Frauen-Finale:Von der Zukunft überrollt

Der gealterte FFC Frankfurt hat vor dem DFB-Pokalfinale die Dominanz an Potsdams Tempofußball verloren.

Kathrin Steinbichler

Am Alexanderplatz in Berlin herrscht dieser Tage ein verwirrendes Durcheinander. Absperrungen und Baugruben durchziehen seit Jahren den Platz, der vor mehr als einem halben Jahrhundert einmal das pulsierende Herzstück der Hauptstadt war. Doch Glanz und Flair gehören seit Jahrzehnten der Vergangenheit an, die groß angelegten Umbauarbeiten des starren Platzensembles sollen frühestens 2008 beendet werden. Trotzdem hat sich der 1. FFC Frankfurt vor dem Frauenfußball-Pokalfinale gegen Turbine Potsdam erstmals hier im Park Inn einquartiert, dem mit 39 Stockwerken und 1006 Zimmern größten Hotel Berlins.

Von der Zukunft überrollt

Schon 2005 gewannen die Frauen von Turbine Potsdam.

(Foto: Foto: ddp)

Von dort, heißt es in einer Pressemitteilung des Endspielteilnehmers der vergangenen sieben Jahre, könne man "bei klarer Sicht mit einem guten Fernglas bis zum Olympiastadion sehen". Noch immer also wähnt sich der 1.FFC Frankfurt in guter Position. Auf einen Titelgewinn auf dem Rasen kann die Mannschaft diesmal nur hoffen.

Die Verteidigung der Meisterschaft etwa ist in weite Ferne gerückt, nachdem der 1. FFC Frankfurt vor zwei Wochen auf eigenem Platz gegen Potsdam 2:6 verlor und nun vier Punkte Rückstand auf den Tabellenführer hat. Die Urteile danach fielen harsch aus: "Potsdam war die absolut dominierende Mannschaft. Die Frankfurterinnen wirkten behäbig und nicht fit, sie hatten in keiner Phase der Begegnung auch nur annähernd zeigen können, dass sie ein Spitzenteam sind", sagte Duisburgs Nationaltorhüterin Silke Rottenberg, die kommende Saison nach Frankfurt wechselt. Dabei war die Ligabegegnung nur der Auftakt einer Serie von Entscheidungsspielen zwischen den beiden Besten der Branche.

Nach dem Meisterschaftsduell folgt heute (16.30 Uhr/live im ZDF) das prestigeträchtige Pokal-Finale im Berliner Olympiastadion. Am 20. und 27. Mai schließlich treffen Titelverteidiger Potsdam und Frankfurt im Hin- und Rückspiel eines erstmals deutsch-deutschen Uefa-Cup-Finales aufeinander. Während Frankfurt derzeit durch Verletzungen und Formtiefs geschwächt ist, macht Potsdam selbstbewusst neue Ansprüche geltend: "Wir haben uns ganz klar das Triple als Ziel gesetzt", sagt Potsdams Spielführerin Ariane Hingst beim Pressetermin im Olympiastadion. Und niemand vom Frankfurter Konkurrenten widerspricht ihr in diesem Moment.

"Dass wir mit dem Tempo von Potsdam Probleme haben, ist eine Tatsache", gesteht Frankfurts Trainer Hans-Jürgen Tritschoks ein. Dabei war es bislang der Anspruch des 1. FFC, das Tempo der Entwicklung im Frauenfußball vorzugeben, sowohl auf als auch neben dem Platz. Spätestens in dieser Spielzeit aber muss Frankfurt erkennen, dass seine Mannschaft im Vergleich zur jungen und laufstarken Potsdamer Riege in die Jahre gekommen ist. Die Stars, auf denen Frankfurt sein Konzept aufgebaut hat, haben nicht an Klasse, aber an Frische verloren. WM-Siegtorschützin Nia Künzer etwa gehört schon länger nicht mehr zur Stammelf, Spielführerin Pia Wunderlich fällt mit einem Ermüdungsbruch aus, etliche andere Nationalspielerinnen wie Renate Lingor oder Sandra Smisek sind gesundheitlich angeschlagen.

Turbine dagegen hat zu seiner eingespielten Mannschaft junge Talente geholt, die erst im Begriff sind, sich einen Namen zu machen und doch bereits als künftige Leistungsträger gelten. Die 17-jährige Babett Peter etwa wurde bereits von Bundestrainerin Silvia Neid berufen. Die 18-jährige Isabel Kerschowski ist erst seit gestern bei der Mannschaft, weil sie während der Woche beim EM-Qualifikationsturnier der U19 auflief - und sechs Tore in zwei Spielen schoss.

Potsdams Nationalstürmerin Conny Pohlers profitierte bislang vom Angriffsfußball ihrer Mannschaft am meisten, mit 33 Toren führt sie die Torjäger-Liste der Liga mit Abstand an. Mit Weltfußballerin Birgit Prinz aber wird sie sich heute nicht messen können. Die Frankfurterin ist nach ihrer Roten Karte aus dem Halbfinale gegen Duisburg gesperrt und kann beim Kampf um die Vorherrschaft nur zusehen.

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