Frauen-Basketball:Zu gut geworden

TSV 1880 Wasserburg v evo NBO Oberhausen - DBBL Playoffs Game 3

"Mein taktisches Konzept ist zunächst in sich zusammengefallen": Wasserburgs Trainer Bastian Wernthaler.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty)

Der TSV Wasserburg gewinnt den deutschen Pokal, verliert aber seinen Trainer an die Nationalmannschaft.

Von Matthias Schmid

Erholt saß Bastian Wernthaler am Tag nach dem Pokalsieg des TSV Wasserburg wieder an seinem Schreibtisch. Die Aktenstapel werden in seiner Abwesenheit ja nicht weniger. Wernthaler, 38, ist nur im Nebenberuf Cheftrainer der besten deutschen Frauen-Basketballmannschaft. Im Hauptberuf arbeitet er als Rechtsanwalt in München und Wasserburg. Der überlegene Finalsieg seiner Mannschaft am Sonntag gegen die Rhein-Main Baskets aus Langen (97:63) nahm er deshalb eher geschäftsmäßig zur Kenntnis. "Wir wollen ja noch deutscher Meister in dieser Saison werden", sagt Wernthaler.

Als er vor drei Jahren als Trainer in der Stadt am Inn begonnen hat, hatte er einen Klub in der Sinnkrise übernommen. Der lange erfolgsverwöhnte Verein hatte die Meisterschaft verpasst und war auf der Suche nach einer neuen Identität. Wernthaler hat es seitdem mit List und Besessenheit geschafft, sich selbst abzuschaffen. Zwei Meisterschaften hat er bisher errungen, zweimal den Pokal gewonnen. "Das Projekt ist für einen nebenberuflichen Trainer zu groß geworden", sagt Wernthaler.

Er kann nicht mehr täglich in der Halle stehen, um die Profispielerinnen anzuleiten. Er hört deshalb auf. Die am Samstag mit einem Heimspiel gegen Marburg beginnende Meisterschaftsrunde wird seine letzte als Wasserburger Trainer sein. "Es ist der richtige Zeitpunkt, um zu gehen", sagt Wernthaler, "weil ich denke, dass die Mannschaft mit einem Profitrainer noch besser werden kann."

Für die Konkurrenten in der Liga muss das beängstigend klingen. Wasserburg, achtmaliger Meister, dominiert im Moment den deutschen Frauen-Basketball. Der Klub hat in dieser Saison in der Liga noch kein Spiel verloren. Und vor den Playoffs lässt sich niemand finden, der daran zweifelt, dass Wasserburg nicht zum dritten Mal nacheinander den Titel holt. Wernthaler würde sich deshalb gerne von Wasserburg mit einer perfekten Saison verabschieden, mit einer Saison ohne Niederlage. "Einen Titel haben wir ja schon mal gewonnen", sagt er.

Und doch haben sich nicht alle seine Ziele erfüllen lassen. Er ist daran gescheitert, den Abstand in Europa entscheidend zu verkleinern. Wie schon in der vergangenen Saison gelang es der Mannschaft auch diesmal nicht, sich für die Zwischenrunde im Eurocup zu qualifizieren. "Der Europokal hat eine ganz andere Dimension als die deutsche Liga", sagt Wernthaler.

Aufbauspielerin Shey Peddy zeigt die Ausnahmestellung

In Deutschland kann es sich nahezu nur Wasserburg mit einem spendablen Hauptsponsor leisten, eine Mannschaft zusammenzustellen, die fast ausschließlich aus Profispielerinnen besteht. Zumindest haben sie es mit ihren internationalen Auftritten geschafft, von der europäischen Konkurrenz wahrgenommen zu werden. Klubs aus der Euroleague laden Wasserburg vor der Saison regelmäßig zu Testspielen ein. "Wir werden als Konkurrent viel ernster genommen als noch vor drei Jahren", sagt Wernthaler. Das lässt sich auch daran erkennen, dass Agenten aus aller Welt dem Klub Spielerinnen anbieten, die zuvor nie auf die Idee gekommen wären, in Deutschland zu spielen. Wie zum Beispiel Aufbauspielerin Shey Peddy aus den USA, die nach dem Pokalendspiel die Auszeichnung als wertvollste Spielerin erhielt.

Dass Wernthaler und Managerin Gabi Brei Wasserburg zu einem attraktiven Basketballstandort in Deutschland über den Frauensport hinaus entwickelt haben, hat auch Georg Eichler registriert. Der langjährige Cheftrainer des Männer-Zweitligisten Jena wird die Mannschaft im Sommer übernehmen. "Für uns war es wichtig, dass wir einen Trainer finden, der auch menschlich zu uns passt und fachlich gut genug ist, um die Mannschaft weiter entwickeln zu können", sagt Brei.

Wernthaler wird Eichlers Arbeit aufmerksam verfolgen. Denn ganz loslassen vom Basketball kann der Münchner nicht, er wird von Sommer an zum zweiten Mal die Frauen-Nationalmannschaft übernehmen. Der Sportdirektor des Deutschen Basketball-Bundes, Peter Radegast, wollte die Personalie noch nicht bestätigen, doch nach SZ-Informationen steht fest, dass Wernthaler die Aufgabe übernimmt. Nebenberuflich.

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