Frust in Leverkusen:Schwierig wie nie

Die Mannschaft von Trainer Roger Schmidt hat gerade sportlich wenig zu bieten - und wer das Gehalt des gesperrten Hakan Calhanoglu zahlt, ist unklar.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Leverkusens Trainer Roger Schmidt erinnerte sich am späten Freitagabend mit Grauen an den Tag zuvor. Hakan Calhanoglu musste aus dem Mannschaftsbus, der gerade nach Hamburg fahren wollte, wieder aussteigen und stattdessen ein Taxi ordern. Calhanoglu war vom Sportgerichtshof CAS mit einer viermonatigen Sperre belegt worden. Und zwar, weil sein Vater für das damals 17-jährige Talent 100 000 Euro für einen nicht eingelösten Vorvertrag mit dem türkischen Klub Trabzonspor bekommen hat. Nun fehlt Calhanoglu, der seinem Trainer zufolge "in einer Superform gewesen ist", Bayer bis Saisonende. Da empfindet der Nicht-Jurist Schmidt eine "Ungerechtigkeit", auch seinem Arbeitgeber gegenüber. Das Urteil habe "das Spiel sicher ein bisschen belastet", glaubt er. Heraus kam jedenfalls ein 0:1 beim Abstiegskandidaten Hamburger SV.

Kevin Kampl hatte sogar ein zweites Trikot mit dem Aufdruck Calhanoglu unter seinem Dress, weil der Türke "einer meiner engsten Vertrauten ist". Den Namenszug hätte er nach einem eigenen Tor der Öffentlichkeit gezeigt. Doch dazu kam es nicht. Die Leverkusener waren selten in einem Spiel so weit entfernt von einem eigenen Tor wie am Freitag in Hamburg. Und das hatte keineswegs nur damit zu tun, dass Calhanoglu fehlte. Bei seiner schon neunten Bundesliga-Niederlage hatte Bayer bis auf einen Lattentreffer von Stefan Kießling kurz vor Schluss keine einzige Tormöglichkeit.

Nur Zugang Leon Bailey macht gerade ein wenig Hoffnung

Die "harmlose, grausame" Vorstellung, so Sportdirektor Rudi Völler, hatten auch Nationalspieler wie Karim Bellarabi und Kevin Volland zu verantworten - und ein wenig auch die eingewechselten Größen Julian Brandt und Kießling. Nur das neu erworbene belgische Talent Leon Bailey, 19, deutete in nur neun Minuten an, dass er eine gute Zukunft haben könnte - aber das ist bei einem jungen Mann, der zwölf Millionen Euro Ablöse gekostet hat, ja irgendwie auch zu erwarten.

Während Coach Schmidt "die wohl schwierigste Situation, seit wir zusammen arbeiten" (Kampl), meistern muss, können sich die anderen Verantwortlichen damit herumschlagen, wer in den kommenden vier Monaten Calhanoglus Gehalt zahlen muss und ob er weiter mit der Mannschaft trainieren darf. Und auch der Wert des Spielers auf dem Transfermarkt wird angesichts der Sperre sinken. "So einen Fall hatten wir ja noch nicht, das ist ja noch ganz frisch", sagte Völler.

Die nächsten Aufgaben nach diesem erneuten Rückschritt sind die Bundesliga-Partien gegen Eintracht Frankfurt und beim FC Augsburg. Und danach kommt am 21. Februar das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions-League gegen Atlético Madrid. Sollte auch das schiefgehen, unterbietet Roger Schmidt sogar die schlechteste Saison seit 2008/2009. Damals wurde Leverkusen Neunter, erreichte aber immerhin das DFB-Pokalfinale (0:1 gegen Werder Bremen). Diesmal schied man schon in der 2. Runde gegen den Drittligisten Sportfreunde Lotte aus.

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