French Open - Match des Tages:Schon fast im Flieger nach Minsk

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6:7, 0:4: Der Weltranglisten-Ersten Viktoria Asarenka wäre es fast gelungen, einen traurigen Eintrag ins Geschichtsbuch der French Open zu leisten - als erste Nummer eins, die in Paris gleich zum Auftakt scheitert. Doch während die Gedanken schon auf dem Heimweg sind, schlägt sie ein Ass mit dem zweiten Aufschlag und dreht die Partie.

Milan Pavlovic, Paris

Match des Tages (2): Viktoria Asarenka (Weißrussland/Nr. 1) - Alberta Brianti (Italien) 6:7 (6), 6:4, 6:2

Viktoria Asarenka in Paris: Historische Niederlage vermieden (Foto: Getty Images)

Nur zu gerne hätten wir an dieser Stelle über das Duell zweier Monsternamen geschrieben: Barbora Zahlavova Strychova gegen Stéphanie Foretz Gacon, das hätte viele Zeilen allein mit der Wiederholung der Namen gefüllt und vielleicht über die Niederlage der Spielerin mit dem schönsten aller Spielernamen hinweggetröstet, Lara Arruabarrena-Vecino. Aber der Sport nimmt selten Rücksicht auf Namen oder Absichten, und so setzte gleich die erste Partie des Montags auf dem Court Central die Ausrufezeichen. Das war nicht unbedingt zu erwarten, denn die Weltranglisten-Erste Viktoria Asarenka ging gegen Alberta Brianti flott mit 2:0 in Führung. Doch dann stieß die Weißrussin auf unerhörten Widerstand.

Die Italienerin quälte ihre fast zwanzig Zentimeter größere Gegnerin mit ihrem variantenreichen Grundlinienspiel; besonders mörderisch: die gute, alte unterschnittene Rückhand à la Steffi Graf, auf die Asarenka immer seltener eine Antwort fand. Briantis Wechsel zwischen kurzen, flachen Bällen und mit schwerem Topspin versehenen Schlägen behagten der Favoritin gar nicht, und die Dreistigkeit, mit der die kleine Italienerin Stops einstreute, provozierte schon früh ein Raunen auf den Rängen.

Der Rest des ersten Satzes war vollkommen offen. Brianti verwandelte das 0:2 in ein 4:2, kassierte das Rebreak zum 5:4, wehrte bei 5:5 zwei Breakbälle ab, ließ sich im Tiebreak nicht entmutigen, als ihr 5:1-Vorsprung auf 5:4 zusammenschmolz - und nutzte ihren zweiten Satzball zum 8:6 im Tiebreak. Der zweite Satz nahm einen verblüffenden Verlauf. Brianti brauchte nur wenige Minuten, um eine 4:0-Führung herauszuspielen.

Das ist im Frauentennis längst nicht so komfortabel wie man glauben könnte. Aber Asarenka wirkte nun immer verkrampfter, und schon unkten Beobachter, das sei auf eine neue Beraterin in ihrem Team zurückzuführen: die Französin Amélie Mauresmo, ehemalige Weltklassespielerin, die bei ihrem Heimatturnier jedoch stets an ihren Nerven scheiterte.

Nichts erinnerte daran, dass Asarenka diese Saison mit 26 Siegen am Stück begonnen hatte, darunter den Turniererfolgen bei den Australian Open, in Sydney und in Indian Wells. Prompt kam Brianti zu ihrem nächsten Breakball. Asarenka servierte einen Fehler, und dann spielte sie beim zweiten Aufschlag Alles oder Nichts: ein hartes Service auf Briantis Vorhandseite traf genau die Linie. Ein Ass im richtigen Moment, "da hatte ich Glück", räumte Asarenka später ein. Die Weißrussin musste einen weiteren Breakball meistern, verkürzte auf 1:4 - und hatte damit die Wende eingeleitet.

Sie entschied 22 der folgenden 29 Punkte für sich, traf den Ball wesentlich sauberer, gewann den zweiten Satz mit 6:4, und auch wenn sie im dritten Durchgang gleich ein Break hinnehmen musste, stand das abschließende 6:2 nie mehr in Frage. Hinterher war Asarenka zunächst schnippisch.

"Das haben sie falsch verstanden. Es stand 4:0 im zweiten Satz", belehrte sie einen Journalisten, dessen Englisch nicht so gut war. Dann aber klang sie weise wie ein chinesischer Kung-Fu-Meister. "Es ist doch eine ziemlich gute Statistik, wenn ich in einem Match 60 unerzwungene Fehler begehe und trotzdem gewinne. Es wäre doch blöder, wenn ich 60 Winner geschlagen und trotzdem verloren hätte."

Sie gab zu, darüber nachgedacht gedacht zu haben, als erste an Nummer eins gesetzte Frau in der ersten Runde der French Open auszuscheiden. "Da gibt es einen Flug nach Minsk um 15 Uhr, in dem mich schon sah. Aber dann wollte ich doch nicht so früh weg." In der zweiten Runde trifft sie am Mittwoch auf Dinah Pfizenmaier. Die Qualifikantin aus Bielefeld würde Asarenka bestimmt gerne einen Grund geben, die Flugzeiten nach Minsk zu überprüfen.

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