16. "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr", deklamieren die Schweizer im Wilhelm Tell. Beim Fußball ist es schnell vorbei mit der Brüderlichkeit, schon die beiden Zürcher Stadtklubs Grass- hopper und FCZ verabscheuen sich leidenschaftlich. Da nun die Stadien der beiden Klubs, hier der Hardtturm, dort der Letzigrund, sehr nahe beieinander liegen und nur von den Gleisen der Schweizer Bahn SBB getrennt werden, wird ein Vereinswechsel innerhalb der Stadt als Marsch "über die Geleise" bezeichnet und als Todsünde betrachtet. Jahrzehntelang verzichteten Spieler aus Pietätsgründen auf einen solchen Transfer, andere wurden aus Schaden klug. Der aktuelle Schweizer Coach Jakob Kuhn etwa wechselte einst vom FCZ zu den Grasshoppers und kehrte nach zwei Monaten reumütig zurück, so heftig waren die innerstädtischen Proteste gewesen.
17. Madeleine Boll wurde 1965 die erste lizenzierte Spielerin der Schweiz. Irrtümlich hatte der Verband der jungen Fußballerin eine Lizenz ausgestellt, mit der Boll im Knabenteam des FC Sion mitkickte. Alsbald spielte sie dort so erfolgreich, dass sie im Spiel einer Regionalauswahl im Berner Wankdorfstadion zum Einsatz kam. Der Inkognito-Auftritt sorgte für Schlagzeilen, mit weitreichenden Folgen für die Akteurin, der die Lizenz wieder entzogen wurde. Was Boll aber verkraften konnte, sie wechselte nach Italien und spielte dort in der frisch eingerichteten Profiliga der Frauen.
18. Zeitgleich hatten die Spielerinnen Monika und Silvia Stahel in Murgenthal einen Fußballklub namens FC Goitschel gegründet und den Verband gebeten, offiziell anerkannt zu werden. Diese Bitte wurde abgeschmettert, allerdings ein Kompromissvorschlag unterbreitet: Die fußballbgeisterten Frauen könnten doch Schiedsrichterinnen werden. Was skurril und wenig emanzipativ klingt, vielen Frauen aber den Weg in den Fußball ebnete.
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Jakob "Köbi" Kuhn ist seit 2001 Nationaltrainer der Schweiz. Im Sommer läuft sein Vertrag aus und er wird sein Amt an Ottmar Hitzfeld übergeben.
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