Frauenfußball:Tage voller Strapazen

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Kalter und erfolgreicher Abend: Nicole Rolser (links) erzielte beim 4:0 des FC Bayern gegen Rossiyanka den zweiten Treffer.

(Foto: Foto2press/imago)

Die Fußballerinnen des FC Bayern gewinnen das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League hoch - dem dezimierten Kader zum Trotz. Nur wer "massive Probleme" habe, spiele momentan gar nicht, sagt Trainer Thomas Wörle.

Von Christoph Leischwitz

Von der Gegengerade des Grünwalder Stadions war eine Trommel zu hören, eine Handvoll Fans sang im Takt "Europapokal, Europapokal...", und gegenüber, auf der Haupttribüne, rief eine Gruppe Kinder: "Bayern vor, noch ein Tor!" Dazwischen lag das Fußballspiel, in der Schlussphase tatsächlich irgendwo zwischen einer Champions-League-Partie und einem Trainingsspiel mit ein paar Verwandten auf den Rängen anzusiedeln. 4:0 gewannen die Frauen des FC Bayern München die Partie vor gut 300 Zuschauern, denen zumindest mittendrin warm geworden war: Die Tore gegen den russischen Meister FC Rossiyanka waren allesamt zwischen der 40. und der 75. Spielminute gefallen. Davor hatte man sich etwas schwer getan, danach ein bisschen geschont für schwere Aufgaben in den kommenden Wochen.

Eine Szene gab es in der Anfangsphase auch, in der die Gegnerinnen in Führung hätten gehen können: Elena Terekhova war aus 20 Metern unbedrängt zum Schuss gekommen. "Aber ich hätte auch gedacht, dass es noch einen Tick enger werden würde", fand Bayern-Trainer Thomas Wörle. Vor dem Spiel hatte er die Russinnen als "zweikampfstark, diszipliniert und am Ball gut ausgebildet" beschrieben. All dies zeigte Rossiyanka aber fast nur zu Beginn, als unter anderen Mittelfeldspielerin Simone Laudehr Opfer körperlicher Robustheit wurde: "Sie hat zwei, drei Stücke vom Zahn verloren, oder auch von mehreren Zähnen, ihr war auch schwummrig", erzählte Wörle. Laudehr wurde zur Pause ausgewechselt.

Später folgte ihr dann auch Kapitänin Melanie Behringer auf die Ersatzbank, die schon angeschlagen in das Spiel gegangen war. Die 30-Jährige war mal wieder eine der Besten gewesen, sie hatte dem Spiel jene Struktur gegeben, die gegen einen Gegner mit guten Stellungsspiel nötig gewesen war. Als sie in der 61. Minute vom Feld ging, wurden ihre Dienste schon nicht mehr zwingend gebraucht - auch dank ihrer Chip-Vorlage zum 2:0 durch Nicole Rolser (45.+2.).

Nur wer "massive Probleme" habe, spiele gar nicht, sagt Wörle

Die aktuell größte Sorge der Bayern-Frauen ist der dezimierte Kader. Acht Verletzte hatte Wörle vor der Partie zu beklagen, seit einer Woche fehlt auch Nationalspielerin Melanie Leupolz wegen eines Bänderrisses und mit Meniskusproblemen. Entsprechend groß war die Überraschung darüber, dass man die Tür zum Viertelfinale in diesem Hinspiel so weit aufstoßen konnte. Alle wüssten, "dass wir mit dem kleinen Kader keine fünf Spiele auf diesem Niveau bestreiten können", sagte der Trainer. Nur wer "massive Probleme" habe, spiele momentan gar nicht.

Die Strapazen der kommenden Tage dürften nicht gerade gesundheitsförderlich sein: Am Sonntag empfängt der Tabellendritte in der Bundesliga Verfolger FFC Frankfurt (13 Uhr, Grünwalder Stadion), am Dienstag fliegt das Team bereits nach Russland, um sich 48 Stunden lang an die vermutlich zweistelligen Minusgrade zu gewöhnen und noch einmal auf Kunstrasen zu trainieren. Auch wenn die Gäste im Hinspiel selbst nach Rückstand kaum brauchbare Ideen im Spiel nach vorne zeigten, hebt Wörle noch einmal ganz kurz den Zeigefinger: "Die werden mit einer fitten Mannschaft mit einer anderen Wucht auftreten", sagt er über das Team aus dem Moskauer Vorort. Seine Spielerinnen sehen es anders: "Schon kalt, glaube ich, ja. Aber das können wir eigentlich nicht mehr hergeben", sagte Vivianne Miedema, die am Mittwoch mit zwei sehenswerten Distanzschüssen (52., 75.) das Ergebnis erst so deutlich gestaltete.

Im vergangenen Jahr waren die Bayern in der ersten Runde der Champions League knapp ausgeschieden. Jetzt bedeutet der Wettbewerb zwar physische Zusatzbelastung, er ist momentan aber auch eine Art Durchlauferhitzer für das Selbstvertrauen. "So bitter das damals war, es war eine ganz wichtige Erfahrung", sagt Wörle über die beiden Unentschieden gegen Twente Enschede. Die Mannschaft habe schnell gelernt und spiele nun effizienter, findet er. Die Effektivität soll nun auch den Liga-Alltag bestimmen: Der deutsche Meister hat fünf Punkte Rückstand auf Turbine Potsdam und in sieben Partien nur neun Tore geschossen - allein im Sechzehntelfinale gegen Hibernian Edinburgh waren es mehr (6:0, 4:1). Zudem wirkten die Bayern-Frauen oft genauso wenig pressing-resistent wie die Russinnen. Aber solche Dinge könne man ja nach einem Erfolg sehr viel besser besprechen, sagt Wörle. Die Frage ist eher, wer zur Verfügung steht, um sie umzusetzen.

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