French-Open-Halbfinals:Schlacht der Schläger

2015 French Open - Day Thirteen

Stanislas Wawrinka kämpft sich ins Finale der French Open.

(Foto: Getty Images)
  • Stan Wawrinka setzt sich im Halbfinale der French Open gegen Jo-Wilfried Tsonga durch.
  • Damit hat der Schweizer zum zweiten Mal ein Finale bei einem der vier wichtigsten Turniere erreicht.
  • Djokovic und Murray liefern sich ein erbittertes Match, müssen ihre Partie aber im vierten Satz unterbrechen, als ein Sturm aufzieht.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Thomas Muster, der frühere Profi aus Österreich, der vor 20 Jahren seinen lang ersehnten Titel bei den French Open errang, hatte schon recht mit seiner Analyse zum Wetter. In Paris tanzt das Klima gerne den Parisern auf der Nase herum, sagte er kürzlich, was dieses Tennisturnier zu einem besonderen mache. 2015 ist da keine Ausnahme.

Vor zwei Wochen begann das zweite Grand Slam dieser Saison bei Provence-Temperaturen. Dann entwickelte sich eine Art Sylter Open, mit tückischen Winden. Die Veranstaltung ging über in die Bretagne Open, mit Nieselregen, während seit Freitag die Sahara-Meisterschaften anstehen. So heiß ist es geworden. Für Jo-Wilfried Tsonga, der hohe Temperaturen aushalten kann, war das aber kein Vorteil. Stan Wawrinka kann das auch.

Kampf zweier Grundlinien-Akteure

Der freundliche Schweizer aus Lausanne hat eindrucksvoll dargelegt, wie das mal wieder aussieht, wenn er "mit meinem Tennis zufrieden" ist. Mit 6:3, 6:7 (1), 7:6 (3), 6:4 setzte sich der 30-Jährige gegen Tsonga durch, 3:46 Stunden dauerte die Halbfinalpartie dieser beiden kraftvollen Grundlinien-Akteure bei den French Open.

Damit hat Wawrinka zum zweiten Mal nach 2014, als er die Australian Open gewann, ein Finale bei einem der vier wichtigsten Turniere erreicht. "Ich habe jetzt wirklich viele Gefühle in mir", sprach er, noch sichtlich gezeichnet von diesem intensiven Duell.

Er hatte wahrlich knifflige Momente zu überstehen, es zeichnet eben solche Akteure aus den Top Ten aus, dass sie zurückkommen, irgendwie. Wawrinka führte schon 6:3, 4:2, servierte zwei Doppelfehler und ließ Tsonga zurück ins Match. "Ich habe total den Fokus verloren", gab er zu, aber dieser neue Wawrinka, der seit Melbourne 2014 weiß, dass er sich große Titel zutrauen darf, kann Stresssituationen längst besser bewältigen als früher.

Wawrinkas stetige Entwicklung

Er trickst sich gerne selbst aus, in Frankreich gerade wieder. "Ich habe immer gesagt, ich will Roland Garros spielen, nicht gewinnen", verriet er. Druckabbau à la Wawrinka, der viele Jahre nervlich zu labil in bedeutungsschweren Momenten agiert hatte.

Seit April 2013 hat er aber eine stetige Entwicklung vollzogen, was ein Verdienst seines angenehm stillen, weisen Trainers Magnus Norman, 39, aus Filipstad, ist, für den sich am Sonntag ein Kreis zu einem verspäteten glücklichen Ende schließen könnte. Vor 15 Jahren stand er seinerseits im Finale von Paris, seinem einzigen Grand-Slam-Endspiel. Der Schwede verlor jedoch gegen den Brasilianer Gustavo Kuerten, der dieser Tage fröhlich über die Anlage am Bois de Boulogne läuft und sich entspannt huldigen lässt.

Zuschauer huldigen Tsonga

Während Wawrinka, der im Herbst des vergangenen Jahres Frankreich im Davis-Cup-Endspiel fast alleine besiegt und dabei den leicht schwächelnden Roger Federer mitgerissen hatte, tatsächlich nachtragend von Pfiffen begleitet aus der Arena schreiten musste, huldigten die meisten der 14 000 Zuschauer Tsonga lautstark. Der 30-Jährige hatte sein viertes Halbfinale bei einem Grand-Slam-Turnier erreicht, doch er hat es - auch weil er von 17 Breakchancen nur eine nutzte - nicht geschafft, einen wichtigen statistischen Eintrag zu Gunsten seines Heimatlandes zu revidieren.

Henri Leconte bleibt der letzte Franzose, der in Roland Garros im Finale stand; 1988 unterlag der als Spaßvogel bekannte Linkshänder dem Schweden Mats Wilander. Der letzte Triumph eines Profis der Grande Nation gelang 1983 Yannick Noah. Tsonga allerdings sollte einen Preis verliehen bekommen, denn als sich ein Zuschauer zu frenetisch einbrachte, rückte er die Dimensionen gerade und sagte ihm: "Beruhig dich, beruhig dich! Wir sterben hier nicht! Wir tragen hier keinen Krieg aus."

Djokovic und Murray liefern sich Schlacht der Schläger

Diese Feststellung traf auch auf das zweite Halbfinale zu, wobei sich nach zwei souveränen Sätzen (6:3, 6:3) des topgesetzte Novak Djokovic eine Art Schlacht mit Schlägern entwickelte. Andy Murray entschied den dritten Satz mit 7:5 für sich, es war vermutlich der beste des bisherigen Turniers. Einmal flog der Ball unglaubliche 33 Mal hin und her, mit höchstem Tempo, links wie rechts scheuchten sie einander. Umso enttäuschter waren die Zuschauer, als bei 3:3 im vierten Satz wegen eines aufkommenden Unwetters die Partie abgebrochen und auf Samstagmittag (13 Uhr) verlegt wurde. Ein Orkan - das hatte in den zwei Turnierwochen ja noch gefehlt.

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