Frauenfußball:Hope Solo - eine Eskapade zu viel

Rio 2016 - Fußball

Hat jetzt viel Zeit zum Nachdenken: US-Torhüterin Hope Solo

(Foto: dpa)

Wegen einer Schimpftirade bei Olympia wird die US-Nationaltorhüterin vom Verband sechs Monate gesperrt. Solo wird ihre Egozentrik zum Verhängnis.

Von Kathrin Steinbichler

Am Mittwoch hatte Sunil Gulati schließlich genug. Der in New York lebende Wirtschaftswissenschaftler und Fußballfunktionär liebt es, wenn sein Verband und sein Sport in den Medien auftauchen, so läuft das Geschäft. Doch eine Diskussion um Stilformen und Ehrverhalten kann Gulati nicht gebrauchen, schließlich hat manch einer den schlagfertigen und merkantil kundigen Netzwerker schon auf der Liste der Kandidaten, die in nicht allzu weiter Ferne beim Weltverband Fifa nach dem Präsidentenamt streben. Also zog der US-Verbandspräsident jetzt einen vorläufigen Schlussstrich.

"Der US-Fußball-Verband hat Torhüterin Hope Solo wegen eines Vergehens gegen die Prinzipien unserer Organisation für sechs Monate vom Frauen-Nationalteam suspendiert", beginnt eine offizielle Mitteilung aus dem Verbandssitz in Chicago.

Gulati selbst führt dann den Grund aus: Hope Solos Kommentare nach dem Viertelfinal-Aus bei Olympia gegen Schweden seien "unakzeptabel und entsprechen nicht dem Verhaltensstandard, den wir von unseren Nationalmannschafts-Spielerinnen erwarten".

Mal wieder aus dem Rahmen gefallen

Diese Entscheidung sei eine "gerechtfertigte disziplinarische Maßnahme", mit dabei berücksichtigt seien auch "zurückliegende Vorfälle, in die Hope involviert war, sowie privat geführte Gespräche, in denen wir sie aufgefordert hatten, sich auf eine Weise zu verhalten, wie es sich für ein US-Mannschaftsmitglied gehört". Was im Umkehrschluss heißt: Hope Solo, dreimalige Olympiasiegerin, Weltmeisterin und viermalige Welttorhüterin des Jahres, hat sich zum wiederholten Mal abseits des Platzes nicht so verhalten, wie es der Verband von ihr und ihrer Vorbildfunktion als US-Nationalspielerin erwartet.

Die Torhüterin ist immer wieder mal aus dem Rahmen gefallen. Mal zog sie öffentlich über Teamkolleginnen oder Trainer her. 2015 wurde sie bereits einmal einen Monat lang suspendiert, nachdem sie während eines US-Trainingslagers zusammen mit ihrem Ehemann einen US-Mannschaftsbus entwendet und beim nächtlichen Aufgreifen durch die Polizei betrunken randaliert hatte. Seit 2014 ist dazu ein Verfahren anhängig, das Solos Schwester ins Rollen gebracht hat: Bei einer Familienfeier der Solos sei die betrunkene Torhüterin ihr und ihrem Sohn gegenüber handgreiflich geworden.

Solo findet ihre Sperre "unverhältnismäßig"

Noch immer stemmt sich Solo, die mit Werbeverträgen und TV-Auftritten Millionen verdient, mit Anwälten gegen die Prozesseröffnung. Mit ihrer bewegenden Geschichte als lange mittellose, im Gefängnis gezeugte Tochter eines Vietnam-Veterans, der zurück in den USA alkoholkrank, wiederholt straffällig und schließlich obdachlos wurde, den sie aber bis zu dessen Tod in Ehren hielt, während sie immer patriotischer wurde, genießt Solo großen Rückhalt - gerade in der meinungsstarken Gruppe der Trump-Wählerschaft. Jüngst aber, bei Olympia, war nach dem Schlusspfiff niemand, der sie vor sich selbst hätte beschützen können.

Unmittelbar nach dem Viertelfinal-Aus der US-Titelverteidigerinnen gegen die defensiv agierenden Schwedinnen beschimpfte Solo diese als "einen Haufen Feiglinge", der den Sieg nicht verdient habe und es "nicht weit bringen" werde. Nur Minuten später begannen die Diskussionen.

Ein Ende ohne Gewinner?

Solo habe keinen Respekt und kein Gefühl für Fairplay, schimpfte noch auf Sendung die frühere Olympiasiegerin und heutige TV-Kommentatorin Julie Foudy. Schnell wurde deutlich: Während Solos Eskapaden und ihre Egozentrik in Zeiten des Erfolgs toleriert wurden, sorgen sie in Zeiten des Misserfolgs jetzt für Sprengstoff.

Solo hat angekündigt, mit Hilfe der US-Spielerunion gegen die Entscheidung des Verbands vorzugehen. Sie sei "unverhältnismäßig", eine Verletzung des Rechts auf Meinungsfreiheit und gegenüber einem männlichen Spieler oder Trainer, der sich in der Hitze des Moments unbedacht äußert, wohl so nie getroffen worden. Die Geschichte zwischen Hope Solo und dem US-Fußballverband kommt damit wohl zu einem Ende. Ein Ende, an dem es keine Gewinner gibt.

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