Frauenfußball:Fehlstart für die Bundestrainerin

SheBelieves Cup - France v Germany

Steffi Jones (rechts) beim SheBelieves Cup in Orlando.

(Foto: AFP)
  • 0:1, ein 2:2, ein 0:3 - die DFB-Frauen werden beim SheBelieves Cup abgeschlagen Letzte.
  • Schon steht Bundestrainerin Steffi Jones wieder in der Kritik. Auch, weil sie Lena Goeßling in ihrem 100. Länderspiel demütigt.

Von Anna Dreher

New York sollte helfen. Diese Stadt, die immerzu pulsiert und leuchtet, sollte auch die deutsche Frauenfußball-Nationalmannschaft vor dem letzten Spiel beim SheBelieves Cup inspirieren. Bisher war dieses Vier-Nationen-Turnier ja so gar nicht gelaufen wie eigentlich vorgesehen. Es war gedacht als gelungener Auftakt in das von Qualifikationsspielen zur Weltmeisterschaft 2019 geprägte Jahr. In das Bewährungsjahr von Steffi Jones. Die Bundestrainerin setzte das Ziel gewohnt hoch: Sie wollte das Turnier gewinnen, zum ersten Mal. Stattdessen aber hatten die Deutschen gegen die USA verloren und gegen England unentschieden gespielt. Der Start: eine Enttäuschung.

Jones schlenderte also mit ihren Spielerinnen und dem Trainerteam über den Times Square, alle machten Videos und Fotos von diesem bunten Flirren, alle staunten lächelnd. Aber auch New York half nicht. Gegen zweikampfstarke Französinnen prägten vor allem Fehler das deutsche Spiel, die beste Chance hatte zu Beginn Lina Magull mit einem Distanzschuss in der 24. Minute. Tore schossen die anderen. Das 0:3 (0:1) war die höchste Niederlage seit einem Testspiel gegen die USA im Mai 2010 (0:4). Das neue und so entscheidende Fußballjahr, es hat nicht gut angefangen für diese Mannschaft. Und Steffi Jones muss nun wieder damit rechnen, in Frage gestellt zu werden.

Das Auftreten entspricht nicht dem Anspruch des Olympiasiegers

Von dem Lächeln aus New York war in Orlando wirklich nichts mehr übrig am Mittwoch. Siegloser Tabellenletzter, ein 0:1, ein 2:2, ein 0:3 - das war nicht die Art und Weise, mit der sich der deutsche Tross auf die Heimreise machen wollte. So ein Auftreten entspricht nicht dem Anspruch des Olympiasiegers, zweimaligen Welt- und achtmaligen Europameisters. Mit versteinerter Miene und leerem Blick suchte die ratlos wirkende Steffi Jones danach die passenden Worte. "Es war wirklich bitter, weil wir in den ersten beiden Spielen durch eine gute Einstellung, mannschaftliche Geschlossenheit und hohe Laufbereitschaft überzeugen konnten", sagte Jones. "Heute fehlte das alles."

SheBelieves Cup - France v Germany

Sturzflug auf den letzten Platz beim SheBelieves Cup: Weil es anders nicht klappte, hatte es Lina Magull (Nr. 20) in der ersten Halbzeit mit einem Distanzschuss probiert – Tore aber schossen dann die Französinnen.

(Foto: Alex Menendez/AFP)

Eine Antwort auf die auch für sie wohl drängendste Frage schien Jones nicht zu haben: Wie nur kommt das Frauen-Nationalteam wieder aus dem anhaltenden Formtief heraus?

"Wir haben nicht zugepackt, die Zweikämpfe waren fast eine Katastrophe. Wir haben nur reagiert, das ist zu wenig", sagte Alexandra Popp. "Wie wir da wieder rauskommen, ist gerade schwierig zu sagen." Noch im November hatte ein 4:0-Sieg gegen die Französinnen der umstrittenen Jones ihren Job gesichert. Die 45-Jährige stand zur Diskussion nach dem frühen Aus bei der Europameisterschaft und anhaltender spielerischer Unsicherheit, die sich vor allem beim 2:3 gegen Island mit der ersten Niederlage in einer WM-Qualifikation seit 19 Jahren gezeigt hatte. Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hatte das Testspiel damals an ein Ultimatum geknüpft: Die Leistung werde als Gradmesser dafür gesehen, ob sich Deutschland mit Jones auf einem guten Weg befinde. Und die Mannschaft sendete ein sehr deutliches Signal.

"Das war absolut nicht das, was wir uns vorgenommen hatten"

Damals. Die ersten Länderspiele 2018 hatten diesen Weg fortsetzen und die Wende einleiten sollen, und dann würde bestimmt alles so laufen, wie Jones es sich immer vorstellt und kommuniziert - aber bisher selten umsetzen kann. Das war der Plan. Beim SheBelieves Cup zeigte sich die Diskrepanz zwischen Zielsetzung und Realität erneut. Phasenweise wirkten die Spielerinnen ähnlich verunsichert wie bei der EM. In der Defensive machte sich zudem das Fehlen von Abwehrchefin Babett Peter deutlich bemerkbar, die sich gegen die USA einen Achillessehnenriss zugezogen hatte und abgereist war. Dabei hatte Jones auf Basis einer kompakten Abwehr ein ruhiges Offensivspiel aufziehen wollen. "Das war absolut nicht das, was wir uns vorgenommen hatten", sagte Mittelfeldspielerin Sara Däbritz am Mittwoch. "Mit unserer Leistung können wir absolut nicht zufrieden sein."

Neben der sportlichen Leistung geriet Jones noch für ihre Entscheidung in die Kritik, in der 90. Minute Lena Goeßling einzuwechseln - zu ihrem 100. Länderspiel. "Unwürdig" nannte die frühere Nationalspielerin Ariane Hingst dieses Vorgehen, und auch Anja Mittag und Nadine Angerer äußerten auf sozialen Netzwerken ihr Unverständnis. Jones hatte Goeßling im November gegen Frankreich nicht berücksichtigt und schon damals Diskussionen ausgelöst. Die Innenverteidigerin hatte sogar einen Rücktritt in Erwägung gezogen.

Was das nun alles für die anstehenden WM-Qualifikationsspiele gegen Tschechien und in Slowenien (7./10. April) sowie im September auf Island und den Färöern heißt, ließ der DFB unkommentiert. Reinhard Grindel verschickte stattdessen am Weltfrauentag einen Tweet zur großen Bedeutung des Frauenfußballs hierzulande. Noch führt Deutschland die Gruppe 5 mit neun Punkten an.

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