French Open:Dann scheppert's in Paris

Julia Görges French Open

Julia Görges trifft in der dritten Runde auf Serena Williams.

(Foto: dpa)

Duell mit dem "Catsuit" und haufenweise gute Stories: Für Julia Görges, Angelique Kerber und Andrea Petkovic steht bei den French Open ein spannender Samstag an. Alle drei feilen an ihrer Taktik - aber entscheidend sind auch ganz andere Dinge.

Von Gerald Kleffmann, Paris

Eine Konstellation wie an diesem Samstag gab es lange nicht. Genau genommen: drei Jahre nicht. 2015, so lange ist es tatsächlich her, dass die Tennisspielerinnen Julia Görges, Angelique Kerber und Andrea Petkovic gemeinsam die dritte Runde eines Grand-Slam-Turnieres erreichten. Eine war danach immer vorher ausgeschieden. 2015 hatten Petkovic, 30, und Kerber, 30, bei den French Open die dritte Runde erreicht - Görges, 29, zog sogar noch ins Achtelfinale ein.

In Paris haben die drei, die seit mehr als zehn Jahren auf ihre jeweils unterschiedliche Art das deutsche Frauentennis prägen, nun sehr herausfordernde Gegnerinnen. Es wäre eine riesige Überraschung, zögen sie zusammen in die Runde der letzten 16 ein. Umso mehr kommt es auf die innere Einstellung, den Glauben, die eigene Aufgeräumtheit an. Auch im Tennis gibt es ja dieses neumodische Wort "Matchplan". Und der sieht bei den dreien so aus:

Der Trick mit dem Ausblenden

Görges (aus Bad Oldesloe, nun in Regensburg zu Hause) spielt gegen den "Catsuit". Dabei handelt es sich natürlich um Serena Williams, die 23-malige Grand-Slam-Gewinnerin. Die holt man sich "nicht mal eben im Vorbeigehen", hat Görges nett formuliert, damit ist auch schon der größte Unterschied bezüglich ihrer Erfolge erklärt. Aber Görges macht das einzig Richtige: Sie hat Respekt vor Williams. Aber sie betrachtet sie wie eine normale Gegnerin (was angesichts des Catsuits, den ja sonst niemand trägt, eine zusätzlich knifflige Aufgabe werden dürfte). "Es geht nicht um den Namen auf der anderen Seite des Netzes", sagt Görges. "Jede, auf die du hier nun triffst, ist eine schwere Gegnerin."

Es fiel auf: Görges hat vor dem Duell den Namen von Williams kaum einmal ausgesprochen. Sie macht das, was sie so formuliert: "Es geht um mich." Das ist nicht hochnäsig gemeint. Sondern so, dass sie das kontrollieren will, was sie kontrollieren kann, und das ist ihre eigene Leistung. Was Görges hilft: "Ich bin eine eigenständige Spielerin", sagt sie. Sie hat ein enges Vertrauensverhältnis zu ihrem Trainer Michael Geserer, und auch zu ihrem Physio und Fitnesscoach Florian Zitzelsberger (mit dem sie auch liiert ist).

Und sie hat sich Techniken angeeignet, um selbst Lösungen zu finden auf dem Platz. "Für mich ist wichtig, dass ich einen Plan A habe", sagt sie, "sollte der nicht funktionieren, habe ich als eigenständige Spielerin einen Plan B." Wie Plan A gegen Williams, die nach ihrer Mutterschaft ihr erstes Grand-Slam-Turnier seit 16 Monaten spielt, aussehen könnte? Zweimal trafen sie aufeinander, 2010 bei den French Open, 2011 beim Canadian Masters. Beide Male siegte die heute 36-jährige Amerikanerin. "Ich möchte das Spiel selber in die Hand nehmen", sagt Görges, die Weltranglisten-Elfte. Über ihren starken Aufschlag kann sie ihre aggressiv gespielten Punkte aufbauen. Beim Einschlagen in der Runde zuvor gegen die Belgierin Alison van Uytvanck hatte sie sich einen Wirbel im Nacken ausgerenkt. Das sollte auskuriert sein. Görges spielt das vierte Match des Tages im zweitgrößten Stadion, dem Court Suzanne Lenglen.

