Fußball: Testturnier in München:Zwei Mal Elfmeterschießen

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Nur Arjen Robben lächelt nicht: Der FC Bayern hinterlässt gegen den AC Mailand einen guten Eindruck. Im Finale treffen die Münchner auf den FC Barcelona, der gegen Porto Alegre lustlos agiert - im Endspiel aber mehr als eine B-Elf präsentieren will.

Moritz Kielbassa und Carsten Eberts, Fröttmaning

Seit seiner Ankunft in München erhält Jupp Heynckes, der altgediente neue Trainer, Komplimente: für den Klimawandel im Verein, für die ungezwungene Arbeitsatmosphäre und für die Rückkehr zur klassischen Fußball-Lehre nach FC-Bayern-Art - ohne stilistische Revolutionsversuche, wie bei seinen Vorgängern. Mit 66 kennt Heynckes jedoch das Geschäft und seine Bayern von A bis Z, er weiß: "Vorschusslorbeeren sind das eine, Gewinnen ist das andere!"

Der FC Bayern gewinnt das Elfmeterschießen gegen den AC Mailand, ohne dass Manuel Neuer einen Ball abwehren muss. (Foto: dpa)

Beim Stresstest sechs Tage vor dem ersten Pflichtspiel, dem DFB-Pokal-Auftritt am Montag bei Eintracht Braunschweig, gab es im Halbfinale gegen den AC Mailand wie zuletzt gemischte Eindrücke, mit mehr Licht als Schatten.

Auch das Gewinnen klappte, nach einem 1:1 setzte im Elfmeterschießen der eingewechselte Mailänder Alberto Paloschi den Ball in die Wolken, alle anderen trafen - 5:3 also für die Bayern, die im neuen schwarzen Champions-League-Trikot antraten und im Wunschfinale am Mittwoch auf den FC Barcelona treffen. Das weltbeste Team siegte mit einer B-Elf gegen Internacional Porto Alegre, ebenfalls nach Remis (2:2) und Elfmeterschießen (4:2).

Ein Teilnehmerfeld erster Güte, 69.000 Zuschauer in Sommerpartylaune, Showaufführungen und ein motivierter Stadionsprecher ("Liiiebe Audi-Cupianer!") - als Event funktionierte der erste Turnierabend gut. Bei den Bayern führte Heynckes auch am Dienstag nicht die neue Wunschabwehr zusammen.

Zwar gaben Rechtsverteidiger Rafinha und der von den Fans wohlwollend empfangene Torwart Manuel Neuer ihr Wettkampf-Debüt in der Arena. Innenverteidiger Jerome Boateng jedoch, nach Verletzung und verspäteter Ankunft aus Manchester noch mit Nachholbedarf, kam erst spät in die Partie, und zwar rechts - sein Halbbruder Kevin-Prince war bei Milan bereits ausgewechselt.

Auch Franck Ribéry, Bayerns Dauerpechvogel, musste mit eingegipstem Knöchel (Kapsel- und Bänderverletzung) zusehen. Für den Franzosen rückte Thomas Müller, er kennt das ja aus dem Vorjahr, im offensiven Mittelfeld auf links. Müllers angestammten Platz in der kreativen Mitte nahm Toni Kroos ein, ihn will Heynckes, wie einst in Leverkusen, mit angemessener Strenge ans zuletzt selten erreichte Leistungslimit führen, ihm mehr Biss und Zielbewusstsein beibringen.

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Carsten Eberts, Fröttmaning

Anatoli Timoschtschuk, bei Heynckes ebenfalls hoch im Kurs, besetzte neben Schweinsteiger die Zentrale - womöglich schon Personalien mit Aussagekraft, denn alle anderen Größen des Teams waren in der Startelf. Milan stellte ein Spaßverderber-Mittelfeld mit kantigen Kameraden entgegen: Boateng, Gattuso - und Mark van Bommel, bis Ende 2010 der niederländische Leitbulle der Bayern. Vor dem Anpfiff wurden van Bommel die Abschiedspräsente des Vorstands und der Beifall der Fans nachgereicht.

