Frankfurter 0:2-Niederlage:Viel kaputt

Eintracht Frankfurt - TSG 1899 Hoffenheim

Eintracht-Trainer Nico Kovac tröstet seinen Spieler Marc Stendera. Nach der Niederlage gegen Hoffenheim wird es eng für den Tabellenvorletzten Frankfurt.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Enttäuschung und Ernüchterung sind bei Eintracht Frankfurt mit Händen zu greifen. Der neue Trainer Niko Kovac könnte zu spät gekommen sein - und spricht bereits vom Rettungsanker Relegation.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Wenn es eine Symbolszene für all die Enttäuschung gab, die sich im Frankfurter Stadtwald ausgebreitet hatte, dann lieferte sie David Abraham. Beinahe im Zeitlupentempo schlich der eigentlich so sprintstarke Eintracht-Verteidiger in die Kabine. Den Kopf gesenkt, die Schultern schlaff, der Blick leer. Kurz zuvor war auch der argentinische Abwehrspieler von den eigenen Anhängern weggeschickt worden, als Frankfurts Fußballer vor der Fankurve eine Art Abbitte für die 0:2 (0:0)-Heimniederlage gegen die TSG Hoffenheim leisten wollten.

Aber welcher Vorwurf war ihnen zu machen? "Die Mannschaft hat alles gegeben. Das macht mir Mut", konstatierte Vorstandsboss Heribert Bruchhagen, der indes mit fast aschfahler Miene von einer "schweren Stunde" für den Verein nach dem verlorenen Kellerduell sprach. "Wir können alle die Tabelle lesen. Wir dürfen nur den Kopf nicht hängen lassen." Als der 67-Jährige jedoch am Absperrband in der Mixed Zone nach den anderen Ergebnissen fragte und Kunde erhielt, dass Darmstadt und Augsburg gewonnen hatten, machte der Boss auf dem Absatz kehrt. An diesem 29. Spieltag könnte bei den Hessen viel kaputt gegangen sein.

Ein mögliches Szenario: Showdown in Bremen am letzten Spieltag

Vorstandskollege Axel Hellmann bemühte bereits die gängigen Durchhalteparolen, weil der Rückstand auf den rettenden 15. Rang auf drei Zähler angewachsen ist. "Wir gehen mit einer Hypothek in die letzten fünf Spiele. Aber die ganze Mannschaft, das ganze Stadion hat gefightet." Für ihn steht nunmehr fest, dass die finalen Partien "nach eigenen Regeln mit einer eigenen Dramaturgie funktionieren." Hellmann möchte "Ruhe bewahren" und versicherte, dass alle Planungen seriös in beide Richtungen gingen - eben auch für die zweite Liga.

Tatsächlich ist der Traditionsverein vom Main dem Abstieg am Samstag ein großes Stück näher gekommen, zumal das Restprogramm nicht gerade für Frankfurt spricht: Die nächste Begegnung findet beim Champions-League-Kandidaten Bayer Leverkusen statt, hinzu kommt am vorletzten Spieltag ein schwieriges Heimspiel gegen Borussia Dortmund. Zwischendrin stehen noch die Derbys beim SV Darmstadt 98 und gegen FSV Mainz 05 an, ehe es am letzten Spieltag womöglich zum Showdown im Bremer Weserstadion kommen kann. Auf eine Alles-oder-Nichts-Paarung am 14. Mai setzt offenbar Trainer Niko Kovac. "Es wird nicht leichter, wenn die Spiele weniger werden. Aber ich habe den Glauben, weil die Art und Weise unseres Auftretens im Abstiegskampf stimmt. Wir wollen noch zwei Mannschaften hinter uns lassen. Und wenn es notfalls in die Relegation geht, nehmen wir auch das ab." Die Mannschaft sei "im Kopf klar, es geht jetzt weiter."

Kamen die Kovacs zu spät?

Bezeichnend jedoch, dass der Rettungsanker Relegation neuerdings im Wortschatz des 44-Jährigen verankert ist. Dem einstigen kroatischen Nationaltrainer mitsamt Bruder Robert dämmert, dass das Gespann vielleicht zu spät eingestiegen ist, weil sich nicht auf allen Ebenen die Versäumnisse beheben lassen, die ihnen Vorgänger Armin Veh eingebrockt hat. Temperament und Laufleistung, Einsatz und Wille stimmen bei der Eintracht zwar wieder, aber dafür geht dem Team fast jede Torgefahr ab. "Der letzte Wille, der letzte Drive, der letzte Überblick - da fehlt uns vorne etwas Entscheidendes", klagte Kovac.

Das Fehlen des Torgaranten Alexander Meier erweist sich - Parallele zum Abstiegsjahr 2011 - als fatales Handicap, das niemand kompensieren kann. Nach seiner Kniearthroskopie soll der 33-Jährige vielleicht in zwei, drei Wochen wieder mitspielen können. Wichtig wäre es: Luc Castaignos kam als Sturmspitze ebenso wenig zur Geltung wie bei seinen vorangegangenen Einsätzen Haris Seferovic. Und die wenigen Chancen ließen Sonny Kittel oder Änis Ben Hatira zu zögerlich liegen. Pech hatte zudem Carlos Zambrano, als sein Kopfball vom Hoffenheimer Jeremy Toljan auf der Linie gerettet wurde (57.).

Frankfurts Abwehrchef signalisierte nach jener Szene, dass sein lädierter Oberschenkel schmerzen würde - absprachegemäß wechselte Kovac den Peruaner sofort aus. Aus Zambranos Absenz resultierte prompt das 0:1 (62.): Einen Ballverlust von Marc Stendera bestrafte der just eine Minute zuvor eingewechselte Nadiem Amiri deshalb mit einem beherzten Solo, weil der für Zambrano gekommene Kaan Ayhan beinahe ängstlich zurückwich. In der Schlussminute traf mit Mark Uth (90.) auch noch ein zweiter Joker des Kollegen Julian Nagelsmann. Hoffenheims Trainer vermied in seiner Analyse jeden Überschwang: "Wir waren bestimmt nicht zwei Tore besser." Aber effektiv genug, um in der Frankfurter Arena die Vorboten des fünften Bundesliga-Abstiegs der Vereinsgeschichte auszulösen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: