Frauenfußball in Katar:Aufbautraining mit Tücken

Frauenfußball in Katar: Monika Staab: Schwierige Aufgabe in Katar

Monika Staab: Schwierige Aufgabe in Katar

(Foto: imago sportfotodienst)

Monika Staab hat in 63 Ländern als Trainerin gearbeitet, nun will sie den Frauenfußball in Katar fördern. Es ist eine gesellschafts- und sportpolitsche Herausforderung mit ganz eigenen Problemen. Beim Deutschlandbesuch dürfen einige Spielerinnen nicht mitreisen, weil die Eltern Bedenken haben - doch es gibt auch langsame Erfolge.

Von Kathrin Steinbichler, Aschheim

Irgendetwas ist anders in diesem Moment, die Zuschauer verstehen nur nicht, was. "Ich habe es selbst so schnell gar nicht mitbekommen", sagt Monika Staab später am Abend zu der Situation, die die Begegnung kurz ins Stocken brachte. Jetzt, weit nach Spielschluss, kann die 54-jährige Trainerin darüber lachen. Während dieses Testspiels der katarischen Frauenfußball-Nationalelf in Aschheim bei München aber "habe ich mich für einen klitzekleinen Moment erschrocken".

Es ist der Moment, in dem eine ihrer Spielerinnen Mitte der zweiten Halbzeit nach einem Zweikampf auf dem Rasen sitzen bleibt, der Knöchel schmerzt offenbar. Die Bank der Gegnerinnen vom Bezirksligisten FC Stern München II ist nicht weit entfernt, also läuft ein Betreuer des FC Stern zu der Verletzten - und wird mit hektischen Gesten wieder weggeschickt, bis endlich die katarische Betreuerin herangejoggt ist. "Der Arme hat die Welt nicht mehr verstanden", meint Monika Staab, "aber für meine Spielerinnen ist es ein Ding der Unmöglichkeit, dass ein Mann sie berührt. Das ist in Katar nicht akzeptabel."

Im Februar erst hat Staab die junge Frauenfußball-Nationalelf von Katar übernommen. Die Aufgabe fordert sie nicht nur als Trainerin. "Es ist Entwicklungsarbeit", sagt sie, "sportlich wie gesellschaftlich. Und man muss dabei immer im Auge haben: Wie weit kann man gehen? Weil: Man kann ja da keine Revolution starten."

Staab hat schon in 63 Ländern dieser Erde als Trainerin gearbeitet. In den meisten davon hat sie geholfen Strukturen aufzubauen, um den Frauenfußball zu professionalisieren oder überhaupt erst möglich zu machen. Leicht war es nirgendwo. In Katar aber, das ist Staab bewusst, ist das Ganze "eine hochpolitische Angelegenheit". Staab, die früher als Trainerin mit dem 1. FFC Frankfurt nationale wie internationale Titel gewann, liebt die Herausforderung. Und der Frauenfußball in Katar ist mit Sicherheit eine ihrer bislang größten.

Im Januar 2009, als der Fußball-Weltverband Fifa offiziell das Bewerbungsverfahren für die Männer-WM 2022 ausschrieb, war längst klar, dass Katar sich als Ausrichter bewerben würde. Stadien, Infrastruktur, Wirtschaftskraft - zu allem hatte Katar Antworten zu bieten. Und im Jahr zuvor hatte das Emirat von der arabischen Halbinsel sogar angefangen, einen sportpolitischen Makel zu tilgen.

Erster Auftritt vor Vätern

Seit 2008 nämlich gehört es zu den Fifa-Regularien, dass die Mitgliedsverbände mindestens 15 Prozent des vom Weltverband finanzierten Financial Assistance Programme (FAP) für Frauenfußball ausgeben müssen. Mit zumindest 37 500 US-Dollar jährlich sollen die Verbände dafür sorgen, dass auch die Frauen an dem Sport teilhaben und ihn ausüben können. Prompt weist der katarische Verband seit 2009 im Jahresbudget erstmals Geld für den Frauenfußball aus: Exakt die vorgeschriebenen 37 500 Dollar.

Monika Staab aber wollte sich damit nicht zufriedengeben, seit sie im Februar auf die arabische Halbinsel kam. Katar ist eines der reichsten Länder der Erde und weist das höchste Pro-Kopf-Einkommen weltweit auf. Die dem Emir unterstellte Regierung entscheidet, wofür in dem islamischen Land Geld ausgegeben wird, also wandte sich Staab als neue Nationaltrainerin an das staatliche Komitee für Frauensport, dem der vor vier Jahren ins Leben gerufene Frauenfußball untersteht.

Neben dem Minimalbetrag der Fifa hat Staab von der Regierung nun zusätzlich 200 000 US-Dollar bewilligt bekommen, um Katars Frauenfußball voranzubringen. Nach drei ersten offiziellen Heimspielen 2012 folgten diesen Juni die ersten Auswärtsspiele: 0:1 und 0:3 unterlagen Katars Frauen auf den Malediven, aber, sagt Staab: "Jedes einzelne Spiel bringt die Mädchen weiter."

Jetzt, bei der Deutschlandreise, bei der noch der FFC Wacker München II, der VfB Straubing II sowie eine Jugendelf der TSG Hoffenheim als Gegner warten, kann sie aber nur auf 16 ihrer Spielerinnen zurückgreifen. Vier bekamen von ihren Familien nicht die Erlaubnis, mit ins Ausland zu reisen. Es ist überhaupt ein Kampf, Talente zu finden und dann spielen zu lassen.

"Viele Familien in Katar wollen es noch immer nicht, dass ihre Töchter Fußball spielen", erzählt Staab, die regelmäßig in die Schulen von Doha geht. "Es ist ein bisschen wie bei uns vor 40, 50 Jahren: Sie denken, ihre Töchter finden dann keinen Mann mehr oder können keine Kinder mehr kriegen." Die Familien, die ihren Töchtern den Fußball erlauben, "haben oft Auslandserfahrung, sind moderner eingestellt. Die gehen mit der Entscheidung auch ein gesellschaftliches Risiko ein."

In der heimischen Liga, die aus sieben Teams besteht, dürfen bislang nur Frauen zusehen. Als die von Staab gegründete katarische U14 kürzlich ein Turnier ausrichtete, waren erstmals auch Männer im Publikum zugelassen - damit die Väter zusehen konnten. "Da merkt man dann, dass die Väter auch stolz sind, wenn ihre Tochter im Nationaltrikot aufläuft", sagt Staab.

Dass ihre Mannschaft an diesem Abend in Aschheim 1:2 verliert, sei "halb so wild". Der ausgelassene Jubel ihrer Spielerinnen über den zwischenzeitlichen Ausgleich der erst 14-jährigen Hajar Nader "ist einer der Momente, bei denen man weiß, dass sich die Arbeit lohnt".

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