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Carsten Eberts, Fröttmaning

Dann ging's los, und trotz des Appells von Heynckes für mehr defensive Sorgfalt, für "mehr Balance zwischen Angriff und Abwehr" waren die ersten Eindrücke des Abends die alten: vorne sehenswerte Szenen, hinten anfällig, mit Abstimmungsproblemen.

Kaum hatte der auffällig gute Torjäger Mario Gomez seine erste Chance vergeben, legte ein einfacher Steilpass eine Riesenlücke in Bayerns Defensive offen, Sturm-Hüne Zlatan Ibrahimovic schloss allein vor Neuer kühl ab, 0:1 (4.). Elfte Minute, ähnliche Szene: Ibrahimovic legte elegant vor, wieder zu Ungunsten der linke Seite von Bayerns Viererkette, diesmal steuerte Milan-Rabauke Cassano ungestört auf Neuer zu. Und nun zeigte der neue Torsteher in seinen neongrünen Kleidern, warum die Münchner ihn als "Königspersonalie" dieses Sommers feiern. Neuers Parade verhinderte ein sehr frühes 0:2.

Heynckes stand auf, um seiner Abwehr Anweisungen zu erteilen, Badstubers Vorname Holger war deutlich zu hören. Der Trainer sah nicht zufrieden aus in seinem grauen Anzug, wurde aber milder gestimmt: Rafinha fasste sich vorne zweimal ein Herz, verfehlte sein Premierentor nur knapp (21./41.).

Und Kroos? Rechtfertigte sein Mitwirken mit dem 1:1 (34.), einem trockenen Flachschuss aus 18 Metern, van Bommel und Gattuso standen nett Spalier. Überhaupt standen die Mailänder recht oft und recht tief, athletisch und auch fußballerisch waren die Bayern zunehmend klar überlegen - aber sie nutzten ihre ordentlichen Möglichkeiten nach der Pause nicht.

Arjen Robben verließ die Veranstaltung schimpfend. Er bekam einen Tritt gegen den Knöchel und ließ sich auswechseln. Er war wohl nicht ernsthaft verletzt - hatte aber merklich keine Lust, weiter getreten zu werden. (Text: Moritz Kielbassa)

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Carsten Eberts, Fröttmaning

Das erste Halbfinale des Münchner Spaßturniers endete dann doch, wie es der geübte Beobachter erwarten konnte. Der FC Barcelona, Champions-League-Sieger und erklärte Wundermannschaft dieses Planeten, bezwang den SC International Porto Alegre.

Nicht gerade üppig, jedoch immerhin 4:2 (2:2) siegten die Spanier schließlich nach 90 eher langweiligen Minuten und nach einem spannenden Elfmeterschießen. Barcelona steht damit im Finale des Audi-Cups, trifft dort am Mittwoch auf den FC Bayern. Genau so, wie es jeder erwarten konnte.

"Es ist ein wunderbares Stadion", sagte Barcelonas Trainer Pep Guardiola nach dem Spiel dann auch ausweichend, "ich habe junge Spieler dabei und will sehen, wie sie sich präsentieren."

Dass das Niveau beim Auftakt des hochkarätigsten Testturniers der Sommerpause jedoch höchst überschaulich blieb, war dann doch überraschend. Noch vor wenigen Tagen hatte Barcelonas Chefstratege Xavi der Süddeutschen Zeitung ein Interview gegeben - und darin Lust auf alles gemacht, was nur im entferntesten mit dem FC Barcelona zu tun hat.

Xavi erzählte wort- und gestenreich, wie er Lionel Messi, den kleinen Weltfußballer, auch an schlechten Tagen stets zum Spielen bringt: Indem er Messi zu sich ins Mittelfeld ruft, ihm dort das Spielgerät übergibt, es wieder zurückfordert, mit ihm spielt, so lange, bis auch Messi wieder gute Laune hat. Dann schickt er den kleinen Leo wieder auf die Reise - und alles wird gut.

Entsprechend groß war die allseitige Enttäuschung, dass Barcelona in München lediglich eine B-Elf präsentierte: Xavi und zahlreiche weitere Hingucker blieben zunächst auf der Bank, Messi fehlte gar komplett: Der Argentinier durfte noch Urlaub machen, nach der kräftig vermaledeiten Copa América.

