Bundesliga:Mainz kommt mutig zum FC Bayern

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Wieder Leistungsträger: Yunus Malli (l.) feiert sein Tor gegen Leverkusen.

(Foto: AFP)

Von Tobias Schächter, Mainz

Yunus Malli sagt: "Dass nun alle von Europa reden, kann man ja nicht verhindern." Es ist ein typischer Yunus-Malli-Satz. Der Offensivspieler des FSV Mainz 05 wirkt immer ein bisschen so, als sei er der Meinung, er müsse sich entschuldigen. Demut und höfliche Zurückhaltung kennzeichnen die Aussagen des 24 Jahre alten Deutsch-Türken.

Auf dem Platz aber ist dieser wendige, trickreiche Profi wie ein Lausbub, der immer neue verrückte Sachen anstellt. Am Sonntagabend erzielte Malli gegen Leverkusen (3:1) seine Saisontore neun und zehn, Mainz besiegte nach Mönchengladbach und Schalke den dritten Champions-League-Aspiranten innerhalb von vier Wochen. Und zwar verdient.

Mainz hat Bayer 04 klar beherrscht und ist jetzt schon Tabellenfünfter, nur drei Zähler hinter dem Dritten Hertha BSC. Das Spitzenspiel des 24. Spieltags lautet an diesem Mittwoch: FC Bayern gegen Mainz 05. In Mainz träumen die Fans also vom Europapokal, aber Malli sagt so trocken, wie er nie Fußball spielen würde: "Wir wollen erst einmal 40 Punkte holen, daran hat sich nichts geändert."

Malli sticht seinen Konkurrenten aus

36 Zähler haben die Mainzer schon erwirtschaftet. Absteigen werden sie nicht, diese Prognose wagt sogar Manager Christian Heidel. Weil sie ihrem Erfolg aber nach einer guten Vorrunde nicht getraut und Angst vor einer Negativserie hatten, ließen sie Malli in der Winterpause nicht zu Borussia Dortmund ziehen. Trotz eines Angebotes von 13 Millionen Euro Ablöse. Danach fiel Malli in ein kleines Leistungsloch, gegen Leverkusen gewann er jetzt aber das Duell mit Leverkusens Hakan Calhanoglu klar.

Beide träumen ja von einer EM-Teilnahme mit der Türkei. Aus dem scheuen Talent ist mit der Zeit ein selbstbewusster, viel besserer Bundesligaspieler geworden. Für Malli, das hat Trainer Martin Schmidt nach dem geplatzten Wechsel zum BVB gesagt, werde es nach dieser Saison noch ganz andere Angebote geben. Wenn die Mainzer und ihr Trainer nicht aufpassen, gilt das bald für die halbe Mannschaft.

Seit Schmidt vor einem Jahr vom U23- Trainer zum Profitrainer aufstieg, ist nämlich fast jeder Spieler nach einer gewissen Zeit der Anpassung besser geworden. Und aus Mainz 05 ist eine unverwechselbare Trainermannschaft geworden, so wie sie das einst schon unter dem Motivator Jürgen Klopp und dem Taktiker Thomas Tuchel war. Schmidt legt sein Hauptaugenmerk auf die Physis, keine Mannschaft läuft mehr und wagt mehr intensive Sprints als die Nullfünfer. Alle rennen buchstäblich bis zum Krampf.

Schmidt: "Jhon ist unsere Maschine"

Jhon Córdoba, 22, zum Beispiel, der seit der Verletzung von Yoshinori Muto dem Spiel im Sturmzentrum eine neue Komponente hinzufügt. Über den kolumbianischen Leihspieler vom FC Granada hieß es am Anfang, er sei schwerfällig, einige Verletzungen warfen ihn zurück. Nun hat er sich an das harte Training gewöhnt: "Jhon ist unsere Maschine. Wenn du so einen vorne drin hast, dann spielst du mit einem mehr, nicht mit einem weniger", lobt Schmidt. Cordoba stoppt den Ball mit der Brust selbst auf Stadiondachhöhe, verteilt ihn gekonnt und gibt keinen Zweikampf verloren; gegen Leverkusen traf er zudem zum zweiten Mal hintereinander.

Für 5,5 Millionen Euro können die Mainzer nach der Saison eine Kaufoption ziehen. Fix haben sie schon Außenstürmer Jairo, 22, er kam vor anderthalb Jahren vom FC Sevilla. Unter der Anleitung seines Trainers ist "aus einem Bübchen ein Kraftpaket geworden" (Schmidt), das kein Dribbling und keine Mutprobe scheut. Die Liste der positiven Entwicklungen zieht sich fast durch den ganzen Kader. Manager Heidel sagt: "Wir haben gegen Leverkusen mit sechs Spielern gespielt, die vor einem Jahr noch nicht da waren. Das zeigt, wie Martin Schmidt diese neue Mannschaft geformt hat. Das ist eine großartige Trainerleistung, die man gar nicht genug loben kann." Die Frage ist nur, ob die Elf diesen Powerfußball 34 Spieltage lang durchhält.

Erfolge kaschieren den Abschied von Manager Heidel

Heidel weiß, dass der Erfolg die monatelange Debatte um seinen Wechsel nach Schalke - der erst vor zehn Tagen fix gemacht wurde - nicht aus dem Ruder hat laufen lassen. Rouven Schröder steht als Nachfolger parat, mit Werder Bremen wird noch um die Ablöse gefeilscht.

Auch kaschiert die sportliche Konstanz das angekratzte Image des Klubs. Auf öffentlichen Druck hin musste sich 05 jüngst von einer Wirtschaftskanzlei bestätigen lassen, dass Aufwandsentschädigung (9000 Euro pro Monat) und juristisches Beraterhonorar (14 000 Euro/Monat) für den ehrenamtlichen Präsident Harald Strutz seit 2005 "angemessen" seien. Die langjährige Intransparenz hat für Verstimmungen gesorgt.

Nun aber freuen sich alle auf das Spiel in München. Schmidt sagt: "Einmal im Jahr musst du da hin. Aber wir haben richtig Lust auf die Bayern." Gegen einen Erfolg dort hätte wohl auch Schmidts Mentor, Thomas Tuchel (Dortmund), nichts einzuwenden.

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