Fußball:Ärger um den Schaum

1. FC Union Berlin - SpVgg Greuther Fürth

Frecher Jubel: Jürgen Gjasula (links) feiert seinen Treffer zum 1:1 gegen Union Berlin mit ausgestreckter Zunge.

(Foto: Annegret Hilse/dpa)

Die SpVgg Greuther Fürth setzt beim 2:1-Sieg bei Union Berlin Angriffe über die schnellen Außenspieler effektiv als bevorzugte neue Lieblingstaktik ein. Die Tore fallen dann durch Standardsituationen - wobei ein Freistoßspray hilft.

Von Martin Schneider

Am Ende wurde noch sehr viel über Sprays geredet. Genauer: über zwei Sprays. Da war zunächst einmal das Haarspray von Jürgen Gjasula, das wirklich ein gutes Haarspray sein muss. Nach 90 Minuten Zweitligafußball lag jedenfalls wirklich jedes seiner Haare noch so akkurat neben dem anderen, dass er den Inhalt seines Kulturbeutels völlig zurecht vor den Mikrofonen der Reporter lobte. Und da war das Freistoßspray von Schiedsrichter Sven Jablonski, das jetzt erst einmal kein besonderes Freistoßspray war. Man kann nach diesem 2:1 der SpVgg Greuther Fürth bei Union Berlin dennoch sagen, dass beide Sprays ihre Rolle in diesem Spiel hatten.

Denn die Wende an diesem Sonntagnachmittag im Berliner Osten beginnt damit, dass Fürths Niko Gießelmann ein paar Schritte nach vorne geht und die frisch gesprühte Spray-Schaumkrone vom Rasen wischt. Er tat das, erklärte er später, weil er immer das Gefühl hat, man könne darauf ausrutschen. Dann geht er wieder zurück und unterhält sich mit Gjasula, der auch bereitsteht. Wobei unterhalten das falsche Wort ist. In so einem Stadion ist es ja laut, da muss man sich auf ein paar Schlagworte beschränken. "Er hat nur gesagt: probier Torwartecke, probier Torwartecke", erzählt Gjasula und grinst. "Und das war völlig richtig. Es waren so viele Spieler im Strafraum, der Torwart konnte den Ball gar nicht sehen." Gjasula probiert also die Torwartecke, und der Ball fliegt zum 1:1 ein ins Tor. Die zweite Halbzeit war da keine 90 Sekunden alt.

Jürgen Gjasula trifft einmal mit einem Freistoß sowie einmal vom Elfmeterpunkt

Die erste Hälfte hatte Greuther Fürth damit vergessen gemacht, und das war das Beste, was ihnen passieren konnte. Denn der positive Aspekt an diesen 45 Minuten war aus Fürther Sicht, dass Union nur 1:0 führte. Steven Skrzybski hatte den Ball in der 17. Minute über die Linie gedrückt. "Von der 15. bis zur 35. Minute war das richtig schlecht von uns. Da haben wir riesiges Glück, und das ist uns auch bewusst", analysiert Fürths Trainer Ruthenbeck später. Er versuchte ein Pressing mit einer sehr offensiven und breiten Linie, aber nur mit einem Stürmer (Veton Berisha). Das war eine Mischung aus Mut sowie Vorsicht - und funktionierte überhaupt nicht. Union, das nach dem 3:0-Sieg in Karlsruhe tatsächlich mit noch mehr Selbstbewusstsein auflief als Fürth nach dem 3:2-Derbysieg gegen Nürnberg, dominierte die Partie. Der Ex-Löwe Bobby Wood agierte mehrfach stark, Sören Brandy traf den Außenpfosten (23. Minute).

Dann kam die Pause, der Freistoß - und ein anderes Spiel begann. Fürth agierte nun mehr selbst mit dem Ball, spielte konsequenter über die starken Außen Gießelmann und Stephan Schröck, die Union nun häufig mit Fouls bremste. Zum Beispiel durch Brandy in der 70. Minute an Schröck. Freistoß an der Strafraumkante, der wird flach ausgeführt zu Robert Zulj, den Brandy umstößt. Elfmeter. Gjasula tritt an und schießt den Ball an den Fingerspitzen von Daniel Haas vorbei ins Tor.

Wenn Unions neuer Trainer Sascha Lewandowski nach seiner Heimpremiere anschließend sagt, ein 2:2 wäre verdient gewesen, dann meint er damit vor allem zwei Szenen. Einmal den Lattentreffer von Damit Kreilach in der 76. Minute und einmal ein Tor von Berlin sechs Minuten später, das der Stadionsprecher schon durchsagen will, das Schiedsricher Jablonski aber noch aberkennt. Kreilach soll sich gegen Gießelmann aufgestützt haben. "Ich glaube schon, dass das ein Foul war", sagt Gießelmann später. "Er springt auf mich drauf. Ich denke, das kann man pfeifen." Kreilach sah das anders. "So eine Situation kommt hundertmal im Spiel vor."

Ruthenbeck hat dann auch so seine Schwierigkeiten, den ersten Auswärtssieg der SpVgg seit Februar richtig einzuordnen. Im Prinzip war der Sieg glücklich, wegen der schlechten ersten Halbzeit und den Chancen von Union. Aber um sich in den Staub zu werfen und der Glücksgöttin sowie dem rechten Fuß von Gjasula zu danken, hatte Fürth in einem insgesamt wirklich guten Zweitligaspiel dann doch zu viel richtig gemacht. Erkenntnisse muss der Trainer jedoch schnell ziehen, am Mittwoch (17.30 Uhr) kommt der wiedererstarkte SC Paderborn.

Eine Sache will Ruthenbeck noch klarstellen. Diese Standards, die letztlich zum Sieg geführt haben, das sei kein Zufall gewesen. Das habe schon System, dass man einen schnellen Mann wie Schröck in vollem Tempo auf den Gegner zulaufen lasse. Und wenn Gießelmann dann das Freistoßspray wegwischen kann, dann werde es eben gefährlich.

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