Die Anpasserin

Angelique Kerber spielt das vierte Tagesmatch auf Court 1 gegen die Niederländerin Kiki Bertens. Court 1 ist dieses runde Stadion, das "Stierkampfarena" genannt wird und meistens gute Stimmung bietet. "Ich nehme, was kommt", sagt Kerber zu den Plätzen, die ihr zugeteilt werden, und diese Lockerheit transportiert schon mal ihre Einstellung. Es geht ihr um Anpassung. Sie will nichts fordern, sondern Dinge akzeptieren. Die ersten beiden Runden hat Kerber auf Court 7 bestritten, das war allerhöchstens ein Stadionchen, aber die zweimalige Grand-Slam-Gewinnerin hat sich dort wohlgefühlt und auch überzeugt. Dass sie nun schon auf eine Gegnerin trifft, mit der sie mal eine unangenehme Erfahrung gemacht hat?

"Wir haben ein neues Jahr. Ich werde nicht an das Match damals denken", sagt Kerber. Damals, das war 2016. Kerber kam gerade als neue Australian-Open-Siegerin zurück und verlor gegen Bertens gleich in der ersten Runde in Paris, in drei Sätzen. "Ich weiß, was auf mich zukommt, sie ist eine sehr gute Sandplatzspielerin", sagt Kerber. Bertens, 26, ist für manche eine Art Schattenfavoritin. Sie ist die Nummer 22 der Welt zwar (Kerber ist gerade Zwölfte), aber sie mag die Asche. Sie gewann dieses Jahr schon Charleston (gegen Görges im Finale). In Madrid stand sie im Endspiel (verlor gegen Petra Kvitova). "Ich halte die Energie bei mir und versuche, egal auf welchem Platz, mein bestes Tennis zu spielen", sagt Kerber, "ich weiß auch, was ich kann." Sie klingt in diesem Jahr, das ist nicht zu überhören, wieder selbstbewusster nach ihrem schwierigen Jahr 2017.

Scheppern ist das Motto

Andrea Petkovic hat tatsächlich die leichteste Aufgabe. Sie spielt gegen die Nummer eins des Turniers, gegen die Weltranglisten-Erste. Im dritten Match ist auf Court 18 - einem Stadion mit Platz für 2200 Zuschauer - die Rumänin Simona Halep ihre Gegnerin. Wenn Petkovic 1:6, 1:6 verliert, wird sie niemand geißeln. Denn es klafft ja eine Lücke zwischen beiden. Petkovic ist mittlerweile aus den Top 100 gefallen. Im internen Duell gewann sie auch nur eines von insgesamt acht. Das war gleich das erste im Jahre 2009. 2014 trafen die beiden in Paris noch im Halbfinale aufeinander. Halep verlor danach gegen Maria Scharapowa, und auch im vergangenen Jahr verpasste die 26-Jährige aus Constanta im Finale den Sieg gegen die Lettin Jelena Ostapenko. Die nur 1,68 Meter große Halep ist also die klare Favoritin. Aber Petkovic geht mit einem guten Geist auf den Platz. "Ich finde, dass ich in den letzten Jahren okay gespielt habe, ich habe die Schläge gut gespielt und mich gut bewegt. Aber ich habe keinen Unterschied gemacht. Jeder Punkt war fiftyfifty. Und jetzt habe ich das Gefühl, ich rette mir viel mehr im Feld."

Das hat zur Folge: Sie baue sich im Ballwechsel auf, "und wenn ich ihn dann am Schläger habe" - sie meinte den Ball - "dann scheppert's." Selbstverständlich hat Petkovic auch wieder sehr unterhaltsame Pressekonferenzen gegeben, zu denen regelmäßig auch Horden amerikanischer Reporter pilgern (ganz Amerika müsste gerade wohl mit Petkovic-Stories geflutet sein). Sie hat über Autounfälle in Marokko geredet und die Biografe von Barack Obama und zweischneidige Schwerter und Selbstgespräche. Aber klammheimlich, das ist dann doch nicht verborgen geblieben, hat Petkovic auch gut Tennis gespielt. Sie besiegte zwei fordernde Gegnerinnen, die Französin Kristina Mladenovic und die Amerikanerin Bethany Mattek-Sands. "Ich riskiere mehr, ich mache mehr Fehler", sagt sie. "Ich bekomme auf lange Sicht aber mehr freie Punkte." Gegen Halep muss sie eines beachten: "Du musst gleich voll da sein." Wenn man nicht aufpasse, "steht es gleich Nullvier und du weißt nicht warum."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: