Franz Beckenbauer:Auf gut Deutsch

World Cup 2014 - Beckenbauer und Mohamed bin Hammam

Franz Beckenbauer (r.), damals Chef des Bewerbungskomitees für die WM 2006, und Mohamed bin Hammam, Fifa-Exekutivkomitee-Mitglied, im Juli 2000 in Doha.

(Foto: Karim Jaafar/dpa)

Nachdem der Weltverband eine 90-Tage-Sperre verhängt hat, kündigt Franz Beckenbauer an, den Fifa-Ermittlern bald zu antworten. Es bleibt ein Widerspruch - und Ungewissheit über die Folgen der Sanktion für seine Aktivitäten im Dunstkreis des Fußballs.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Rio de Janeiro/München

Am Sonntag unternahm das Lager des Fußball-Kaisers den Versuch, die heikle Lage ein wenig zu entspannen. Franz Beckenbauer habe dem Weltverband mitgeteilt, bis spätestens 27. Juni die Fragen der Fifa-Ermittler zu beantworten, hieß es in einer Erklärung seines Managements.

Darin schwingt die Hoffnung mit, dass der Wirbel um die Causa weitgehend abflauen wird. Beckenbauers legendäre Lockerheit habe halt zu einem Missverständnis geführt, soll der Eindruck sein - nun antwortet er ein bisschen später, wenn die Fifa-Ermittler um US-Anwalt Michael Garcia mit allen Beteiligten der skandalumtosten Doppelvergabe der WM-Turniere 2018 (nach Russland) und 2022 (nach Katar) das Gespräch suchen.

Ob damit all das Ungemach rund um die provisorische 90-Tage-Sperre abzuhaken ist, die der Weltverband auf Garcias Antrag gegen Beckenbauer wegen bisher nicht erfolgter Kooperation mit den Ermittlern verhängt hat, bleibt abzuwarten. Brisant ist ja vor allem, dass die Fifa-Ethiker das einstige Vorstandsmitglied (2007 bis 2011) indirekt der Lüge zeihen.

Gemäß Mitteilung des Weltverbandes sei Beckenbauer "wiederholt" angefragt worden, "in einem persönlichen Interview oder durch die Beantwortung schriftlicher Fragen, die in Englisch und Deutsch gestellt wurden, Informationen zu liefern". Dies widerspricht Beckenbauers bisheriger Darstellung. Bis zur Verhängung der Sperre hatte er gesagt, dass er die Ermittler-Fragen nur in einem "Juristen-Englisch" erhalten habe, das er "bei einer so komplizierten Materie nicht vollständig verstanden habe". Und dass es nicht, wie von ihm gewünscht, zur Unterredung auf Deutsch gekommen sei. "Dann eben nicht", sei die Reaktion gewesen.

Nun heißt es in der Mitteilung des Managements lapidar, Beckenbauer werde in schriftlicher Form auf Deutsch antworten. Offen bleibt dabei, wann und wie oft die Ermittler in welcher Sprache Beckenbauer einen Fragebogen übersandt haben. Konkrete Nachfragen beantwortete Beckenbauers Management am Sonntag nicht. Das US-Büro von Garcia erklärte auf SZ-Anfrage, man werde keine weiteren Kommentare abgeben.

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach teilte dazu mit: "Es ist gut, dass Franz seine Kooperationsbereitschaft deutlich gemacht hat und ich gehe davon aus, dass jetzt alle offenen Fragen geklärt werden." Neben diesem Aspekt geht es um inhaltliches. 130 Fragen umfasst Garcias Katalog laut Beckenbauer. Zwar schrieb Bild jüngst, er habe bei der Kür Katars in Runde eins Australien gewählt, danach die USA. Indes publizierte die Sunday Times jüngst Material, bei dem es um Treffen Beckenbauers mit hohen Vertretern im Emirat und dem früheren Fifa-Vorständler Mohammed bin Hammam ging.

Enge Bande nach Russland

Auch gerät ob der Aufregung über diverse offenbar anrüchige Maßnahmen der damaligen Katar-Bewerber in Vergessenheit, dass ein Kernstück der Ermittlungen auch die Vergabe der WM 2018 nach Russland ist, das unter Führung von Präsident Wladimir Putin im Weltsport eine immer zentralere Rolle einnimmt.

Und Beckenbauers Bande dorthin sind eng. Nur Monate nach seinem Rückzug aus dem Fifa-Vorstand stieg er als Sportbotschafter bei der Russian Gas Society (RGS) ein, deren wichtigstes Mitglied das staatlich kontrollierte Erdgasunternehmen Gazprom ist. Der einflussreiche russische Funktionär Wjatscheslaw Koloskow, viele Jahre Fifa-Vorstand, hatte nach der Wahl 2010 kundgetan, Putin selbst habe sich "mit mindestens einem Drittel" der Fifa-Vorstände getroffen. Daraus ergeben sich für die Ermittler automatisch Fragen.

Offen ist auch, welche konkreten Folgen die Sperre hat, die sich laut Fifa-Auskunft auf "alle Aktivitäten" im Fußball bezieht. Also auch auf den Besuch von WM-Spielen und sogar auf den Besuch privater Spiele, wie Garcias Ethikkomitee weiter mitteilte. Beckenbauers Management geht davon aus, dass die Sperre mit dem Nachholen der Antworten "umgehend aufgehoben" wird. Auch dazu äußerte sich Garcia nicht.

Der Punkt ist heikel, denn obwohl sich Beckenbauer in den vergangenen Jahren aus diversen Funktionen zurückgezogen hat, haben viele seiner Aktivitäten weiter mit Fußball zu tun. In der Fifa selbst war er zuletzt Chef der "Task Force 2014" und übernahm nach Auflösung des Gremiums eine Beraterrolle. Daneben ist er noch für den FC Bayern aktiv, wo der Ehrenpräsident neuerdings als Markenbotschafter firmiert - dessen primäres Ziel es sein soll, den Klub auf dem internationalen Parkett gut zu vertreten. Unter anderem ist für den Sommer eine USA-Reise geplant, deren Delegation Beckenbauer anführen sollte.

Aktiv ist er auch abseits von Verbänden und Vereinen - etwa als Experte für den Fernsehsender Sky. Ein Sprecher des Kanals teilte nun mit, man habe keine Erkenntnisse, dass die Sperre Auswirkungen auf die Zusammenarbeit habe; Beckenbauers nächster Einsatz für den Sender sei zur neuen Bundesliga-Saison geplant. Die beginnt am vorletzten August-Wochenende, also in der Frist der 90-Tage-Sperre.

Gleiches gilt für die nächste Auflage des für Anfang September in Kitzbühel geplanten "Camp Beckenbauer". Im Vorjahr war dort Hochprominenz aus Sport und Wirtschaft zu Gast, von Fifa-Boss Blatter über Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer bis zum heutigen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Per Video zugeschaltet wurde übrigens auch Hassan al Thawadi aus Katar. Der Generalsekretär von Katars WM-Organisationskomitee deutete damals Spektakuläres an: Katar sei womöglich bereit, die WM in den Winter zu verlegen.

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