French Open:Federer macht ein kluges Päuschen

Roger Federer

"Noch nicht bei 100 Prozent": Roger Federer spielt bei nicht den French Open.

(Foto: dpa)

Roger Federers Spiel schont Gelenke und Muskeln. Verletzt war er so gut wie nie - dass ihm nun eine bemerkenswerte Serie reißt, kann er verkraften.

Kommentar von Philipp Schneider

Am Freitag begriff auch Serena Williams die Tragweite der Nachricht. Als der Zeitpunkt gekommen war, wusste die Weltranglistenerste zwar bereits seit einem Tag, dass Roger Federer, ihr treuer Wegbegleiter auf der Tennis-Tour, in diesem Jahr nicht teilnehmen würde bei den French Open. Aber dass der Schweizer in seiner an Rekorden nicht gerade armen Karriere selbst im Moment einer Turnierabsage den nächsten Rekord aufgestellt hatte, diese Erkenntnis traf Williams wie ein Fausthieb. "65 nacheinander?", fragte Williams, riss die Augen weit auf und rief: "Whoo! Cha!" Und so konnte man das ja wirklich sehen.

Manchmal helfen Zahlen und Statistiken dabei, der Realität einen Rahmen zu geben. Aber all die Zahlen und Statistiken werden die Federer-Fans nun auch nicht trösten, wenn sie in Paris einen Vorgeschmack darauf erhalten, wie leer sich die Tenniswelt anfühlen wird, wenn ihr wohl größter Ästhet eines nicht allzu fernen Tages nicht mehr länger spielen mag. Vor seiner Absage war Federer bei 65 Major-Turnieren in Serie angetreten.

In dem Jahr, als zuletzt ein großes Turnier ohne ihn gespielt wurde, organisierte die Bundesregierung gerade einen Umzug von Bonn nach Berlin, den Euro gab es nur als Buchgeld und noch nicht als Bargeld, und Deutschlands Tennishoffnung Alexander Zverev war vier Jahre von seiner Einschulung entfernt: Im August 1999 verlor der 18-jährige Federer in der zweiten Runde des Qualifikationsturniers bei den US Open gegen einen gewissen Ivo Heuberger. 17 Jahre und 17 Grand-Slam-Titel ist das her. Nun aber legt Federer mal kurz den Schläger zur Seite. Im Alter von 34. Er hat sich das gut überlegt.

Weil er nach einer Knie-Operation und anhaltenden Rückenbeschwerden noch nicht bei 100 Prozent seiner Leistungsfähigkeit angelangt sei. Um die Saison garantiert zu Ende zu spielen, und vor allem: um fit zu sein, wenn die Tour nicht länger auf Sand ausrutscht, auf seinen Lieblingsbelag Rasen umzieht und in Wimbledon ein Pokal vergeben wird, an den er gerne noch mal die Hände legen würde. Wenn nicht alles täuscht, ist dieses Päuschen eine kluge Entscheidung.

Federer ist auch zum wohl größten Spieler gereift, weil er sich eine gnadenlose Effizienz angeeignet hat. Als wäre sein Gehirn ein Stethoskop, hat er in den Jahren auf der Tour alle Signale ernst genommen, die ihm sein Körper sandte. Die Zusammenstellung seines Turnier- und Trainingsplans erhob er zur Wissenschaft. Dazu kommt (es sei denn der Gegner heißt Djokovic, Murray oder Nadal) seine Gabe, ein Spiel so zu diktieren, dass er die Ballwechsel möglichst kurz gestaltet. Federers Spiel birgt in sich die Anlage zum Schonen der Gelenke und Muskeln. Verletzt war er so gut wie nie.

Die Meniskus-Operation im Februar war nicht zufällig der erste Eingriff, den Federer über sich ergehen lassen musste. Es steckt daher ein tiefer Witz in dem Fakt, dass er sich nicht etwa beim Ausfallschritt auf einem der Tennisplätze auf der Tour verletzte, von denen er längst jeden einzelnen bis in den letzten Winkel kartografiert hat. Der Maestro verdrehte sein Knie im Bad. Als er zur Wanne eilte, in der seine Zwillingstöchter badeten.

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