Fußball-Bundesliga:Borussia Dortmund ist Deutscher Meister

Mit einem 2:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach sichern sich die Dortmunder am 32. Spieltag den Titel in der Bundesliga. Zunächst schien der späte Erfolg des FC Bayern bei Werder Bremen die Feierlichkeiten noch ein wenig hinauszuzögern, doch dann schafft die Elf von Jürgen Klopp einen überzeugenden Sieg.

Benjamin Romberg

Entsetzen sprach aus den Gesichtern der Dortmunder Spieler. Vor einem Fernseher in den Katakomben des Signal Iduna Parks hatten sie sich versammelt und verfolgten, wie Franck Ribéry Sekunden vor Schluss den Siegtreffer für Bayern in Bremen erzielte. Kevin Großkreutz vergrub das Gesicht in seiner Trainingsjacke. Plötzlich war der BVB selbst wieder gefordert, plötzlich musste ein Sieg im Heimspiel gegen Mönchengladbach her, um die schwarz-gelbe Sause nicht doch noch verschieben zu müssen.

Fußball-Bundesliga: Raus mit der Anspannung: Jürgen Klopp nach dem Treffer zum 1:0 für seine Mannschaft.

Raus mit der Anspannung: Jürgen Klopp nach dem Treffer zum 1:0 für seine Mannschaft.

(Foto: AP)

Die Party konnte stattfinden: Mit einem überzeugenden 2:0-Sieg sichern sich die Dortmunder die achte Meisterschaft ihrer Vereinsgeschichte. Durch Tore von Ivan Perisic (23.) und Shinji Kagawa (59.) gelingt dem BVB die Titelverteidigung. "Wenn es jemals einen verdienten Meister gab, dann sind wir das", sagte Trainer Jürgen Klopp. "Was die Jungs heute abgerissen haben, dafür gibt's keine Worte". Wie schon im vergangenen Jahr ist der Borussia die Schale schon nach dem 32. Spieltag nicht mehr zu nehmen - auch nicht von den Bayern. "Die Mannschaft hat heute wunderbar gespielt. Ich freue mich, dass die Bayern in Bremen gewonnen haben, sonst hätten wir das heute so nicht erlebt", sagte BVB-Geschäftsfürher Hans-Joachim Watzke.

Fast noch größer war die Erleichterung unter den Fans. Schon seit dem Vormittag feierten die BVB-Anhänger in der Dortmunder Innenstadt. Die Wirte hatten alle Hände voll zu tun: In den Kneipen hatten sich die Fans versammelt, um die Nachmittagsspiele der Bundesliga zu verfolgen. Viele Dortmunder, allen voran Jürgen Klopp, hätten lieber selbst gespielt, als nun das Spiel der Bayern in Bremen ansehen zu müssen. Es hätten besser alle Spiele um 15.30 Uhr stattfinden sollen, hatte der BVB-Trainer moniert.

So durften die Dortmunder den Bremer Führungstreffer durch Verteidiger Naldo (51.) bejubeln. Ganz nah war die Meisterschaft nun. So sahen die Schwarz-Gelben aber dann auch den Ausgleich für Bayern - auch den erledigte Naldo (75.) mit einem grotesken Eigentor. Egal, ein Remis hätte für die vorzeitige Titelverteidigung gereicht. Schließlich mussten die Dortmunder aber mitansehen, wie Ribéry (90.) das Spiel für München drehte - und den Vorsprung des BVB auf fünf Punkte schmelzen ließ. Dabei hatte Jupp Heynckes seine Mannschaft fast ohne Stammspieler auflaufen lassen: Ribéry, Robben und Co. schonten sich für das Rückspiel im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid.

Stammkräfte schonen? Das konnte Klopp freilich nicht riskieren. Warum auch? Man Hatte im Vorfeld den Eindruck, ihm wäre es ohnehin lieber, wenn seine Mannschaft den Titel auf dem Platz holt und nicht vor dem Fernseher. So ließ er die beste Elf los, die er zur Verfügung hatte. Kevin Großkreutz gehörte nicht dazu. Unter der Jacke hatte der nämlich eine grünlich-blau verfärbte Nase verborgen, eine Verletzung aus dem Training. Für ihn rückte Torschütze Perisic in die Startelf. Sebastian Kehl ersetzte Sven Bender, Neven Subotic kehrte nach überstandener Verletzung für Felipe Santana zurück in die Abwehr. Gäste-Trainer Lucien Favre musste auf Patrick Neustädter verzichten, für ihn spielte Tony Jantschke im defensiven Mittelfeld der Borussen.

