Frauenfußball:Schmutzig mit dem Bauch

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Mit dem Bauch ins Tor: die deutsche Nationalspielerin Saskia Bartusiak trifft zum 2.2 gegen Australien (Foto: Paulo Whitaker/Reuters)

Die deutschen Fußballerinnen spielen schrecklich und liegen gegen Australien schnell 0:2 zurück. Doch am Ende stehen das Ergebnis von 2:2 und die Erkenntnis, dass man mit dieser Moral Olympiasieger werden kann.

Von Jürgen Schmieder

Mit dem Bauch. Natürlich. Gewöhnlich erzielen Fußballerinnen ihre Tore mit Stirn, Spann und Spitze, doch all diese Körperteile wären unpassend gewesen für das, was da am Ende des Gruppenspiels der deutschen Elf gegen Australien passierte. Da prügelte jemand den Ball in den Strafraum der Australierinnen, zum ungefähr 500. Mal während dieser Partie, doch diesmal landete er nicht in der Armen der Torfrau, eines Balljungen oder eines Zuschauers. Er prallte gegen den Bauch von Saskia Bartusiak, von dort aus kullerte er humorlos ins Tor.

Dieser schmutzige Treffer darf nun als Symbolbild für diese Partie gelten: Die deutsche Elf, die sowohl Ideen als auch technische Fertigkeiten im Hotel vergessen zu haben schien, schaffte am Ende eben doch noch diesen wichtigen Ausgleich zum 2:2. Sie hat nun aufgrund des Reglements (es gibt nur drei Gruppen, die beiden besten Dritten erreichen das Viertelfinale) die nächste Runde so gut wie sicher erreicht und kann am kommenden Dienstag mit einem Sieg gegen die mit zwei Siegen gestarteten Kanadierinnen die Gruppe gewinnen und damit ein frühes Duell mit den favorisierten Amerikanerinnen oder Brasilianerinnen vermeiden.

Die deutschen Fußballfrauen gehören zu jener Sparte in der deutschen Olympia-Mannschaft, bei der hinter optimistischen Äußerungen eine mit wenn oder aber eingeleitete Einschränkung folgt. Natürlich hat Trainerin Silvia Neid, die nach diesem Turnier aufhören wird, vor den Spielen gesagt, dass sie gerne die Goldmedaille gewinnen würde und dass sie den von ihr zusammen gestellten Kader mit zahlreichen erfahrenen Spielerinnen für medaillentauglich hält.

Wenn, und das ist die erste Einschränkung, ja wenn sie ein paar ideale Tage erwischt. Die Deutschen sind gut, aber - und das ist Halbsatz Nummer zwei - das sind viele andere Teams auch: "Die USA sind der Favorit. Auch mit Australien, Brasilien, Frankreich, Kanada und Schweden ist zu rechnen. Eigentlich müsste man überlegen, wer nicht zum Favoritenkreis gehört."

Sie erwischten gegen Australien keinen idealen Tag, sondern einen gar schrecklichen - und es war überaus glücklich, dass dieser Treffer von Bartusiak nun als Symbolbild gelten darf. Ansonsten hätten sich zahlreiche andere Momente angeboten: der groteske Fehler von Dzsenifer Marozsan, den die Australierinnen durch einen schnellen Konter zum ersten Treffer (6.) nutzten. Das ungelenke Abwehrverhalten von Annike Krahn vor dem 0:2 (45.). Der skurrile Abwurf von Torfrau Almuth Schult vor die Füße einer Gegenspielerin, die jedoch verzog. Eine Abwehr, für die Begriffe wie Hühnerhaufen oder Schweizer Käse nicht ausreichen, um das Chaos zu beschreiben.

Oder natürlich die 500 Flanken in den Strafraum, zu denen sich ungefähr 500 Schüsse aus der Ferne gesellten. Ja, es war wirklich so schlimm, wie sich das nun liest.

"Wir haben nicht ins Spiel gefunden, das 0:1 hat uns aus dem Konzept gebracht. Danach haben wir nicht gut als Team gearbeitet", sagte Neid nach der Partie. Der Anschlusstreffer kurz vor der Pause durch einen schönen Außenristlupfer von Sara Däbritz habe der Mannschaft immens geholfen: "Wir standen dann kompakter. Insgesamt ist das Unentschieden verdient, weil wir so gekämpft und Moral gezeigt haben."

Aber - und manchmal leitet dieses Wort auch einen positiven Halbsatz ein - die deutsche Elf hat sich nicht beirren lassen von der eigenen Leistung und auch nicht vom nervigen Pressing der Australierinnen. Sie hat einen 0:2-Rückstand aufgeholt und gezeigt, dass man in diesem Sport bisweilen auch erfolgreich sein kann, wenn man Fußball nicht spielt, sondern Fußball kämpft. Sie hat sich nicht besiegen lassen. Die deutschen Fußballerinnen können erfolgreich sein bei diesem Turnier. Wenn sie idealere Tage erwischt.

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