Fünf Tore des Nationalstürmers:Klose lässt Lazio leuchten

Lazio Rom, Miroslav Klose, Italien, Fußball

Gut gemacht, tedesco: Lazios Hernanes beglückwünscht den deutschen Nationalstürmer Miroslav Klose. 

(Foto: dpa)

Das gab's noch nie: Erstmals in der Vereinsgeschichte von Lazio Rom gelingen einem Fußballer fünf Treffer in einem Ligaspiel. Miroslav Klose sorgt mit seiner historischen Tormarke für Begeisterung in Italiens Hauptstadt. Dass Juventus die Meisterschaft gewinnt, gerät da fast in den Hintergrund.

Von Birgit Schönau, Rom

Rätselhaft, das ist vermutlich nicht das Erste, was einem zu Miroslav Klose einfällt. Allzu schnörkellos zieht er aufs Tor, das war in Kaiserslautern, Bremen und München so und ist bei Lazio Rom nicht anders. Launisch - keine Spur, immer geradeaus und keine Umwege, das ist Klose. Und weil er so ist, hatten sie in Rom schon innerlich mit ihm abgeschlossen, als er rund vier Monate nicht traf.

Am 15. Dezember hatte er das vorerst letzte Tor abgeliefert, musste dann zwei Monate lang sein Knie heilen lassen und blieb nach seiner Rückkehr ohne Treffer. Lazio aber taumelte im freien Fall aus der Spitzengruppe auf Rang sieben, sogar hinter den Lokalrivalen AS Rom, gegen den - Klose sei Dank - zwei Jahre lang kein Derby mehr verloren gegangen ist (siehe Bilderstrecke weiter unten). Am 26. Mai treffen die beiden römischen Klubs im Pokalfinale aufeinander. Mit Klose im Formtief hatte Lazio da wenig Hoffnung, das Klubmaskottchen Olympia, einen Adler, hoch fliegen zu lassen.

Aber dann kam der Sonntag, es kam nach einem gewaltigen Regenschauer der Sonnenschein pünktlich zum Anpfiff, 25.000 Zuschauer freuten sich im gähnend leeren Olympiastadion auf ein gepflegtes, wenn auch nicht allzu aufregendes Match gegen den FC Bologna - und Klose traf fünf Mal.

Ein Rätsel, dieser Mann, gerade noch in tiefer Melancholie erstarrt, und nun geradezu entfesselt! Eins mit links, drei mit rechts, das letzte Tor per Kopf, allesamt nicht spektakulär und unter völliger Teilnahmslosigkeit der Abwehr aus Bologna, aber die Masse macht's: Noch nie hat ein Lazio-Spieler fünf Tore in einer Partie geschossen, der Platz in den Geschichtsbüchern ist Miro Klose also sicher.

Und wenn er das sechste Tor auch noch serviert hätte, so wäre der Deutsche in der Serie A mit der argentinischen Juve-Legende Omar Sivori gleichgezogen, die nach dem Fünferpack beim 9:1 von Juventus gegen Inter 1961 flugs eingebürgert wurde, um fortan für die italienische Nationalelf zu spielen. Lazio-Treffer Nummer sechs aber gelang Kloses Teamkollegen Hernanes. 6:0 wurde Bologna vom Platz gefegt.

Und Klose wiegelte ab, natürlich: "Fünf Tore, das hab' ich auch schon mal in Kaiserslautern geschafft." Lang ist es her, im Juni wird "Miro-Mito" (Corriere dello Sport) 35. Da wäre jeder Gedanke an Brasilien 2014 mit der deutschen Nationalmannschaft verfrüht oder verspätet, je nach Perspektive. Die Hintermannschaft der Spanier ist nicht so butterweich wie die des FC Bologna, und Lazio spielt, verglichen mit dem Team von Jogi Löw, einen Rustikalfußball, wie er auch in Kaiserslautern bereits vor Miro Kloses Zeiten praktiziert worden ist.

Alles für die Familie

"Ich widme die Tore meiner Familie und meiner Mannschaft", sagte Miroslav Klose artig, genug geschnörkelt hatte er auf dem Platz. Und das zweite große Ereignis des Spieltages damit mühelos verdunkelt: Juventus Turin war Meister geworden, mal wieder. Titel Nummer 29 - unverdrossene Juventini zählen immer noch die beiden aberkannten Skandalmeisterschaften 2005 und 2006 hinzu und kommen auf 31 - wurde mit einem 1:0 gegen Palermo drei Tage vor Saisonende besiegelt.

Und entgegen dem Volksmund, der behauptet, die erfolgsverwöhnten und disziplinierten Preußen Italiens feierten eine Meisterschaft mit ein bisschen Hupen und einem Barbecue, tobte diesmal in Turin ein richtiges Volksfest. Der zweite Titel in Serie beweist, dass die Alte Dame wieder obenauf ist. Über das Viertelfinal-Aus in der Champions League hat man sich schon längst hinweggetröstet, indem man den gegnerischen FC Bayern zur stärksten Mannschaft der Welt erklärt hat.

"Die beste Mannschaft, die ich in 17 Jahren Karriere getroffen habe", schwärmt Juve-Torwart Gianluigi Buffon, nicht ohne hinzuzufügen: "Das Tiki-Taka von Barcelona nervt." Buffon ist genauso alt wie Miroslav Klose, für ihn steht Brasilien 2014 außer Diskussion. Mit Juventus hat er vier Meisterschaften gewonnen (plus die zwei aberkannten), diese ist die erste als Kapitän.

Buffon ist umstritten (nicht zuletzt wegen seiner Wettleidenschaft), aber respektiert, eine Symbolfigur der Juve und der Azzurri. Gleichauf mit ihm der zweite Weltmeister von 2006 im Team von Trainer Antonio Conte: Andrea Pirlo, der 2014 seine Karriere in der Nationalelf beenden wird. Der dritte im Bund ist Verteidiger Andrea Barzagli, der nach Jahren in der Bundesliga in Turin eine Renaissance erlebt.

Solide und kampfstark ist Contes Juventus, die Abwehr ist, wie in alten Juve-Zeiten, wichtiger als eine Offensive, die viel kreiert, aber wenig umsetzt. Mit gerade mal zehn Treffern ist Arturo Vidal Torschützenkönig im Team - Klose müsste man für diese Bilanz nur zwei Mal Bologna vorsetzen. Juventus aber dominiert die Liga, auch für das nächste Jahr ist keine ernsthafte Konkurrenz in Sicht.

Und doch, so schrieb am Montag Juve-Präsident Andrea Agnelli in einem Kommentar im Corriere della Sera, wolle er sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. "Seit zu vielen Jahren hinkt Italiens Fußball dem Rest Europas hinterher", klagte Agnelli. "Manche sagen, der Fußball sei ein Spiegelbild unseres Landes. Ich aber finde: Der Fußball ist immer noch besser als alles andere."

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