Die Fans hatten sich zu Spielbeginn offenbar schon vom Schock durch den späten Ribéry-Treffer erholt. "You'll never walk alone", gab die Südtribüne zum Besten. An der Anfield Road in Liverpool wäre man vielleicht nicht neidisch, aber wenigstens beeindruckt gewesen. Beeindruckt waren anfangs auch die BVB-Akteure auf dem Feld. Gladbach spielte forsch, versteckte sich nicht. Im Gegenteil: Die Gäste störten früh und hatten in der achten Minute sogar Pech, dass Marco Reus bei einem Steiplass von Mike Hanke denkbar knapp im Abseits stand.

Nur wenig später kamen dann aber auch die Dortmunder zu ihrer ersten Chance: Robert Lewandowski zielte von der Strafraumgrenze nur knapp am linken Pfosten vorbei (10.) - Marc-Andre ter Stegen war am Flachschuss des Polen sogar noch mit den Fingerspitzen dran. Aus noch aussichtsreicherer Position vergab Shinji Kagawa kurz darauf (14.). Bei der besten Möglichkeit der Anfangsphase zeigte ter Stegen dann, warum er im Juni vielleicht mit der Nationalmannschaft zur EM reisen darf. Eigentlich schon geschlagen warf er sich noch mit vollem Körpereinsatz in den Nachschuss von Lewandowski aus kürzester Distanz (20.). Zuvor hatten die Gladbacher Glück, dass Kagawa nur den Pfosten traf.

Verdiente Führung, verdienter Sieg

Der vediente Führungstreffer für den BVB resultierte dann aus einer Standardsituation. Über die hatte Klopp vor dem Spiel noch gegrübelt. "Ich habe das Bayern-Spiel nicht verfolgt" behauptete der BVB-Trainer. Er habe Standardsituationen besprochen. Offensichtlich kam Klopps Desinteresse an der Partie des Rivalen seiner Mannschaft zugute: Denn es war ein perfekt geschlagener Freistoß von Marcel Schmelzer, der sich in den Strafraum senkte, direkt auf den Kopf von Perisic, der keine Mühe hatte, den Ball aus sechs Metern einzunicken. Unglaublich: Ter Stegen hatte seine flinken Finger sogar in dieser Situation noch im Spiel.

Das Führungstor ließ die Bilder aus Bremen verblassen. Ribéry und Naldo waren vergessen - da war sie wieder: die Meisterschaft. "Deutscher Meister wird nur der BVB", hallte es von den Rängen, wenngleich noch etwas zaghaft. Die Spieler in den schwarz-gelben Trikots schienen das jedoch in dieser Phase tatsächlich für ein unumstößliches Gesetz zu halten. Sie wurden nachlässig. Plötzlich war Philipp Daems auf der linken Seite völlig frei. Hanke lauerte am langen Eck auf dessen Hereingabe - nachdem er diese erfolgreich im Tor verstaut hatte, musste der Gladbacher Stürmer aber feststellen, dass der Treffer nicht zählte. Daems hatte vor seiner Flanke im Abseits gestanden (34.).

Mit der Konzentration kehrten in der Folge dann auch die Chancen zurück ins Dortmunder Spiel: Der starke Mats Hummels (37.) und auch Perisic (45.) scheiterten aber erneut am besten Gladbacher Spieler heute. Der stand zwischen den Pfosten.

In der zweiten Halbzeit demonstrierten die Dortmunder dann zunächst, warum die Meisterschaft nicht schon länger entschieden ist: Aussetzer in der Defensive sorgen immer wieder für Unruhe und haben in dieser Spielzeit einige Punkte gekostet. So geschehen bei einem Gladbacher Angriff in der 54. Minute. Bald-Dortmunder Reus überlupfte Schmelzer, umkurvte ter Stegen, scheiterte aber dann doch an Schmelzer, der auf der Linie klärte.

Anschließend demonstrierten die Dortmunder, warum sie auch in München als "verdienter Meister" betitelt werden. Sie tragen ihre Angriffe schnell, präzise und meist auch mehr als ansehnlich vor. So zum Beispiel beim Treffer zum 2:0: Ein perfekt gespielter Konter. Schmelzer schickte Perisic auf dem linken Flügel, der Kroate steckte in den Strafraum durch auf Kagawa - der Japaner umkurvte ter Stegen und schob aus spitzem Winkel ein.

Klopp kam herbeigesprintet, um Kagawa zu herzen. An Ribérys späten Siegtreffer dachte in Dortmund lange keiner mehr. "Deutscher Meister wird nur der BVB", war erneut zu hören - dieses Mal voller Überzeugung und viel lauter. Als dann noch Mario Götze nach langer Verletzung sein Comeback feierte, war die Party perfekt.

Eine offizielle Feier wird es vorerst nicht geben, die soll erst am 13. Mai nach dem Pokalfinale steigen. Beim Stammitaliener wird sich die Mannschaft am späteren Abend einfinden. "Ein, zwei Bier" werde man sicherlich trinken, versprach Großkreutz, der Party-Beauftrage beim alten und neuen deutschen Meister. Der Fernseher bleibt dann vermutlich aus.

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