French Open:Der letzte Deutsche in Paris

2016 French Open - Day Four

Am Donnerstag darf er wieder ran, diesmal auf Court 6: Alexander Zverev.

(Foto: Getty Images)
  • Die deutschen Männer scheiden bei den French Open reihenweise aus, nur der 19-jährige Alexander Zverev kommt eine Runde weiter.
  • Dustin Brown und Philipp Kohlschreiber verlieren ihre Spiele - Deutschlands Nummer eins nimmt es mit Humor.
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Von Philipp Schneider, Paris

Viele "Uhs" und "Ahs" dringen am Mittwochnachmittag über den Zaun von Court 17. Und da es "Uhs" und "Ahs" in vielen Sprachen gibt, ist zunächst nicht ganz klar, wem die Geräusche gelten: Pierre-Hugues Herbert oder Alexander Zverev. Es herrscht jedenfalls ein dichtes Gedränge vor dem Zaun von Court 17, der so abgelegen liegt im Stade Roland Garros, dass eine kleine Weltreise nötig ist, um zu ihm zu gelangen. Einmal die Allée Marcel Bernard hinab, vorbei am Court Suzanne Lenglen, dem zweitgrößten Stadion bei den French Open, und dann nach einem gefühlten Kilometer macht man halt bei den "Uhs" und "Ahs", am letzten Platz auf der rechten Seite.

Court 17 hat zwei Tribünen. Eine ganz kleine, eine etwas höhere. Sonderlich viele Zuschauer finden dort nicht Platz. Und deshalb hat sich Alexander Zverev "schon ein bisschen gewundert", weshalb er für seine Erstrunden-Partie bei den French Open ausgerechnet auf Court 17 eingeteilt wurde. Zverev hat sich nicht etwa gewundert, weil er findet, er hätte es als Nummer 41 der Welt verdient, auf dem Court Philippe Chatrier anzutreten. Das nicht. Aber sein Gegner Pierre-Hugues Herbert, ein Doppelspezialist ohne unmittelbar erkennbaren Nachnamen, ist geboren in Schiltigheim bei Straßburg. Und damit: Franzose.

Dustin Brown muss seine Koffer packen

Nun waren die vielen Zaungäste und Tribünenbesetzer tatsächlich nicht allein gekommen wegen Herbert, dem Lokalmatador. Schon auch wegen Zverev. Und der gewann schließlich eine Partie, die am Dienstagabend bei Einbruch der Dunkelheit unterbrochen worden war. Mit 5:7, 6:2, 7:6 (8:6) und 7:5. "Die Atmosphäre war sehr schön", sagte Zverev später. "Es waren auch viele Deutsche dabei und ein paar Franzosen kennen mich inzwischen vielleicht. Ich habe ja dieses Jahr schon ein Halbfinale in Montpellier gespielt und ein Finale in Nizza."

Von Woche zu Woche läuft der 19-jährige Hamburger aufrechter durch die Welt. Dass er nun fünf Tage nach seiner ersten Finalteilnahme auf der ATP-Tour der letzte verbliebene männliche Deutsche im Wettbewerb der French Open ist, wird sein Selbstbewusstsein nicht gerade schwächen. Philipp Kohlschreiber? Tobias Kamke? Benjamin Becker? Florian Mayer? Jan-Lennard Struff? Alle raus in der ersten Runde.

Am Mittwoch hat auch noch Qualifikant Dustin Brown in Paris seine Koffer packen müssen. Und wenn Dustin Brown in Paris seinen Koffer packt, dann lädt er diesen anschließend in den Kofferraum eines Autos und brettert über die Autobahn zurück nach Winsen an der Aller. "Erst mit einem Kumpel nach Köln, dann steige ich um ins eigene Auto." Er freue sich nun auf ein paar Nächte im eigenen Bett, sagte Brown, und natürlich auf die Rasensaison. Auf Rasen hat er schon zweimal Rafael Nadal besiegt, indem er den Spanier mit seinem hektischen und improvisierten Spiel in Dauerstress versetzte. Sand ist der träge Belag, den Nadal liebt und Brown hasst.

Kohlschreiber verliert - und lacht

Dass Brown gegen den amerikanischen Aufschlagspezialisten Jack Sock beim 3:6, 6:7 (5:7), 2:6 in der zweiten Runde chancenlos blieb, war ihm daher herzlich egal. Er hatte ja hier eine schöne Geschichte geschrieben und gleich zwei persönliche Rekorde aufgestellt: Zum ersten Mal in seiner seit 14 Jahren andauernden Karriere hatte der Weltranglisten-116. ein Fünf-Satz-Match gewonnen. Und in die zweite Runde war er bei den French Open noch nie eingezogen. Bei den US Open stand er 2010 mal in der zweiten Runde, in Wimbledon sogar zweimal in dritten. Aber Paris? "Ich bin jetzt nicht mit den größten Erwartungen hier hingekommen", sagte Brown. "Ich habe damit gerechnet, dass ich schon am Montag nach Hause fahre, da muss man die Kirche im Dorf lassen."

Von einer Grand-Slam-Veranstaltung kann man sich so oder so verabschieden, schlecht gelaunt oder gut. Sabine Lisicki hat fürchterlich weinen müssen, nachdem die Qualifikantin Verónica Cepede Royg aus Paraguay sie nach einer 59-minütigen Lektion direkt vom Platz in den Interviewraum gejagt hatte. Und Philipp Kohlschreiber hat sehr viel gelacht.

"Das war heute sicher nicht der beste Kohli"

Der Augsburger hatte überraschend gute Laune nach seiner Erstrunden-Niederlage, was wohl aber daran lag, dass er mal wieder ziemliches Pech bei der Auslosung gehabt hatte. Als gesetzter Spieler reiste er nach Paris - und wer wurde ihm zugeteilt? Nicolás Almagro, ein dreimaliger Viertelfinalist bei den French Open, ein zäher Grundlinienwühler und Sandplatzspezialist. Kohlschreiber war also ungewöhnlich einsichtig, dankbar, ja, fast devot nach dem 7:5, 2:6, 2:6, 4:6 gegen den Spanier. "Dass er ein klasse Spieler ist, hat er heute wieder gezeigt. Ich habe zu oft den Kürzeren gezogen. Er hat einfach immer gewusst, was passiert. Er war immer schon in der richtigen Ecke. Und wenn ich mal ans Netz gekommen bin, hat er irgendwie den Ball noch reingelegt."

Kohlschreiber hätte auch jammern können, dass ihn seit Monaten das Lospech verfolgt: Bei den Australian Open verlor er zum Auftakt gleich gegen Kei Nishikori. Bei den US Open bekam er es in der dritten Runde mit Roger Federer zu tun. Und in Wimbledon war Schluss nach einer Begegnung mit Novak Djokovic in der ersten Runde. Kohlschreiber beschwerte sich aber nicht, er flötete vergnügt: "Es gibt immer ein paar harte Lose. Die muss man überstehen, habe ich aber nicht. Das heute war sicher nicht der beste Kohli, aber auch nicht der schlechteste."

Er weiß ja: Selbst der schlechteste Kohli ist noch immer Deutschlands bester Profi. Zumindest solange, bis ihn in Alexander Zverev auch in der Weltrangliste überholt hat. Am Donnerstag spielt der Hamburger gegen Stephane Robert - der nächste Franzose. Diesmal darf Zverev schon auf Court 6. Der ist zwar ebenfalls klein, aber längst nicht so abgelegen wie Court 17.

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