So las sich anfangs ausschließlich die Ersatzbank des FC Barcelona wie ein Fünf-Sterne-Menü mit doppeltem Nachtisch: Gerard Piqué, Carles Puyol, Xavi, dazu David Villa, Pedro und Eric Abidal. Es war beruhigend zu sehen, dass solche Wechseleien auch bei diesem Klub der Qualität schaden. Ein begeisterndes Spiel lieferte der FC Barcelona in München gewiss nicht.

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Natürlich hatte der Klub dennoch eine passable Startelf; wer in Barcelona Ersatzspieler wird, kann gemeinhin auch einen Ball geradeaus passen - und das meist mit nur einem Kontakt. So wie in der 15. Spielminute: Eine feine Freistoßvariante brachte den Ball über Andrés Iniesta und Marti Riviola auf Alcátara Thiago. Porto Alegre staunte, Thiago hatte frei vor dem brasilianischen Keeper Muriel nur wenig Mühe, zum 1:0 zu verwerten. Soriano hätte kurz darauf noch erhöhen können - er traf jedoch nur die Latte.

Ansonsten gaben sich die Spanier alle Mühe, den nachhaltigen Eindruck zu erwecken, wie wenig ihnen dieser Testkick doch bedeutet. Ihre Liga beginnt erst in knapp einem Monat, die Vorbereitung ist noch nicht allzu weit. Wer will sich da in München schon verausgaben oder gar verletzen?

Was dem Spiel noch weniger gut tat, war die Tatsache, dass auch der FC International aus Porto anfangs wenig Erquickendes zeigte. Die Brasilianer, zuletzt 2010 Sieger der Copa Libertadores, schickten zwar klangvolle Namen auf den Platz: Elton war dabei, auch Kleber und der ehemalige Borusse Tinga sowie der frühere Wolfsburger Andres d'Allessandro. Den Respekt legte der Klub jedoch anfangs nicht ab.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit korrigierte Barca-Trainer Pep Guardiola seine Elf zumindest ein wenig: Er brachte David Villa und Eric Abidal, was die Brasilianer lustigerweise dazu bewog, die ersten gelungenen Angriffe zu starten. Leandro Damiao rempelte sich etwas glücklich durch Barcelonas Strafraum, als alle auf den Pfiff von Schiedsrichter Felix Brych warteten, vollendete Nei zum Ausgleich (59.). Gleich darauf setzte Andrezinho eine Flanke an den Pfosten.

Das brasilianische Hochgefühl wehrte jedoch nur vier Minuten. Dann kam der junge Jonathan dos Santos an den Ball, den er formschön von der Strafraumgrenze ins rechte, untere Eck schlenzte (63.). Doch Porto Allagre kam noch einmal zum Ausgleich: Nach einer Ecke von links blieb Barcelonas Ersatzkeeper Pinto bemerkenswert ruhig auf der Linie, der Ball rauschte nur knapp an ihm vorbei, auf den Kopf von Leandro Damio, der zum 2:2 einnickte (86.).

"Es war ein ordentliches Spiel von uns", sagte Thiago nach dem Spiel. Er durfte das sagen, er hatte ja auch ein Tor geschossen und damit für ein wenig Aufsehen gesorgt. "Es wird ein großes Finale am Mittwoch", sagte Thiago. Ob er dann in der Startelf stehen wird, darf bezweifelt werden. Guardiola soll dem Münchner Publikum zumindest einige seiner prägenden Akteure präsentieren wollen.

Das Elfmeterschießen konnte der FC Barcelona nicht mehr verhindern - vermied dort jedoch zumindest die Niederlage. Villa, dos Santos, Carmona und Armando trafen, Jeffren verschoss, jedoch auch die Brasilianer Damiao und Zé Maria. Barcelona steht damit im Finale des Audi-Cups. Ob sie nun wollten oder nicht. (Text: Carsten Eberts)

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde Gabriel Milito als Schütze des 2:1 ausgewiesen. Wir haben diesen Fehler korrigiert.

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