Fußball:An der Grenze

03 05 2015 Fussball Saison 2014 2015 2 Fussball Bundesliga 31 Spieltag SpVgg Greuther F; Mike Büskens

"Wir haben es selbst in der Hand", sagt Mike Büskens, unter dem die SpVgg Greuther Fürth tiefer in die Krise geschlittert ist.

(Foto: imago)

Unter Mike Büskens sollte die SpVgg Greuther Fürth Abstiegsnöte vermeiden. Vor den letzten Spielen wirkt der Trainer ratlos.

Von Benedikt Warmbrunn

In einer der älteren Geschichten über Mike Büskens geht es um eine Wassermelone. Büskens war damals ein junger, athletischer Mann, er spielte für Schalke 04, und an einem Abend traf er sich mit seinem Mitspieler Yves Eigenrauch. Beide waren gut drauf, und auf einmal sahen sie dann eine Wassermelone. Ob sie, die Bundesliga-Fußballer, auch mit einer Wassermelone mit den Füßen jonglieren könnten? Büskens und Eigenrauch, beide haben einen Hang zu skurrilen Einfällen, überlegten nicht lange. Sie fingen an zu jonglieren. Und in dieser Geschichte geht es natürlich nicht darum, dass die Wassermelone irgendwann aufbrauch. Es geht darum, dass das Kunststück erst einmal klappte. Wenn auch nur kurz.

Unter Büskens hat Fürth in zehn Spielen nur sieben Punkte gesammelt

Nun hat eine Wassermelone im Abstiegskampf der zweiten Bundesliga nichts zu suchen. Genauso wenig wie Yves Eigenrauch, der inzwischen 24 Stunden am Tag als überzeugter Ruhrgebietler lebt. Und doch gehört die Anekdote in den Abstiegskampf. Weil sie davon erzählt, dass Mike Büskens manchmal einen völlig verrückten Einfall hat. Und weil sie davon erzählt, dass diese völlig verrückten Einfälle manchmal sogar funktionieren können.

Mike Büskens, der Mann, der eine Wassermelone mit dem Fuß jonglieren kann, braucht jetzt wieder so einen Einfall. Sehr dringend sogar.

Sieben Mannschaften spielen in der zweiten Liga noch gegen den Abstieg, alle sieben Mannschaften haben an diesem Sonntag (15.30 Uhr) ein Heimspiel und eine Woche später ein Auswärtsspiel. Auch die SpVgg Greuther Fürth gehört zu diesen Mannschaften in Abstiegsgefahr, das Team empfängt zunächst den Aufstiegskandidaten Darmstadt. Ausgerechnet gegen diesen Gegner muss Büskens, der Trainer, eine äußerst schwierige Herausforderung bewältigen. Er muss einen Trend stoppen. Einen Trend, der inzwischen auch mit seinem Namen verbunden ist.

In den vergangenen fünfeinhalb Monaten hat die Mannschaft, die am dritten Spieltag Tabellenführer war, nur zwei Spiele gewonnen, es ist eine Serie, wie sie negativer nicht einmal im Wassermelonenjonglieren ausfallen könnte. Bisher konnte Büskens diese Serie nicht stoppen. Mitte Februar folgte er auf den beurlaubten Frank Kramer; Präsident Helmut Hack hatte ihn geholt, damit Fürth erst gar nicht in ernsthafte Abstiegsnöte kommen sollte. Zehn Spiele später hat das Team sieben Punkte mehr gesammelt - von den Konkurrenten im Abstiegskampf war nur der FSV Frankfurt noch weniger erfolgreich (sechs Punkte). Der FC St. Pauli dagegen gewann allein in dieser Zeit zehn Punkte mehr als Fürth. In der Tabelle ist das Team in diesen zehn Spielen zwar nur um einen Platz nach unten gerutscht, dafür ist der Abstand auf einen direkten Abstiegsplatz auf einen Punkt geschrumpft.

Was zu dieser Krise geführt habe? Die Mannschaft habe ein paar Punkte zu wenig gesammelt, sagt Büskens, im Detail habe das "natürlich ein paar Gründe mehr". Doch diese "jetzt einzeln zu skizzieren, hilft uns in dieser Phase nicht weiter". Es sind Aussagen eines Trainers, der weiß, dass ihm unbedingt ein verrückter Einfall kommen muss. Aussagen eines Trainers, der ein bisschen ratlos ist.

Hack hatte Büskens im Februar auch geholt, weil der Trainer den größten Erfolg der Vereinsgeschichte zu verantworten hatte, den Bundesliga-Aufstieg 2012, als unermüdlicher Optimist, als leidenschaftlicher Motivator. Die Partien gegen Darmstadt und am letzten Spieltag in Leipzig sind daher auch Partien, in denen es um Büskens Platz in der Fürther Geschichte geht - darum, ob er auch am größten Misserfolg der Vereinsgeschichte, einem möglichen Abstieg, beteiligt sein wird.

Zuletzt hatte Präsident Hack immer wieder betont, dass es der Mannschaft an Selbstvertrauen fehle, dass die Krise psychologische Ursachen habe. Dass es also weiter auch in der Disziplin nicht funktioniert, die als Büskens' Spezialdisziplin gilt: die Motivation.

Der Trainer lebt seine Rolle aus vergangenen Erfolgstagen jedoch weiter konsequent vor, er hat ja auch keine andere Möglichkeit. Büskens bleibt auch in dieser Phase Büskens, er schaut optimistisch nach vorne, sieht Chancen statt vergangenen Mängeln. "Wir haben es selbst in der Hand", sagt er, "es stehen vier Mannschaften hinter uns, und die müssen auf unsere Fehler hoffen." Allerdings ist seine junge Mannschaft selbst durchaus fehleranfällig; beim 0:3 am vergangenen Sonntag in Heidenheim war das erste Gegentor eine Ping-Pong-Konstruktion, das zweite verursachte ein kollektives Mittagsschläfchen, das dritte ein Foulelfmeter (weswegen Robert Zulj gegen Darmstadt aufgrund einer Rot-Sperre fehlt).

"Wir müssen Grenzen überwinden", sagt Büskens, "und damit meine ich nicht die der Fairness, sondern unsere eigenen." Dennoch betonte der Trainer vor dem Heimspiel gegen Darmstadt noch einmal, wie wichtig erfolgreiche Zweikämpfe sind.

Er hätte genauso gut sagen können, dass Wassermelonen brechen, wenn man zu lange mit ihnen jongliert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: