Frauen-Power:Ganz schön stark

Sieben Deutsche auf der European Tour - und im Golfpark Gut Häusern leben die German Open, das traditionsreichste deutsche Turnier, wieder auf.

Das Bild zeigt eine junge Dame in einer sehr kurzen Short, mit einer dicken Gürtelschnalle und verdammt langen Beinen. Der Pferdeschwanz wippt, das T-Shirt baumelt, und wäre da nicht dieser gekonnte Ausschwung mit dem Golfschläger, würde jedermann denken, das Fräulein hätte den Golfplatz mit der örtlichen Eisdiele verwechselt. Der Eindruck täuscht: Melissa Reid heißt die junge Dame, mit der die Ladies European Tour nach den ersten Turnieren zum Saisonauftakt auf das Potenzial ihres Nachwuchses hinweist. Mit dem vorherrschenden Bild vom Damenprofigolf lässt sich ihre attraktive, sportliche Erscheinung nicht vereinbaren.

Frauen-Power: Melissa Reid

Melissa Reid

(Foto: Foto: AP)

Sie ist weder riesig und muskulös wie Europas einstige Vorzeigegolferin, die Britin Laura Davis, noch hager und ältlich wie Majorsiegerin Juli Inkster aus den USA. Melissa Reid drischt den Ball locker über die 200-Meter-Marke und macht obendrein auch noch eine gute Figur.

Es sind Damen wie sie, die dem Profigolf der Damen in Europa in den vergangenen Jahren zu deutlich mehr Attraktivität verholfen haben. Galt die European Tour noch vor fünf Jahren als eine eher kümmerliche Veranstaltungsreihe, die mit knapper Not einen vollen Turnierkalender zustandebrachte, hat sich das Bild inzwischen gewandelt. "Es ist tatsächlich so, dass man jetzt mal ein Turnier auslassen muss, weil man sonst zu viel spielt", resümiert die Deutsche Martina Eberl, immerhin seit 2002 auf der Tour unterwegs.

Auch deshalb war ein Turnier in Deutschland längst überfällig. Mit der HVB Ladies German Open lebt 2008 im Golfpark Gut Häusern das traditionsreichste deutsche Damenturnier wieder auf, nachdem es zuletzt 2001 im Sporting Club Scharmützelsee bei Berlin stattgefunden hatte. Einfach ist die Wiederbelebung eines Damenturniers dabei keineswegs. In der Vergangenheit scheiterten die Veranstaltungen in Deutschland immer daran, dass sich für Damengolf kaum Zuschauer interessierten. In Gut Häusern setzen der Hauptsponsor HypoVereinsbank aus München und die veranstaltende Firma DGS, die kommerzielle Tochter des Deutschen Golf Verbandes, nun auf die Kombination aus attraktivem Rahmenprogramm und Präsentation deutscher Proetten. Inzwischen sind immerhin sieben Deutsche auf der europäischen Damentour im Einsatz.

Etablierte Spielerinnen wie Martina Eberl, Anja Monke, Bettina Hauert und Elisabeth Esterl wird man ebenso verfolgen können wie Denise Simon aus St. Leon-Rot, die nach wie vor auf ihren Durchbruch im Profilager wartet. Spannend aber ist vor allem der Auftritt der Neulinge Katharina Schallenberg und Denise Becker, die noch im vergangenen Jahr zu Europas besten Amateurinnen zählten und 2008 ihre erste Profisaison bestreiten.

Ganz schön stark

Das finanzielle Überleben als Proette in Europa ist in den vergangenen fünf Jahren viel leichter geworden. Nicht nur die Anzahl der Turniere hat sich verdoppelt, auch die Preisgelder sind entsprechend gestiegen. Mit 250 000 Euro Preisgeld gehört die HVB Ladies German Open zu den kleineren Veranstaltungen der Saison, was auch dazu führt, dass man auf die ganz großen Namen des Damengolfs im ersten Jahr noch verzichten muss.

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(Foto: Foto: AP)

Man fängt ganz bewusst bescheiden an, um sich in einer Langzeitstrategie mit dem Presenting Sponsor Audi und den anderen Partnern kontinuierlich Jahr für Jahr zu steigern. Immerhin kommen laut Nikolaus Pelzer, Geschäftsführer der DGS, zehn Spie lerinnen aus den Top 20 der aktuellen Geldrangliste der Ladies European Tour nach München und fünf aus dem letzten Solheim-Cup-Team. Die Deutsche Bank Ladies Swiss Open eine Woche davor wird bei 525 000 Euro Preisgeld für Spitzenspielerinnen natürlich noch interessanter: Mit Laura Davis kommt der Altstar der European Tour zum Golf Gerre Losone ins Tessin. Mit der 26-jährigen Suzann Pettersen aus Norwegen ist aber auch die derzeitige Nummer drei der Weltrangliste zu sehen.

Auf Namen wie Annika Sörenstam, Lorena Ochoa, Kerrie Webb oder Paula Crea - mer muss man in Deutschland wie der Schweiz verzichten. Die vier Damen, die allesamt zu den besten Zehn der Welt zählen, verirren sich nur zu sehr seltenen Gelegenheiten auf den europäischen Kontinent. Die British Open und das Evian Masters am Genfer See, beide Turniere zählen sowohl zur US- als auch zur European Tour, bieten mit jeweils über einer Million Euro Preisgeld, vor allem aber auch den entsprechenden Weltranglistenpunkten ausreichend Anziehungskraft für die Spitzenspielerinnen.

Nach wie vor nämlich besteht im Damengolf noch weit mehr als bei den Herren ein deutlicher Leistungsunterschied zwischen der US und der European Tour. Wer international bis an die Spitze will, kann Europa nur als Sprungbrett für die US Tour nützen, muss sich aber letztendlich in Amerika etablieren. Auch deshalb wird man Deutschlands größte Nachwuchshoffnung Sandra Gal weder bei der Deutsche Bank Ladies Swiss Open noch bei der HVB Ladies German Open am Start sehen.

Die 21-Jährige, die das Jahr 2007 als Nummer eins der europäischen Amateurrangliste abschloss, schaffte im Herbst auf Anhieb die Qualifikation für die US LPGA Tour und konnte zum Saisonauftakt 2008 mit ordent lichen Ergebnissen überzeugen. Zeitgleich zum Turnier in München spielt man bei der Ginn Ladies Open in Orlando um 2,6 Millionen Dollar. Die Frage der Prioritäten ist damit für Spielerinnen wie Gal sehr leicht geklärt.

Damengolf live in Europa

Deutsche Bank Ladies Swiss Open Golf Gerre Losone, Schweiz 22. bis 25. Mai Preisgeld: 525 000 Euro

HVB Ladies German Open presented by Audi Golfpark Gut Häusern 29. Mai bis 1. Juni Preisgeld: 250 000 Euro

Evian Masters Evian Golf Club, Frankreich 24. bis 27. Juli Preisgeld: 3 Mio. Dollar (2 084 790 Euro)

Ricoh Womens British Open Sunningdale Golf Club, Großbritannien 31. Juli bis 3. August Preisgeld: 1 050 000 brit. Pfund (1 462 914 Euro)

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