Angreifer Robert Lewandowski lauerte daher auch Kingsley Coman als Linksaußen auf Höhe der Hamburger Abwehrreihe, die auch an diesem Abend eine Viererkette war. Ein Teil dieses Plans funktionierte auch, der HSV ließ sich locken. Aber nicht so naiv, dass sich Räume für die Gäste öffneten. Vielmehr standen die Hamburger so geschickt gestaffelt, dass der FC Bayern oft den riskanteren Pass wählen musste, und nicht immer ging das gut. Selbst der sonst so sichere Xabi Alonso fiel mit dem einen oder anderen Fehlpass auf. In der 27. Minute, nach einem langen Ball von Boateng, fasste sich Guardiola gar an den Kopf, so entsetzt war er über die mangelnde Umsetzung seiner Vorgaben.

Der HSV versuchte, nach Ballgewinnen nur wenige Sekunden bis zum Torschuss vergehen zu lassen, in der 21. Minute zum Beispiel verpasste Dennis Diekmeier nach einem solchen Tempogegenstoß knapp das Tor. Dann half dem FC Bayern ein erster Aussetzer des HSV: Lahm spielte einen langen Ball auf Müller, der Hamburger Torwart René Adler brachte Müller etwas ungestüm zu Fall, Elfmeter. Lewandowski traf sicher (37.). In der zweiten Halbzeit ging der HSV mehr Risiko ein, das lohnte sich prompt: Nach einem Freistoß von Aaron Hunt stocherte Pierre-Michel Lasogga am Ball vorbei, das reichte um Manuel Neuer zu irritieren, der Ausgleich (53.).

Boateng fällt wegen einer Oberschenkelverletztung aus

Über Coman und Douglas Costa, der jetzt wieder links wirbeln durfte, konterte nun immer häufiger der FC Bayern. Für den Endstand musste wieder ein Aussetzer des HSV helfen. Nach einem Schuss von Müller stand Lewandowski alleine im Strafraum, er lenkte den Ball ab, ins Tor (61.). Doch selbst er jubelte erst verzögert, da der Linienrichter nicht seine Fahne hob - zurecht: Diekmeier hatte es verschlafen, aus dem Strafraum zu laufen.

Dreckstor? Thomas Müller war nicht dieser Meinung, er habe "Lewa extra noch gerufen", berichtete er, es sollte nach einem Plan klingen. Einen Unterschied machte es allerdings auch nicht. Der FC Bayern verlor dann noch Boateng, wohl mit einer Oberschenkelverletzung. Wie lange der Verteidiger ausfällt, war zunächst unklar. In den letzten Minuten mauerten sich die Münchner hinten ein. Das sah nicht schön aus, Pep Guardiola war unzufrieden. Aber manchmal reicht auch einem Ästheten wie ihm das richtige Ergebnis.

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